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(K)eine Frage der Berichtspflicht

Corona-Krise aktuell: Auswirkungen des Corona-Virus auf den Jahresabschluss und Lagebericht einer Stiftung

Fachbeitrag Solidaris

Von Edgar Kempenich, Stefan Szük, Jens Thomsen

Mit Datum vom 4. März 2020 hat das IDW einen fachlichen Hinweis „Auswirkung der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag 31.12.2019 und deren Prüfung“ veröffentlicht. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf ein Krankenhaus in der Trägerschaft einer Stiftung (oder den freiwilligen Konzernabschluss einer Stiftung). Gleichwohl lassen sich bereits Ableitungen für die Berichtspflichten von Stiftungen treffen.

Häufig ergibt sich eine Verpflichtung der Anwendung der für Kapitalgesellschaften geltenden handelsrechtlichen Vorschriften der Rechnungslegung aus den Stiftungssatzungen, die über die legal rechtlich normierten Rechnungslegungsvorschriften hinausgehen. Regelmäßig müssen daher Stiftungen im Rahmen der Aufstellung eines Jahresabschlusses (über die Regelungen z.B. der KHBV hinaus) auch einen Anhang erstellen der dem Regelungsinhalt des § 285 HGB entspricht und den Jahresabschluss um einen Lagebericht ergänzen. Daher können die nachfolgenden Ausführungen auch für Stiftungen eine Geltung haben.

Die überregionale sprunghafte Ausweitung des Coronavirus, die zu den aktuellen wirtschaftlichen Auswirkungen geführt hat, ist ab Januar 2020 aufgetreten. Diese sprunghafte Ausbreitung beurteilt das IDW in seinem Hinweis als wertbegründend im Jahr 2020. Die Vornahme z. B. von Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert oder beispielsweise die Bildung von Drohverlustrückstellungen aufgrund von Betriebsschließungen bereits im Jahresabschluss 2019 ist daher nicht geboten. Diese bilanziellen Konsequenzen treten regelmäßig erst in den Jahresabschlüssen 2020 ein.

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ERLÄUTERUNGEN IM ANHANG 2019

Denkbar ist aber die Berücksichtigung im Jahresabschluss 2019 im Rahmen der Nachtragsberichterstattung gemäß § 285 Nr. 33, § 314 Abs. 1 Nr. 25 HGB als Vorgang von besonderer Bedeutung. Nach den handelsrechtlichen Regelungen hat ein Vorgang eine besondere Bedeutung, wenn seine Auswirkung dazu geeignet ist, das Bild, welches der Abschluss zum Stichtag vermittelt, zu beeinflussen und ohne die Nachtragsberichterstattung die Entwicklung der Stiftung nach dem Abschlussstichtag von den Abschlussadressaten wesentlich anders beurteilt würde. Für den Vorgang von besonderer Bedeutung sind gemäß § 285 Nr. 33 HGB seine Art und die finanzielle Auswirkung anzugeben. Gerade für Unternehmen der Gesundheitsbranche würden durch die Corona Pandemie im Grundsatz erhebliche finanzielle Auswirkungen (Wegfall der elektiven Patientenbehandlungen, Einrichten von Intensivkapazitäten für Corona-Patienten und Bewältigung der Pandemie mit dem gegebenen Personal etc.) eintreten. Die Bundesregierung hat zugesichert, dass durch gesetzliche Maßnahmen die durch die Pandemie entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Krankenhäuser ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt.

Mangels Quantifizierbarkeit zum Aufstellungszeitpunkt kann die Anforderung der Angabe der finanziellen Auswirkung nach § 285 Nr. 33 HGB hinsichtlich der Angabe eines Gesamtbetrages zurzeit noch nicht sinnvoll eingeschätzt werden. Fraglich ist daher ob eine Angabe nach § 285 Nr. 33 HGB überhaupt erfolgen muss. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung zu § 285 Nr. 33 HGB in der Fassung des BilRuG lässt sich ableiten, dass neben verbal-qualitativen Angaben tatsächlich auch quantitative Angaben erwartet werden können. Nach Grottel (Beck´scher Bilanz-Kommentar 12. Auflage Tz. 943) erfordert die Angabe daher zumindest ausreichende verbale Erläuterungen, die deutlich machen, welche finanziellen Auswirkungen auf das Zahlenwerk des Abschlusses und damit auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Stiftung zu erwarten sein könnten.

