Einen responsiven Webauftritt braucht es schon

Einige Gedanken, die mir im Nachgang zum 8. Nürnberger Stiftertag kamen

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Responsive Website
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Auf dem 8. Nürnberger Stiftertag am 6ten März 2020 nahm ich an einem der nachmittäglichen Foren teil. Dieses wurde von der Bürgerstiftung Nürnberg gestaltet, und die Macher brachten einige Fragen mit in die Runde. Unter anderem jene, wie die Bürgerstiftung Nürnberg als Mitmach-Stiftung eben auch jüngere Menschen erreichen könne – als Spender von Ideen, Zeit und Geld. Die Diskussion kam auch auf die Website zu sprechen, und zu dieser habe ich mir auf der Rückfahrt direkt ein paar Gedanken gemacht.

Tippe ich www.buergerstiftung-nuernberg.de in den Browser ein, erscheint auf meinem Desktop-Rechner zunächst einmal eine aufgeräumte und auf den ersten Blick richtig gut gefüllte Startseite. Oben links der Spendenbutton, so soll es sein, oben rechts der Button zum spannendsten oder bekanntesten Projekt der Bürgerstiftung Nürnberg, das Kulturticket. Ein Obermenü zeigt mir die inhaltlichen Punkte, die ich ansteuern kann, auf den Unterseiten wird dies aufgelöst durch ein Vertikalmenü, das sich ganz ordentlich nach unten zieht. Die Ansprache beginnt mit der Meldung, dass der Vorstand neu besetzt wurde.

RESPONSIV IST WAS NOCHMAL?

Parallel habe ich die Website auch auf meinem Mobiltelefon angewählt, um zu prüfen, ob die Seite responsiv aufgesetzt wurde. Wäre das der Fall, der erste Eindruck wäre gar nicht so schlecht und eine gute Basis für eine kleine Manöverkritik. Wäre. Leider ist die Website nicht responsiv aufgebaut, das heißt auf Anfragen seitens „mobile devices“ antwortet der Internetauftritt, indem er das gleiche Design wie auf einem Desktop-Rechner ausspielt, nicht jedoch eines, das auf mein Mobilgerät angepasst wurde. Die Folge ist einfach: Auf meinem Mobiltelefon muss hin und her und hoch und runter wischen, bis ich dort bin wo ich hin will, und ich brauche in der Regel eine Lupe, denn die Inhalte sind, da für den Schreibtischrechner konzipiert, in zu kleiner Schrift eingebunden. Genau hier würde aber als erstes ansetzen.

Die Startseite der Website der Bürgerstiftung Nürnberg

Was könnte das konkret bedeuten? Das Obermenü müsste etwas entschlackt werden, die runden Punkte wären sicherlich das zentrale Element, um dann „in die Seite“ hinein zu navigieren. In der Mobilversion steigt der Nutzer also über ein starkes Bildelement ein, um dann über vier fünf runde Buttons, angelehnt an die bisherigen, in die einzelnen Themen einzusteigen. Hier wäre es dann zu überlegen, ob die Projekte gleich zu Beginn gesetzt werden, dann wer die Bürgerstiftung eigentlich ist, dann Services und Kontakt, in der Art wird der Nutzer nicht überfordert, findet aber direkt zu den für ihn relevantesten Themenblöcken.

WAS HOLT DEN NUTZER ZUERST AB?

Ein zweiter Punkt, bei dem ich ansetzen würde, wäre der Nutzer. Egon Bahr, einer der Denker hinter den Kulissen der Regierungsarbeit der 70er Jahre, sagte einmal, dass eines der wichtigsten Instrumente in der Politik ist der Perspektivwechsel sei. Genau das wäre das Mittel der Wahl, um nun auf die Website zu schauen – aus der Perspektive des Nutzers. Mit welcher Motivation wird er die Website der Bürgerstiftung Nürnberg besuchen? Was wird sein Interesse in Aktion ummünzen? So gesehen ist es dann vielleicht gar nicht mehr so sexy, zunächst einmal den neuen Vorstand einzuführen. Sicherlich, Menschen machen Stiftungen, und es ist richtig und wichtig, die Macher der Bürgerstiftung zu zeigen, ob es jedoch der erste Ankerpunkt für Nutzer auf der Website sein sollte, dann gilt es zu diskutieren.

Theophil Graband stellt sich vor

EIN WILLKOMMEN IM BEWEGTEN BILD?

Wenn schon mit einer Person, einem Entscheider der Stiftung „aufgemacht“ wird, dann würde ich Herrn Graband direkt mit einem kurzen Vorstellungsvideo einführen, im Sinne von „hallo, ich bin Theophil Graband, ich bin der neue Stiftungsvorstand der Bürgerstiftung Nürnberg, und ich bin hier an Bord weil…“, so etwas kann ich mir als zeitgemäßen Einstieg durchaus vorstellen. Was das kostet? Ein Handy haben wir alle, ein Lavelliermikrofon kostet 20 Euro, und eventuell braucht es jemanden, der Bauchbinden einbaut, aber derlei ließe sich auch mit Überschriften und Beschreibungen unter dem Video lösen. Der Text kann dann deutlich kürzer kommen und viel direkter auf das hinweisen, was die Stiftung eigentlich macht – womit man exakt an dem Punkt wäre, an dem der Nutzer gerade ist.

