Stiftungen und der Dreiklang zur Veränderung

Eine Nachlese zur StiftungsApéro SommerTour 2023

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StiftungsApero SommerTour 2023
Lesezeit: 6 Minuten

Stiftungen und der Dreiklang zur Veränderung, müssten wir im Nachhinein ein Motto für die StiftungsApéro SommerTour benennen, es wäre genau jenes, mit jeweils einem Akzent. In Dresden ging es eher um die Freude an Veränderung, den Stiftungen aufbringen können. In Berlin drehten sich die Impulse eher um den Willen zur Veränderung, während in Kiel der Mut zur Veränderung die Klammer war. Unsere Nachlese zu den drei StiftungsApéros.

Start für die StiftungsApéro SommerTour war Dresden, von Frankfurt am Main aus machten wir uns auf den Weg. Im Gepäck dabei hatten wir neben einem Rollup und den goodie bags auch 70 Exemplare des FondsFibel #vtfds Spezial, der Begleitpublikation zum 4. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. Rund 50 Kilogramm also, die man schon mal merkt beim Einsteigen in den und beim Aussteigen aus dem Zug. In Dresden führte uns der Weg direkt zu Eingang F der Frauenkirche, wir waren mit dem StiftungsApéro zu Gast in der Unterkirche der Frauenkirche. Sogleich empfings uns deren Chefin Maria Noth, und wir waren eigentlich direkt „drin im Thema“. Denn die Stiftung Frauenkirche sei so etwas wie angekommen in der Realität, in der sie eben nicht mehr 2 Millionen Besucher pro Jahr, sondern nur mehr rund 800.000, und in der es einen Wettbewerb kultureller Angebote in der Stadt Dresden gebe, der seines Gleichen sucht.


Website-Tipp:
Die Impressionen der einzelnen Stationen (Dresden, Berlin & Kiel) der 2023er StiftungsApéro SommerTour finden Sie in kommentierten Bilderstrecken auf www.stiftungsapero.de.

Fundraising im Digitalen? Ein No-Brainer!

Für Maria Noth ist derlei aber eher Ansporn, mit der Stiftung Frauenkirche immer wieder neue Ideen zu kreieren, um auf diese neue Realität zu reagieren. Neu an dieser Realität ist auch, dass das Thema Fundraising eines ist, dass eine Stiftung „können“ muss, und hierzu teilte Matthias Daberstiel vom Fundraising Magazin beim StiftungsApéro einige spannende Anregungen. So sei es heute nicht mehr die Frage, ob ich als Stiftung Fundraising „auch digital mache“, ohne das Digitale wird Fundraising künftig überhaupt nicht mehr funktionieren. Auch war sich Matthias Daberstiel sicher, dass Fundraising ohne gutes Story Telling nicht mehr auskomme, und hierzu gehöre Transparenz und die Antwort auf die Frage, wofür eigentlich Geld gesammelt wird. Spenderinnen und Spender, gerade die Jüngeren, wollen relativ genau wissen, wohin sie ihr Geld geben, da haben sie ihren älteren Pendants etwas voraus, die eher aus alter Gewohnheit spendeten.

Der StiftungsApéro in der Unterkirche der Frauenkirche

In Dresden durften wir mit dem StiftungsApéro zu Gast sein in der Stiftung Frauenkirche Dresden, die Räumlichkeiten dort ließen ausreichend Raum für den offenen Austausch. (Foto: Archiv stiftungsmarktplatz.eu)

StiftungsApero Dresden Tobias Karow begrüßt

Entwicklungszusammenarbeit ist ein Erfolgsmodell – und ein Modell für Stiftungen und Philanthropen

Matthias Daberstiel machte gleichzeitig aber eine große Freude bei fundraisenden Organisationen aus, sofern sie sich einmal für ihren eigenen Weg entschieden haben – und ggf. dafür auch mal ausgetretene Pfade verlassen. Mal locker machen, mal neue denken, dann macht Fundraising Freude, und das wiederum verändert eine Organisation, einfach weil sie ggf. richtig loslegen kann. Für Stiftungen wird beispielsweise das Thema Gaming künftig eines werden. Von Freude berichtete auch Martin Block von Engagement Global, nämlich von der Freude, dass Entwicklungszusammenarbeit wirkt. In Dresden, Berlin und Kiel sprach der Chef der Servicestelle für Stiftungen und Philanthropie brachte einige Fakten mit, die den Erfolg entwicklungspolitischer Programme belegen. So stieg die Lebenserwartung in den ärmsten Ländern seit 1990 um mehr als 10 Jahre, und sank im gleichen Zeitraum der Anteil der Menschen, die von gut 2 US-Dollar am Tag leben müssen, von 38% auf knapp 10%.


