Stiftungen im Registerpflichtenwahnsinn?

Wir blicken zurück auf die StiftungsApéro WinterTour 2024

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Das war die StiftungsApero WinterTour.
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Ob es nun ein Registerpflichtenwahnsinn ist oder nicht, auf jeden Fall müssen sich Stiftungen neben Transparenz und Lobbyregister auch mit Zuwendungsempfänger- und Stiftungsregister beschäftigen. Sie müssen sie kennen und zu nutzen wissen. Hierzu sprachen wir entsprechend auf der StiftungsApéro WinterTour 2024, mit der wir jüngst Station in Frankfurt am Main, Köln am Rhein und Essen an der Ruhr machten. Aber nicht nur zu den Registerpflichten kam der Austausch im Rahmen der StiftungsApéro-Termine in Gang, auch zu Themen wie Entwicklungszusammenarbeit, Fundraising in der digitalen Welt oder zur Gemütslage der Börse entspann sich Spannendes. Ein Blick zurück.

StiftungsApéro WinterTour 2024, das hieß in diesem tatsächlich, dass wir uns auf den Winter einstellen mussten. Zum Start der Tour in Frankfurt am Main und auch noch zu Beginn des StiftungsApéro in Köln schaute alles nach viel Wind um nix aus. Der Wetterbericht kündigte von einer Wetterkatastrophe – die nicht kam. Doch während der StiftungsApéro in Köln lief, schneite es sich so richtig ein, weshalb wir den Termin im schönen Trier tagsdrauf absagen mussten. Es kam schlicht keiner in die Stadt, und wer dort war, kam auch nur schwer und vor allem sicher wieder heraus. Mit Tobias Reiland von den Vereinigten Hospitien telefonierte ich noch, gemeinsam beschlossen wir, aber es war angesichts der Schneemenge dann doch die beste Entscheidung. Aber genau das kann bei einer WinterTour eben passieren.

StiftungsApero Trier im Schnee
Bild: StiftungsApero Trier im Schnee

Die StiftungsApéro WinterTour 2024 startete in Frankfurt am Main

Die drei Termine in Frankfurt am Main, Köln und Essen konnten wir aber wie geplant „durchziehen“. In Frankfurt am Main waren wir zu Gast bei der Zoologischen Gesellschaft, unser Gastgeber Florian Becker-Gitschel gab in seinem Impuls einen tollen Einblick in die vielfältige Arbeit seiner Organisation. Als Herausforderungen betitelte er vor allem die Projektarbeit, die durch ihre Internationalität einfach immer neue Aufgabenstellungen mit sich brächte, auf die sich eine Organisation einstellen müsste. Die Digitalisierung spiele hierbei eine gewichtige Rolle, macht sie Arbeit doch anfassbarer und unmittelbarer. Gleichzeitig heißt Projektarbeit aber eben auch, tatsächlich vor Ort zu sein, und Florian Becker-Gitschel berichtete entsprechend von seinem bevorstehenden Field Trip nach Afrika. Das wiederum baute die Brücke zu dem, was Susanne Schmeier von Engagement Global als Impuls zum StiftungsApéro in Frankfurt/Main mitbrachte – und was wir mitnehmen von der StiftungsApéro WinterTour insgesamt.

GalerieTipp: Bilder und Impressionen aller Termine der StiftungsApéro WinterTour 2024 (und auch vom StiftungsApéro überhaupt) finden Sie hier.