Der Nutzer interessiert sich für das Doing der Stiftung, dafür, was sie macht und wie sie es macht, und natürlich sollte das „Konstrukt“ Bürgerstiftung auch noch einmal erklärt werden. Denn das fragen sich doch viele, was eine Bürgerstiftung ist, wie viele es in Deutschland gibt, wo sie überall aktiv sind. Denn Bürgerstiftungen tun für das kommunale Gemeinwesen inzwischen so viel, dass jeder Interessierte damit sofort Relevanz verbindet. Ein Verweis auf die Community Foundations in den USA, die teilweise mit Milliarden von Dollar operieren, würde dies nochmals untermauern. Die Perspektive des Nutzers einzunehmen, das kann ein entscheidender Wechsel der Sichtweise sein, um das eigene Tun passgerecht zu beschreiben.

DAS KULTURTICKET IST DER LEUCHTTURM!

Bei den Projekten wiederum wird auf der Website der Bürgerstiftung Nürnberg in meinen Augen recht zurückhaltend berichtet. Zwar taucht das Leuchtturm-Projekt „KulturTicket“ als Button oben rechts auf der Startseite und dann weiter unten auf der Startseite noch einmal auf, aber richtig greifbar ist das noch nicht. Was tun? Einmal könnte man jene in den Blickpunkt setzen, die das KulturTicket genutzt haben, man könnte deren Begeisterung transportieren, denn das ist ja genau das, was die Bürgerstiftung Nürnberg als Effekt erzielt: dass sich Menschen für Kultur nicht nur interessieren sondern begeistern. Tausende von Tickets können nicht täuschen. Hierin steckt dann auch die Emotion, die darüber geweckt wird, nur kommt die nicht so richtig heraus aus der Darstellung auf der Startseite. Die Zahl der abgesetzten Tickets könnte solch ein Trichter sein, ein Bild von Menschen, die ein KulturTicket in Händen halten, ein anderer. Oder ein Podcast mit drei KulturTicket-Nutzern ein dritter.

ÜBER KONTAKTFORUMULARE WERDEN KEINE KONTAKTE AUFGEBAUT

Will ich als Bürgerstiftung zudem anfassbar sein, braucht es möglichst viele Kontaktpunkte. Die Testimonials einzubinden, ist richtig, aber beim Kontaktformular würde ich mir wünschen, dass ich mit der Bürgerstiftung nicht nur via eines Kontaktformulars erreichen kann, das wirkt irgendwie unpersönlich, irgendwie in meinen Augen nicht einladend. Gerade weil die Bürgerstiftung Nürnberg eine Mitmach-Stiftung ist, bei der Menschen mit Menschen für Menschen Ideen in Projekte umsetzen und damit einen Beitrag zum Zusammenleben in Nürnberg leisten, möchte der Nutzer vielleicht direkt auch auf Menschen zugehen über die Website.

Kontaktieren wiederum, das heißt schreiben, klar, aber das heißt auch sprechen, das heißt dem Netzwerk beitreten, das heißt sich erstmal informieren über den Newsletter. Diese verschiedenen Kontaktformen sind zu zeigen und schmackhaft zu machen, und dazu gehört auch der Spendenbutton, der kann dort ruhig auch mit gezeigt werden. Mancher möchte einfach diesen Weg für sich ausprobieren, wird ihm der Weg aber nicht gezeigt, dann wird er ihn nicht ausprobieren. Und warum müssen es immer Einmalspenden sein? Eine Bürgerstiftung würde enorm davon profitieren, dass die Bürger einer Stadt regelmäßig an „IHRE“ Bürgerstiftung spenden. Denn letztlich geben die Bürger hier langfristig für sich selbst. Nur muss diese Klammer eben auch rauskommen aus dem, was auf einer Website gezeigt wird. Oder zumindest betont werden.

ZUSAMMENGEFASST

Was ich vom Nürnberger Stiftungstag und dem Forum mit der Bürgerstiftung Nürnberg mitgenommen habe, ist die Tatsache, dass in der Digitalen Welt noch viel Arbeit auf Stiftungen und deren – sehr motivierte – Macher zukommt. Einerseits. Andererseits lassen sich fast nirgendwo sonst als in der Digitalen Welt die Geschichten der Stiftungen so lebendig erzählen. Im Forum waren viele Fragen zum WAS und WIE zu hören, und genau das lässt sich trefflich im Netz transportieren. Dass eine Website dazu vor allem auch responsiv sein sollte, ist eine Notwendigkeit, die dazu gehört wie das Bewegtbild. Im Heute, vor allem aber im Morgen.  

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Tobias Karow
ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs, dem führenden Nachschlagewerk für Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.