FreitagsPodcast-Tipp:
Mit Dr. Christiane Stahl, der Leiterin der Alfred Ehrhardt Stiftung, bei der wir im Rahmen der StiftungsApéro SommerTour in Berlin zu Gast waren, sprachen wir im FreitagsPodcast über den Maler, Filmer und Fotografen Alfred Ehrhardt – ein Blick auf eine beeindruckende wie herausragende deutsche Künstlerkarriere.

Die Welt heute ist eine veränderte, aber auch eine mit Chancen

Für Martin Block sind dies Belege, dass das Themenfeld Entwicklungszusammenarbeit auch ein sehr stimmiges Betätigungsfeld für Stiftungen, Engagement-interessierte Menschen und Philanthropen ist. Vor allem aber ist es eines, dass auch der Verantwortung Deutschlands in der Welt gerecht wird – eine Welt, die sich gerade in Rekordtempo verändert. Dem müssten Stiftungen auch in der Kapitalanlage Rechnung tragen, führte Norbert Schmidt von der Heemann Vermögensverwaltung in Dresden aus. Die Welt heute ist eine mit Zins, die Opportunitäten bietet wie lange nicht mehr. Daniel Heinrich wiederum, Chef der Web-Agentur netfish design in Berlin, führte aus, dass die Welt der Stiftungswebsite keine mehr sei wie in den 90ern. Dort wo eine Stiftungswebsite früher ein erweitertes Impressum sein konnte, muss sie heute die wofür-Frage beantworten. In den Augen von Daniel Heinrich tun Stiftungen gut daran, sich dem veränderten Kommunikationsverhalten speziell der jungen Menschen anzupassen.

Beim 2023er Apéro geht’s um Veränderung

Der StiftungsApéro in Berlin stand im Zeichen vom Willen zur Veränderung, das war auch in den Gesprächen nach den Impulsen zu merken. Wir nehmen mit: Aus Change wird Chance.
(Foto: Jens Liebchen Photography)

StiftungsApero Berlin 2023 beim Apero

Die Stiftungswebsite sollte informieren, aber sie muss begeistern

Diese möchten auf der Stiftungswebsite nicht informiert oder bekehrt werden, nein, sie möchten begeistert werden – und das immer wieder aufs Neue. Stiftungen dürfen daher auch gerne Dinge ausprobieren, etwa im Bereich Bewegtbild, im Bereich Newsletter, oder im Segment der aktuellen Berichterstattung aus der Stiftung heraus. Hier spannte Stiftungsberaterin Barbara Ditze, ebenfalls beim StiftungsApéro in Berlin, den Bogen noch etwas weiter und warf die Frage auf, aus welchem Antrieb heraus sich Stiftungen verändern. Und die Antwort überraschte und überzeugte gleichermaßen: Stiftungen verändern sich nur aus ihrem Inneren heraus, wenn die Menschen in den Gremien das wollen, dann kommt eine Stiftung mit einem Veränderungsprozess voran. Barbara Ditze wollte vom Veränderungsdruck, der von außen auf Stiftungen einwirke, nichts wissen: „Dieser Druck war immer schon da, und bewirkt hat er nichts bis gar nichts.“ Für Barbara Ditze ist es also der Wille zur Veränderung, den Stiftungen haben müssen, aber sie sieht diesen auch – so unsere Lesart ihres Impulses – in immer mehr Stiftungen emporkriechen.


Event-Tipp für die Zivilgesellschaft in und um Kiel:
Das Social Barcamp findet in diesem Jahr wieder in Präsenz statt. Sämtliche Details finden Sie hier.