Ein Plädoyer pro Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungszusammenarbeit funktioniert, sie liefert Ergebnisse, die man einfach zur Kenntnis nehmen muss. Ergebnisse, die sich nicht ignorieren lassen. Susanne Schmeier brachte hierzu Frankfurt eindrückliche Zahlen mit, ihre Kollegen Martin Block und Miriam Schwarz taten es ihr in Köln bzw. Essen gleich. Es sind jene wie, dass die Zahl derer, die weltweit am Tag von 2,15 US-Dollar leben müssen, in den vergangenen 30 Jahren auf unter 10% der Weltbevölkerung geschrumpft ist. Früher sprachen wir hier von 30% oder mehr Menschen, die mit diesen Geringstbeträgen am Tag auskommen müssen. Was solche Zahlen machen, und das wurde auf den StiftungsApéros durchweg deutlich, ist, dass sie zum Nachdenken anregen. Wie viel kostet ein Cappuccino hierzulande in einem Café? Oder eine belegte Doppelschnitte? Kann es sein, dass wir in einer Blase der Übersättigung leben? Ist es real, dass ein „zu viel“ bei uns ein „zu wenig“ an anderen Punkten Welt bedeuten? Fragen wie diese befruchteten den Austausch StiftungsApéro-typischen „Reden, Essen & Trinken“, und genau so soll es sein.

Matthias Schmolz vom Deutschen Stiftungszentrum hob in seinem Eröffnungsimpuls auf Stiftungsvermögen und Digitalisierung in Stiftungen ab.

Anlagekonzept heißt zuerst: Kenne Deine Ziele für das Stiftungsvermögen

Im verschneiten Köln, der zweiten Station der StiftungsApéro WinterTour, kam zudem die Situation an den Kapitalmärkten zur Sprache. Kein Geringerer als die deutsche Börsenlegende Dr. Jens Ehrhardt gab sich die Ehre und Einblicke auf das, was er von den Märkten 2024 erwartet. Die Situation sei nicht einfach zu lesen, und es gebe ausreichend Raum für Skepsis. Andererseits sei das Umfeld für Stiftungsvermögen durch die Zinswende womöglich wieder deutlich einfacher geworden. DJE-Stiftungsexperte Olaf Brandenburg kommentierte dies bezugnehmend auf das Anlagekonzept einer Stiftung. Je weniger durchsichtig das Umfeld an den Märkten sei, desto klarer formuliert müsse das Anlagekonzept einer Stiftung sein. Stiftungen, die ihre Ziele jetzt klar umreißen könnten, hinsichtlich des ordentlichen Ertrags, Nachhaltigkeit oder auch dahingehend, was sie Drawdown-seitig aushalten können, seien bevorteilt. Konzept heißt eben nicht, nur Quoten zwischen Aktien und Anleihen zu definieren, sondern sich tiefergehend mit dem Stiftungsvermögen auseinanderzusetzen (Stichwort „Was ist zum Wohle der Stiftung“.

Müssen Stiftungen auf allen Kanälen senden?

Weiters brachten die Stiftungsexperten Joachim Sina von Grün alpha und Michaela Winkler von Begeistern für Gutes (verweisen auf Anregungen für das Fundraising, und inspirierten die StiftungsApéro-Gäste letztlich zu einer Erkenntnis. Die Zeit, in der Stiftungen und Vereine monokanal Fundraising gemacht haben, ist vorbei. Heute und erst recht morgen müssen verschiedene Kanäle bespielt werden, mit jeweils für den Kanal passenden Inhalten. Genau das sei die Hürde, und auch die Tatsache, dass hier Inhalte kreiert werden, die zum bisherigen kommunikativen Besatz der Stiftung so gar nicht passen. In diese Kerbe schlug auch, ohne es zu wissen, Markus Hill beim StiftungsApéro in Frankfurt. Für ihn heißt es eben nicht, Kanal B statt Kanal A, sondern das eine tun, ohne das andere zu lassen. Bedeutet für Stiftungen, an der einen oder anderen Stelle auch mal Dinge auszuprobieren, und eben eigene Erfahrungen zu sammeln. Im Internet ist nicht so kurz wie die Erinnerungsspanne, was aber andererseits wieder dazu zwinge, immer wieder neue Inhalte zu liefern. Markus Hill brachte es auf den Punkt, am Beispiel von linkedIN: „Die Blase braucht regelmäßig Futter.“