Vor diesem Hintergrund sehen wir eine Nachtragsberichterstattung in den Anhängen für Jahresabschlüsse 2019 als geboten. Eine mögliche Formulierung könnte sein:

Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem Stichtag

Seit Januar 2020 breitet sich in Deutschland überregional der sogenannte Coronavirus aus. Vor diesem Hintergrund werden zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses elektive Patientenbehandlungen weitgehend auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und Kapazitäten bei der akuten Grundversorgung sowie Intensivkapazitäten für die Behandlung von Corona-Patienten vorgehalten. Hierdurch entstehen grundsätzlich zahlungswirksame Verluste, welche die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Stiftung im Jahr 2020 erheblich belasten würden. Die Bundesregierung hat zugesagt, die entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Krankenhäuser auszugleichen. Die konkrete Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 2020 ist zurzeit noch nicht hinreichend verlässlich prognostizierbar.“

ERLÄUTERUNGEN IM (KONZERN-)LAGEBERICHT 2019

Die Entwicklungen des Coronavirus müssen sich zumindest in den Risikoberichten niederschlagen. Eine Berichtspflicht im Risikobericht besteht grundsätzlich, wenn die möglichen weiteren Entwicklungen eines Ereignisses zu negativen Abweichungen von den Prognosen oder Zielen der Stiftung führen können, es sich dabei um ein wesentliches Einzelereignis handelt und andernfalls kein zutreffendes Bild von der Risikolage der Stiftung/des Konzerns vermittelt wird. Zum vorliegenden Zeitpunkt und auf Basis des zuvor ausgeführten dürfte dies für Krankenhäuser im Geschäftsjahr 2020 zweifelsfrei der Fall sein. Insbesondere ist über bestandsgefährdende Risiken gesondert zu berichten.

Wenn infolge der aktuellen Geschehnisse bereits eine geänderte Erwartung des Managements zu den ursprünglich prognostizierten Kennzahlen im Lagebericht besteht, ist dies in sachgerechter Weise entsprechend bereits im Prognosebericht zu verarbeiten. Der DRS 20.130 sieht für die im Lagebericht aufzunehmenden Prognosen entweder die Punktprognose, d.h. Nennung eines Jahresergebnisses, oder die Intervallprognose, d.h. Benennung eines Ergebniskorridors oder die qualifiziert komparative Prognose, d.h. bspw. die Formulierung „Es wird ein Ergebnis in Höhe des Vorjahres erwartet“ vor.

Sofern besondere Umstände dazu führen, dass die zukünftige Entwicklung einer außergewöhnlichen Unsicherheit unterliegt, reicht für die Darstellung dieser Entwicklung eine rein komparative bzw. qualitative Berichterstattung aus.

Ein möglicher Formulierungsvorschlag wäre:

Risikoberichterstattung“

Hinsichtlich der Ausbreitung des Coronavirus wird auf die Berichterstattung über die Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem Stichtag im Anhang des Jahresabschlusses verwiesen. Die Einstellung der elektiven Behandlung von Patienten sowie das Vorhalten von Kapazitäten der Grund- und Intensivversorgung würde grundsätzlich zu erheblichen finanziellen Risiken führen. Die Bundesregierung hat zugesagt, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auszugleichen.

Daneben ist derzeit mit erheblichen personellen Ausfällen und Engpässen zu rechnen.

Die aus dem Coronavirus resultierenden Risiken sind zurzeit insgesamt noch nicht final absehbar bzw. quantifizierbar.

„Prognosebericht“

Im Wirtschaftsplan für das Jahr 2020 planen wir ein Jahresergebnis in Höhe von … TEUR. Der Wirtschaftsplan berücksichtigt die Auswirkungen des Coronavirus nicht. Da diese Auswirkungen zum Zeitpunkt der Aufstellung des Lageberichts nicht sinnvoll prognostizierbar sind, wurde der Wirtschaftsplan dahingehend auch nicht angepasst.“

Darüber hinaus enthält der Fachhinweis des IDW Erläuterungen zu besonderen Kommunikationspflichten bei wesentlichen Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung sowie zu bestimmten Aspekten bei der Erteilung eines Bestätigungsvermerkes. Diese Aspekte sollten einzelfallabhängig beurteilt werden.

ZUSAMMENGEFASST

Die Corona-Krise wird auch in der Rechnungslegung bzw. den Berichtspflichten von Stiftungen ihren Niederschlag finden. Um die neue Gemengelage zu erfassen, stehen verschiedene Berichtstypen zur Verfügung, wobei die bilanziellen Konsequenzen erst für den Abschluss 2020 schlagend werden. So gesehen bleibt noch ein wenig Zeit, die neue Situation zu eruieren – und ihren Folgen Herr zu werden.