Stiftungsfonds 4.0

Darum müssen Stiftungen Appetit auf Spezialitäten entwickeln

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Stiftungsfonds Spezialitäten
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Selbst bei den erfolgreichsten Stiftungsfonds sinken tendenziell die Ausschüttungen. Das ist nicht überraschend, dieser Entwicklung liegen mehrere Faktoren zugrunde. Klar ist: Stiftungsportfolios und die darin vertretenen Stiftungsfonds müssen sich weiterentwickeln, sonst können Stiftungen vielfach ihren Zweck nicht mehr verfolgen. Ein Blick zurück und vor allem nach vorne.

Als Stiftungsfonds noch Bundesschatbriefe hießen

Vor 30 Jahren hieß ein beliebter Stiftungsfonds noch Bundesschatzbrief – wahlweise Typ A oder B. Bei Kauf und Rückgabe bei der Finanzagentur entstanden keine Kosten, dank nicht erfolgter Notierung gab es kein Kursrisiko, mehr Mündelsicherheit ging nicht. Nehmen wir als Beispielszeitraum 1995. In jenem Jahr ausgegeben rentierte der Schatzbrief für den über sieben Jahre laufenden Typ B mit Stufenzins 7,9% p.a. Diese Zeiten sind vorbei, Stiftungen müssen ihr liquides Vermögen heute ungleich aufwändiger bewirtschaften. Das ist für Groß-Stiftungen mit professionellem Anlagemanagement natürlich darstellbar, die Portfoliokonstruktion kann entlang der Vorgaben des oder der Stifter erfolgen und die unterschiedlichen Assetklassen und Fondsangebote passgenau komponieren. Doch wie soll die Mehrzahl der kleinen und mittleren Stiftungen vorgehen, die sich kein eigenes Fondsmanagement leisten können? An dieser Stelle kommen Stiftungsfonds ins Spiel, die wertvolle Dienste leisten können – wenn denn die Ausschüttung stimmt.

Zur Definition und den Anforderungen

Zur Definition eines Stiftungsfonds sei hier nur kurz umrissen: Ein für Stiftungen geeignetes Sondervermögen muss den Kapitalerhalt sichern, eine Ausschüttung zur Erfüllung des Stiftungszweckes erwirtschaften – und diese beiden Primärziele bei möglichst geringer Volatilität erreichen. Und der Fonds darf gerne nachhaltig ausgerichtet sein, soziale Ziele fördern und den Investitionsrichtlinien der Vereinten Nationen (UNPRI) entsprechen. Deshalb können Income Fonds – Tobias Karow hat die fünf von uns als stiftungsgeeignet bewerteten Beispiele aus unserem Club der 25 besprochen – durchaus zur Lösung beitragen, auch wenn keine explizite Stiftungseignung im Namen vermerkt ist.

Kommen wir zunächst zu den Gründen, warum Stiftungsfonds in heutiger Ausprägung an ihre Grenzen stoßen. Die gängigen Angebote, bei denen Stiftungsfonds draufsteht, verfolgen entweder eine reine Anleihestrategie oder eine 30:70- oder maximal 50:50-Aufteilung von Aktien und Anleihen. Die Ausrichtung wird jeweils als defensiv angegeben, im Risiko- und Ertragsprofil bedeutet dies eine Einstufung in Klasse 3 oder 4. Die Spezialfonds, insbesondere reine Aktienfonds, die sich ein „Stiftungs-“ in den Namen gegönnt haben, können durchaus für Stiftungen geeignet sein, aber eher bevorzugt im Rahmen einer übergeordneten Portfoliostruktur, jedenfalls nicht als Alleininvestment.

Attraktive Coupons laufen aus

Von den defensiven Stiftungsfonds, die ganz oder überwiegend auf Anleihen setzen, investieren viele ausschließlich in Investment Grade-Anleihen. Für die gibt es nicht nur keinen Zins mehr, häufig befindet sich die Umlaufrendite (also für jene Anleihen mit der besten Bonität) im Minusbereich. Es gibt noch einige 30-jährige Staatsanleihen in einigen Fonds, doch diese hoch attraktiven Coupons laufen nach und nach aus. Bei den Corporates werfen die Anleihen der Blue Chips ebenfalls nur Zinsen unterhalb der Inflationsrate ab. Während des Zinssenkungszyklus konnten die Kursgewinne der Anleihenotierungen gerade der Fonds, die schon länger am Markt sind, den schleichenden Niedergang der Coupons abmildern. Doch nunmehr ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Das gilt auch für die aktive Bewirtschaftung des Anleiheportfolios: Ratingänderungen, Einschätzungen der attraktivsten Duration oder Branchenrotationen haben weiterhin Auswirkungen auf die Notierungen, allerdings fallen die Ausschläge tendenziell, womit zum Beispiel Transformationen entlang der Fristen geringeren Ertrag bringen. Eine ganze Reihe von Fonds fühlt sich angesichts des desolaten Zinsniveaus bereits bemüßigt zu kommunizieren, dass man Negativanlagen kategorisch ausschließe – das ist der erste, kleine Schritt.

