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Was ändert sich durch das kommende Stiftungsregister im Fundraising? Erster Teil einer Expertisebefragung

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Expertenumfrage Register Part One
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Das Stichwort Transparenz ist in aller Munde, wenn es um die Einführung des Stiftungsregisters geht. Doch macht das Verzeichnis auch das Fundraising einfacher? Hierzu haben wir mit sechs Kennern des Sektors gesprochen. Einhellige Meinung: Die für eine Recherche und Fördermittelanfragen entscheidenden Suchkriterien werden im Register voraussichtlich fehlen. Mit größeren Veränderungen für das Fundraising ist daher nicht zu rechnen.

Wie unbefriedigend ist doch in vielen Fällen eine Recherche nach Förderstiftungen in einschlägigen Datenbanken. Zwar wirft eine Suche nach gemeinnützigen Zwecken in der Regel genug Ergebnisse aus, doch deren Qualität ist eine andere Sache. Auf welchen der über ein Dutzend Zwecken liegt nun das Hauptaugenmerk? Sind die genannten Ansprechpartner überhaupt noch aktuell? Auch der mit Google Maps und Google Street View ermittelte Stiftungssitz in einer kleinen Doppelhaushälfte sieht nicht gerade danach aus, als wären in diesem Gebäude Millionenbeträge versteckt. Stiftungsfundraising gleicht oft der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.

Andererseits betonen kleine Förderstiftungen, dass sie gute Gründe haben, ihre Einträge in Stiftungsdatenbanken knapp zu halten und keine Internetseite zu pflegen. Schließlich unterstütze man seit Jahr und Tag ohnehin nur drei soziale Organisationen im Ort und erhalte auch so schon hin und wieder völlig unpassende Förderanfragen – bis hin zur Bitte, private Schulden zu bezahlen.

Stiftungssuche voraussichtlich nur über Namen oder Registernummer möglich

Die Einführung eines Stiftungsregisters, dessen Daten stets aktuell gehalten werden müssen, klingt für Fundraiser daher erlösend. Eine Förderstiftung mag dagegen fürchten, nun erst recht von Anfragen überrollt zu werden. Jedoch dämpft Martin Maurer (Baker Tilly) die Erwartungen beider Seiten: „Ein direkter Nutzen im Hinblick auf die Fördermittelrecherche ergibt sich aus meiner Sicht nicht. Hinderlich ist sicher, dass der Stiftungszweck nicht Inhalt des Stiftungsregisters ist. Wie im Handels- oder Vereinsregister können nur jeweils die Informationen zu einer Stiftung aufgerufen werden, wenn zumindest der Name oder die Registernummer bekannt ist. Eine Suche nach Stiftungszwecken wie in einer Datenbank ist nicht möglich.“

Ähnlich sieht es Carolin Vogel (CHP): Sollte das Stiftungsregister wie beispielsweise das Handelsregister aufgebaut sein, wird eine Suche im Stiftungsregister nur über den Namen oder die Registernummer erfolgen können. Eine Suche nach allgemeinen Begriffen, wie z.B. Förderstiftung, ist dann nicht möglich. Sollte also der Name einer Stiftung nicht bekannt sein, kann diese auch nicht gefunden werden.“

„Der Zweck der Stiftung ist Stand heute keine registerpflichtige Tatsache“, betont auch Julian Schwalm (SZA Schilling, Zutt & Anschütz). „Da auch im Namen einer Stiftung z.B. kein g für gemeinnützige Stiftung vorangestellt wird, ist eine effektive Fördermittelrecherche jedenfalls mit Hindernissen verbunden. Man muss entweder wissen muss, wonach man konkret sucht, oder aber man muss im Einzelfall z.B. die grundsätzlich einsehbare Satzung durchforsten, um belastbare Erkenntnisse für die Fördertätigkeit einer Stiftung gewinnen zu können.“

Jahresabschlüsse müssen nicht im Register hinterlegt werden

Außerdem gibt Dr. Reinhard Berndt (mazars) zu bedenken, dass „Jahresabschlüsse oder ähnlich vertrauliche Informationen nicht im Register hinterlegt werden müssen“. Es wird also nach aktuellem Stand nicht möglich sein, über das Stiftungsregister Auskünfte zu den jährlichen Ausschüttungen einer Stiftung einzuholen, was für viele Mitarbeitende im Fundraising sicher reizvoll wäre.

Für Christian Brütting (audalis) wird es darauf ankommen, welche Analysefilter ein künftiges Stiftungsregister anbieten wird. „Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass eine zielgerichtete Internetrecherche mit der richtigen Suchmaschine effizienter sein mag“, so der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Mattheo Dominik Ens (Deutsches Stiftungszentrum) weist darauf hin, dass viele Organisationen bereits seit Anfang des Jahres mit ihren Zwecken im neuen Zuwendungsempfängerregister zu finden sind. „Meines Erachtens wird das Stiftungsregister insoweit keine negativen Auswirkungen für kleine Förderstiftungen haben.“ Auch bleibe noch abzuwarten, welche Folgen eine Beschränkung des Dokumentenzugangs aufgrund berechtigter Interessen für den Zugriff auf die Stiftungssatzungen haben wird. 