Das Social Barcamp „went digital“

Über den Mut zur Veränderung diskutierten wir in Kiel in zwar kleiner dafür aber offener Runde sehr angeregt. Boy Büttner vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein erzählte die Geschichte des Social Barcamp, die durch die Corona-Pandemie um ein weichenstellendes Kapitel reicher geworden ist. Anfangs als Präsenz-Netzwerkevent der anderen Art in Kiel gestartet, musste das Barcamp ein digitales Profil ausbilden – und wird das Social Barcamp damit künftig womöglich als Ganzes verändern. Denn mit den digitalen Spielflächen würde die Vernetzung sogar noch gewinnen. Die Macher des Social Barcamp waren also mutig, das Format digital neu zu erfinden, und fanden ganz neue Wege, neue Zielgruppen zu erreichen und das Format auch im digitalen Raum zu etablieren. Neue Wege eröffnet auch die Stiftungsrechtsreform, oder zumindest bereitet sie dem Mut den Weg. Dazu führte Stiftungsexperte Jan-Rasmus Schultz von der Kanzlei Siewert, Schönenberg-Wessel & Partner aus, dass Stiftungsverantwortliche heute die Business Judgement Rule kennen müssen, um morgen haftungssichere Entscheidungen zu treffen.

Stiftungsrechtsreform macht es möglich, auf Veränderungen mit Veränderungen zu reagieren

Stiftungsexperte Jan-Rasmus Schultz fand beim StiftungsApéro in Kiel konstruktive Worte, um die Stiftungsrechtsreform einzuordnen. (Foto: Fabian Lippke)

Stiftungsexperte Jan-Rasmus Schultz fand beim StiftungsApéro in Kiel konstruktive Worte, um die Stiftungsrechtsreform einzuordnen.

Stiftungen und die Business Judgement Rule

Für Jan-Rasmus Schultz, mit dem wir im Nachgang noch einmal detailliert im FreitagsPodcast zur Stiftungsrechtsreform sprachen, ist die Stiftungsrechtsreform aus Stiftungssicht eine Chance, speziell der Themenkreis Zulegung und Zusammenlegung treibt ihn an und um. Nicht jede Stiftung, und damit nahm er Bezug auf eine bereits greifbare Veränderung der Personalparameter, wird Gremien nachbesetzen können, hier verändert die Demografie in Deutschland etwas ganz Grundsätzliches, auf das Stiftungen aber eben auch reagieren müssen. Mit anderen Stiftungen „gemeinsame Sache zu machen“, kann ein Weg sein, der zudem größere Stiftungseinheiten schaffen und damit den Stiftungsstandort Deutschland schlagkräftiger machen könnte. Das Personalthema wird Stiftungen erfassen, das ist gewiss, soviel lernen wir aus den Ausführungen von Jan-Rasmus Schultz und auch den Äußerungen der anwesenden Stiftungsvertreter, an dieser Stelle kann die Stiftungsrechtsreform tatsächlich ein Gamechanger für Stiftungen sein, so interpretieren wir das Gehörte.

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Zusammengefasst

Wir lernen dreierlei aus der StiftungsApéro SommerTour 2023. Erstens brauchen Stiftungen den Mut zur Veränderung, denn dann kommen die Dinge in Stiftungen und um sie herum in Gang. Zweitens brauchen Stiftungen den Willen zu Veränderung, ist dieser Antrieb von innen nicht vorhanden, wird sich kein Veränderungsmomentum aufbauen. Drittens brauchen Stiftungen aber auch die Freude an der Veränderung, denn Veränderung ist nichts Schlechte, im Gegenteil. Wir sprechen immer über Resilienz, die Stiftungen ausprägen müssen und die die ganz alten Stiftungen hätten, dazu braucht es eben jene Freude, jenen Mut und jenen Willen an Veränderung, der bei der StiftungsApéro SommerTour 2023 thematisiert wurde. Wir freuen uns auf mehr, auf die StiftungsApéro HerbstTour, mit der wir in der Mitte Deutschlands (geografisch) Station machen werden, ab dem 16.10. geht es los.

P.S.: Wir möchten uns in aller Form für den tollen, weitreichenden und lebendigen Support unserer StiftungsApéro SommerTour-Begleiter und -Partner bedanken, es war uns eine große Freude, die drei Termine mit Ihnen gestaltet haben. Unser Dank geht an: Engagement Global, die Stiftung Frauenkirche Dresden, das Fundraising Magazin, die DJE Kapital AG, die Heemann Vermögensverwaltung, die Kanzlei Siewert, Schönenberg-Wessel & Partner sowie die Ditze Stiftungsberatung und netfish design, beide aus Berlin. Und schließlich danken wir allen Gästen, die sich für den jeweiligen Termin Zeit genommen haben, toll und schön dass Sie vor Ort waren – wir freuen uns heute bereits auf ein Wiedersehen, bei einer unserer StiftungsApéro-Touren.