Bye, bye, Investment Grade

Die Fixierung auf Investment Grade-Anleihen entspringt dem Sicherheitsbedürfnis der Stiftungen. Die Abkehr bedeutet nicht, dass nun in Anleihen schlechter Bonität investiert werden sollte. Vielmehr muss der Fokus auf den Bereich der nicht eingestuften Anleihen erweitert werden. Klassisches Beispiel für diese Strategie ist der Heemann Monthly Income, den wir in der Fondsfibel und im Blog ausführlich vorgestellt haben. An die Stelle eines Ratings einer Agentur treten dann die Expertise eines Fondsmanagers und das Research des Fondsmanagements. Auf diesem Weg lassen sich auch aktuell noch Coupons mit sechs oder mehr Prozent finden, die dank einer Risikoasymmetrie für Stiftungen geeignet sind: Die relativ hohen Coupons begründen sich nur teilweise durch das erhöhte Ausfallrisiko, vielmehr spielen weitere Faktoren wie Branche und branchenspezifische Convenants, Bekanntheit bzw. Unbekanntheit des Emittenten am Kapitalmarkt, Größe der Anleihe oder weiteres in die Preisfindung hinein. Wie Income Fonds ist der Heemann Monthly Income sehr gut für Stiftungen geeignet, aber eben auch kein typischer Stiftungsfonds im eigentlichen Sinne.

Wie nun sollte ein moderner Stiftungsfonds aussehen?

Bei vielen Stiftungsverantwortlichen besteht nach wie vor großes Unbehagen, mehr als 30% des liquiden Vermögens in Aktien anzulegen. Das ist eine nachvollziehbare Sichtweise, schließlich wird kein eigenes Geld angelegt, sondern eben Mittel einer Institution, der gegenüber nicht nur eine real existierende juristische Verpflichtung des Werterhalts besteht – sondern darüber hinaus eine persönliche Bindung, ein als besonders empfundenes Fürsorgeverhältnis. Deshalb heißt modern keineswegs unbedingt mehr als 30% Aktien. Vielmehr muss sich auf der Anleiheseite eine Weiterentwicklung einstellen.

Anleihen sind gar nicht langweilig

Das ist gar nicht so schwer, denn Anleihen sind alles andere als langweilig – jedenfalls nicht alle. Wie dargelegt funktioniert die seitherige Investment-Grade-Strategie nicht mehr, wenn es darum geht, auskömmliche Ausschüttungsrenditen zu generieren. Doch das Anleihe-Universum ist beträchtlich umfangreicher. Im Bereich der Unternehmensanleihen gibt es erfolgreiche Player wie Heemann, aber auch Experten, die ausschließlich in so genannte Mittelstandanleihen investieren. Fonds, die sich auf Anleihen von Unternehmen aus Emerging Markets spezialisiert haben weisen attraktive Renditen aus. Das gilt für Anleihen die in USD oder EUR denominiert sind, aber auch für local currency -Papiere. Schließlich gibt es interessante Fonds, die sich auf Anleihen europäischer Emittenten konzentrieren, deren Papiere in Fremdwährungen ausgestellt sind.

Investieren in die Regulatorik

Sehr ansprechende Ergebnisse haben in den vergangenen Monaten Fonds abgeliefert, die in Nachranganleihen oder anderweitig in die Stärkung des Eigenkapitals von Finanzinstituten und Versicherungen investiert haben. Da die Regulatorik auch weiterhin im Sinne der Anleger wirkt erscheint auch der Ausblick attraktiv. Exponentielles Wachstum erlebt der Markt der green bonds, der durch eine fortlaufende Präzisierung der Anforderungen stetig professionalisiert wird und mit einer Reihe interessanter ETFs, aber auch bewirtschafteten Fonds lockt. Als weiteres großes Marktsegment sind die auf Wandelanleihen spezialisierten Fonds zu nennen, einschließlich des Markts der bedingten Wandelanleihen (CoCo-Bonds). Auch hier wurden zuletzt ansehnliche Renditen erzielt. Fremdwährungsanleihen, CAT-Bonds, Infrastrukturanleihen – es existiert eine Fülle von Möglichkeiten beyond Investment Grade.

Satelliteninvestments und die Bandbreite des Angebots

Diese Vielfältigkeit des Anleihesektors muss sich in Stiftungsfonds widerspiegeln. Zum Teil geschieht dies bereits: „Wir wollen unseren Kunden die Vielfältigkeit des Rentenmarktes nicht vorenthalten, weshalb wir für uns weniger bekannte Nischenmärkte spezialisierte Fonds einsetzen“ formuliert es Mirko Kohlbrecher vom Spiekermann Stiftungsfonds (ausführliche Analyse hier). Auch der MerckFinck Stiftungsfonds nutzt externe Expertise für „Satelliteninvestments“, wie Fondsmanager Marc Decker sie nennt. Wer mag kann auch ein Dachfondskonzept wie beim noch jungen Hanseatischen Stiftungsfonds umsetzen. Am attraktivsten erscheint allerdings ein „Dachfonds embedded“: Ein definierter Anteil des Anleiheportfolios wird über entsprechende Fonds in Spezialitäten investiert. Anders ausgedrückt: Stiftungen müssen Appetit auf Spezialitäten entwickeln. Fondsmanagern obliegt es dann, strategisch jene Bereiche zu allokieren, die gerade in sind, und taktisch die besten Fonds dieser Bereiche zu selektieren.

ZUSAMMENGEFASST

Die Entwicklung hin zu mehr Diversität im Anleiheportfolio von Stiftungsfonds muss sich beschleunigen, egal, ob nun 30 oder 50% für Aktieninvestments vorgesehen sind. Natürlich hat das Auswirkungen auf die Kosten, der Mehrertrag sollte jedoch überwiegen, zumal die Transaktionskosten im professionellen Bereich in den vergangenen Jahren mit fortschreitender Digitalisierung ja deutlich gesunken sind. Auf seitherigem Weg – 30% Aktien, 70% IG-Anleihen – jedenfalls erscheint das häufig genannte 3%-Ziel kaum dauerhaft zu erreichen. Deshalb gilt die Erkenntnis des Blogs: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert.“