Diversifikation – mit ETFs und Alernatives

Ebenfalls mit in Frankfurt beim StiftungsApéro mit dabei war ETF-Experte Dag Rodewald von UBS Asset Management. In seinem Impuls drehte sich alles um die Frage, inwiefern ETFs künftig im Fondsportfolio einer Stiftung eine Rolle spielen könnten und welche dies sein dürfte. In der Diskussion dann war schnell zu merken, dass ETFs in Stiftungsgremien diskutiert werden, vor allem ob ihrer Kostenvorteile. Diese seien maßgeblich, aber auch, um das Fondsportfolio breit zu diversifizieren, seien ETFs ein geeignetes Instrument, untermauerte Dag Rodewald. Das Stichwort sei hier das Diversifikationsgebot, das für Stiftungsvermögen ja eine wichtige Maßgabe darstelle. Auf den Themenkreis Stiftungsvermögen und auch die Diversifikation hob auch Matthias Schmolz, Geschäftsführer des Deutschen Stiftungszentrums, in seinem Impuls beim StiftungsApéro in Essen ab. Für ihn bzw. die Experten des Deutschen Stiftungszentrums gehört Diversifikation zum modernen Handwerkszeug in der Bewirtschaftung von Stiftungsvermögen, aber eben auch die Erkenntnis, dass hier dann auch alternative Anlagen dazugehören. Gleichsam wichtig ist für Matthias Schmolz aus Sicht des gesamten Stiftungssektors der Themenkreis Digitalisierung. Dies sei ein dornenreicher Weg für viele Stiftungen, es sei aber einer, den es wert sei zu gehen. Denn Digitalisierung, so lesen wir die Worte des Stiftungsprofis, stellt keine Hürden auf, sondern baut Brücken. 

Wie ist das gleich wieder mit den Registerpflichten für Stiftungen?

Vom Deutschen Stiftungszentrum war auch Rechtsanwalt Mattheo Ens mit an Bord beim StiftungsApéro in Essen. Was er zu den Registerpflichten für Stiftungen zu erzählen hatte, das rüttelte die anwesenden Gäste noch einmal so richtig auf. Transparenzregister, Zuwendungsempfängerregister & Co. sind einfach Pflichten, die Stiftungsverantwortliche auf dem Schirm haben müssen. Mattheo Ens brachte es auf den Punkt: „Daran kommen Sie nicht vorbei, darum müssen Sie sich kümmern!“ Auf eine Pflicht für Stiftungsverantwortliche wies schließlich noch Wiebke Doktor vom Conversio Institut hin. Strategische Überlegungen werden für Stiftungen immer gewichtiger werden. Schon im Kleinen darüber nachzudenken, wofür eine Stiftung steht, Fundraising und Außenauftritt als Querschnittsaufgabe der gesamten Organisation zu betrachten, muss künftig zum „daily doing“ dazugehören. Wir merken: Beim Wort Querschnittsaufgabe wurden eifrig Notizen von den Gästen gemacht.

Zusammengefasst

Die StiftungsApéro WinterTour mit Stationen in Frankfurt am Main, Köln und Essen förderte aus unserer Sicht heraus drei Erkenntnisse zutage:

1) Stiftungszwecke, die Entwicklungszusammenarbeit zum Inhalt haben, haben eine hohe Relevanz – und werden diese auch behalten. Vermutlich wird es künftig sogar noch mehr darauf ankommen, dass Stiftungen als Player entwicklungspolitische Impulse setzen.

2) An der Stiftungsorganisation zu arbeiten, ist ein dornenreicher Weg, aber es muss in Stiftungen von den Prozessen her doch einiges auf den Prüfstand, um mit noch mehr Druck in der digitalen Welt anzukommen.

3) Stiftungsvermögen braucht Konzept, den Willen zur Diversifikation und eine klare Idee davon, wie die Stiftungsgremien ihr Ermessen definieren. Wir freuen uns bereits auf die StiftungsApéro SommerTour 2024 (20. bis 22. und 27. bis 29.8.2024), wir freuen uns auf bekannte und neue Gesichter, den fachlichen Austausch sowie jede Menge StiftungsApéro-typischen Essen, Reden & Trinken. Wir sehen uns…