Anfragen ins Blaue hinein werden nicht aufhören

Gänzlich folgenlos im Hinblick auf die Frequenz von Förderanfragen wird die Einführung aus Sicht der befragten Fachleute aber dennoch nicht bleiben. „Man wird über seine Kommunikationskanäle, wie z.B. E-Mail oder Adressen-Bereitstellung, nachdenken müssen“, meint Christian Brütting.

Dr. Reinhard Berndt sieht jedoch kaum eine Gefahr, dass sich künftig die Zahl unpassender Förderanfragen merklich erhöht: „Rechtlich selbständige Stiftungen sind aktuell über die landesweiten Stiftungsverzeichnisse schon gut zu finden.“ Auch werde das Stiftungsregister letztlich nur wenige inhaltliche Informationen zu den erfassten Stiftungen enthalten.
„Ein zusätzliches Risiko kann dadurch bestehen, dass künftig alle Informationen zentral beim Stiftungsregister verfügbar sind und nicht mehr die Stiftungsverzeichnisse der Länder durchgesehen werden müssen“, merkt Martin Maurer an. „Meines Erachtens sollten sich hieraus aber keine zusätzlichen Anfragen ergeben.“

Allerdings können Förderstiftungen auch nicht davon ausgehen, dass sie durch die Einführung eines Stiftungsregisters und eine abrufbare Satzung künftig von unpassenden Gesuchen verschont werden. „Anfragen ins Blaue hinein wird man mit dem Stiftungsregister jedenfalls nicht effektiv eindämmen“, so die Einschätzung von Julian Schwalm.

Zusammengefasst

Für das Fundraising wird die Einführung eines Stiftungsregisters geringe Auswirkungen haben. Denn entscheidende Informationen, wie z.B. die gegenwärtig geförderten Zwecke oder auch die jährlichen Ausschüttungen, unterliegen nach heutigem Stand gar nicht der Eintragungspflicht. Das Stiftungsregister kann damit höchstens als Werkzeug genutzt werden, um sich durch Lektüre der Satzungen eingehender über die in anderen Datenbanken gefundenen Stiftungen zu informieren und die Aktualität der Adressdaten abzugleichen. Förderstiftungen müssen derweil nicht befürchten, dass sich die Zahl völlig unpassender Anfragen merklich erhöht, können jedoch auch nicht darauf hoffen, dass ein Stiftungsregister diese eindämmt.

Die Teilnehmenden

Dr. Reinhard Berndt ist Wirtschaftsprüfer und Partner bei Mazars am Standort in Köln. Er blickt auf mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Prüfung und prüfungsnahen Beratung mit einem besonderen Fokus auf Stiftungen zurück. Dr. Berndt ist ein gefragter Referent, Co-Autor des Buchs „Rechnungslegung und Prüfung von Stiftungen“ (C. H. Beck) und Mitglied in der Arbeitsgruppe Rechnungslegung von Non-Profit-Organisationen im IDW.

Seit 2017 ist Christian Brütting als Partner für audalis tätig. Neben seinem Beratungsschwerpunkt im Bereich der nationale und internationalen Steuerstrukturberatung für Unternehmen und Unternehmer, hat Christian Brütting seinen Fokus auf die Nachfolgeberatung gerichtet. Hierbei gehören Unternehmensbewertungen, Due Diligence, Nachfolgemodelle sowie Family Offices inkl. Stiftungsmodelle zu seinen Beratungsfeldern. Christian Brütting gehört seit 2020 zum Experten-Pool des Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen (www.vtfds.de).

Mattheo Dominik Ens ist als Rechtsanwalt im Bereich „Recht & Steuern“ im Deutschen Stiftungszentrum (DSZ) im Stifterverband in Essen tätig. Er unterstützt die vom DSZ betreuten Stiftungen in allen rechtlichen Fragestellungen und berät Stifterinnen und Stifter im Zusammenhang mit der Stiftungserrichtung. Darüber hinaus ist er zertifizierter Testamentsvollstrecker.

Martin Maurer ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshaus Baker Tilly in Stuttgart. Er berät seit vielen Jahren gemeinnützige Organisationen der verschiedensten Bereiche umfassend in steuerlichen und rechtlichen Fragen.

Julian Schwalm ist als Rechtsanwalt mit kaufmännischem Hintergrund in der Praxisgruppe Nachfolge, Vermögen, Stiftungen der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz in Mannheim tätig. Er berät zu allen Fragen des nationalen und internationalen Stiftungsrechts sowie zum Non-Profit-Recht.

Rechtsanwältin Carolin Vogel ist seit 2018 für die Münchner Kanzlei CHP tätig. Ihre Schwerpunkte liegen insbesondere auf dem Gebiet der Beratung von Stiftungen sowie auf den Gebieten des Steuerrechts, Erbrechts, Gemeinnützigkeitsrechts sowie des allgemeinen Zivilrechts. Sie ist seit 2020 als Fachanwältin für Steuerrecht zugelassen und verfügt über eine Zertifizierung zur Stiftungsberaterin.