Hoher Prüfungsaufwand als Folge
Daraus folgte für die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, dass nicht nur eine Spartenrechnung für die vier Sphären „ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb und steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ aufzustellen war, sondern zudem sämtliche unterhaltenen Zweckbetriebe nach der einschlägigen Norm (§§ 65 bis 68 AO) zu klassifizieren waren. Für die Zweckbetriebe nach § 66 AO waren eigene Ergebnisse zu ermitteln, die auf ihre zulässige Höhe hin zu untersuchen waren. Darüber hinaus war zu überprüfen, ob die Gewinne zu einer unzulässigen Quersubventionierung des ideellen Bereichs oder von Zweckbetrieben nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO verwendet wurden. Neben dem damit verbundenen hohen Verwaltungsaufwand und den Auslegungsfragen zur Höhe eines „noch zulässigen Gewinns“ führte dies insbesondere zu erheblichen Beschränkungen bei der Ergebnisverwendung bzw. Finanzierung von Zweckbetrieben anderer Zweckbetriebsnormen.
Neuregelung des Anwendungserlasses ab 6. Dezember 2017
Ab sofort ist nicht mehr auf jeden einzelnen Zweckbetrieb abzustellen, sondern das Ergebnis in der sog. „wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre“ zu betrachten. Hiervon sind sowohl Zweckbetriebe nach § 66 AO (Wohlfahrtspflege) und § 67 AO (Krankenhäuser) als auch nach § 68 AO (Katalog einzelner Zweckbetriebe) umfasst, sofern letztere die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen. Zudem ist nun auch die Quersubventionierung von ideellen Tätigkeiten zulässig, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.
Eine zweckbetriebsschädliche Erwerbsabsicht liegt nach der Neuregelung dann vor, wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen der erwirtschaftete Gewinn jeweils den konkreten Finanzierungsbedarf in der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre übersteigt. Dies kann allerdings widerlegt werden, beispielsweise durch unbeabsichtigte Gewinne aufgrund von Marktschwankungen. Auch Gewinne aufgrund behördlich festgelegter Preise – als Beispiel werden hier Gebührenordnungen nach Maßgabe des § 90 SGB XI (ambulante Pflegeleistungen) genannt – sind kein Indiz dafür, dass der Zweckbetrieb „des Erwerbs wegen“ unterhalten wird.
Schließlich stellt die Finanzverwaltung klar, dass bei der Ermittlung des konkreten Finanzierungsbedarfes der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre die nach § 62 Abs. 1 und 2 AO zulässigen Rücklagen berücksichtigt werden können. Damit können bei der Überprüfung der zulässigen Gewinnhöhe Betriebsmittelrücklagen, Projekt- und Investitionsrücklagen sowie Wiederbeschaffungsrücklagen in Ansatz gebracht werden. Die Nichtbeanstandungsregelung zur unzulässigen Quersubventionierung wird bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2016 verlängert.
Das neue BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 finden Sie hier.
Zusammengefasst
Das Risiko der Aberkennung der Zweckbetriebseigenschaft für eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege auf Grund einer schädlichen Quersubventionierung oder zu hoher Gewinne dürfte nach den vorstehend genannten Regelungen deutlich verringert worden sein. Damit sind beispielsweise Ausgleiche von Defiziten in stationären Pflegeeinrichtungen der Alten-, Jugend- oder Behindertenhilfe (meist Zweckbetriebe nach § 68 AO) durch Gewinne in ambulanten Leistungsangeboten nach § 66 AO (z. B. ambulante Pflegestationen oder Betreutes Wohnen) wieder zulässig. Auch die Neuregelung, dass Überschüsse aufgrund behördlich festgelegter Preise im Sinne einer Gebührenordnung kein Indiz für eine Tätigkeit „des Erwerbs wegen“ darstellen, dürfte für eine erhebliche Erleichterung sorgen. Demnach müssten etwa auch Gewinne in Medizinischen Versorgungszentren, in denen ärztliche Leistungen nach vorgegebenen Gebührenordnungen abgerechnet werden, unschädlich sein. Hier bleibt abzuwarten, wie weit die Finanzverwaltung diese Regelung auslegen wird.
Vorsicht ist weiterhin geboten bei der Quersubventionierung von Zweckbetrieben nach § 65 AO (z.B. von sog. Sozialkaufhäusern, bei denen kein Nachweis zur Hilfsbedürftigkeit der Leistungsempfänger erbracht wird), da diese nicht der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre zugerechnet werden.
Nach wie vor gilt: Sie sollten sämtliche unterhaltenen Zweckbetriebe nach der einschlägigen Zweckbetriebsnorm identifizieren und sich einen Überblick über deren Ertragslage und Finanzierungsstruktur verschaffen. Gerne stehen Ihnen die Berater der Solidaris bundesweit zur Verfügung.