Stiftungsfonds in der post-Corona-Welt

Corona-Krise aktuell: Warum die Frage, ob die post-Corona-Welt eine andere sein wird, mit ja, nein & jein beantwortet werden kann und was das für Stiftungsfonds bedeutet

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Stiftungsfonds post-Corona
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In der aktuellen Situation steht übergeordnet auch die Frage im Raum, ob die Welt nach Corona eine andere sein wird. Die Antworten darauf lauten Ja, Nein, Jein, Sicherlich und Vermutlich. Fangen wir beim Ja an: Die Welt wird post-Corona eine andere sein, und darauf müssen Stiftungen in der Anlage ihres Stiftungsvermögens und bei der Auswahl von Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds reagieren. Anders wird die Welt an dem Punkt sein, an dem die Hoffnung auf eine baldige Normalisierung der Zinspolitik eine Anlagepolitik des Abwartens protegierte. Aber nicht nur dort.

Nach der Corona-Krise werden die Zinsen lange, ja sogar sehr lange, auf niedrigstem Niveau verharren. Die Stützungsprogramme werden nicht aus der Substanz bezahlt, sondern über neue Schulden, was in einer ohnehin schon relativ stark verschuldeten Welt keine sonderlich gute Nachricht ist. Das bedeutet für Stiftungen jedoch, dass sie auf der Anleiheseite sicherlich nicht so weitermachen können wir bisher und sie ihr Stiftungsvermögen stärker aus Sicht eines Portfolios betrachten sollten, wenn nicht gar müssen. Eine Mischung aus Stiftungsfonds und Income-Fonds könnte hier einen Ansatzpunkt liefern, da Income-Fonds eher international und auch währungsgestreut aufgestellt sind.

JA, POST-CORONA WIRD DIE WELT EINE ANDERE SEIN

In solch ein Stiftungsportfolio gehören Anleihen also hinein, wenngleich in den kommenden Jahren womöglich aus anderen Beweggründen heraus als dem Erzielen ordentlicher Erträge. Aber es gehören eben auch Aktien, Immobilien, Mikrofinanz und auch Bausteine wie REITs oder Infrastruktur hinein. Sich nur bei Anleihen umzuschauen und darauf zu warten, dass die gewünschten Anleihen irgendwann schon erworben werden können – das ist eine Hoffnung, die schon im bisherigen Niedrigzinsumfeld schwer aufrechtzuerhalten war, nun aber vollends und auf noch längere Sicht enttäuscht werden dürfte. Ein Stiftungsvermögen aus Sicht eines Portfolios her zu denken, und dann im zweiten Schritt – logischerweise – in dieser post-Corona-Welt die Anlageentscheidungen an Experten und Profis zu delegieren, das dürfte eine Konsequenz aus dieser (nicht ganz) neuen Welt sein. Denn anders als mit einem breit gestreuten Portfolio, in dem Anlageklassen, Anlagestrategien und Anlagestile zusammengebracht werden, ist einer post-Corona-Welt kaum mehr beizukommen, erst recht nicht einer nächsten Krise mit ähnlichem Ausmaß. Derlei ist nun aber am besten via Stiftungsfonds, Income-Fonds, Mikrofinanzfonds oder ausschüttungsstarken Aktienfonds usw. umzusetzen.

NEIN, DIE POST-CORONA-WELT WIRD KEINE ANDERE SEIN

Die zweite Antwort auf die Frage, ob die Welt nach Corona eine andere sein wird, lautet Nein. Auch dieses Nein ist plausibel und hält für Stiftungen weitere Eckpfeiler einer künftigen Anlagepolitik bereit. Es gibt in der Welt in den nächsten Jahren zahlreiche säkuläre Trends, die nicht ignoriert werden können. Da ist zum Einen eine neue Mittelschicht in den Emerging Markets, die wie die Mittelschicht im Westen in den kommenden Jahren an die neuralgischen Punkte eines Konsumentenlebens gelangt. Es wird der erste Haushalt gegründet, es wird die erste Ehe geschlossen und die Familie gegründet. Diese ganz grundlegenden Entscheidungen für das Leben bringen es mit sich, den Konsumschalter umzulegen, mit einem Unterschied: Als Europa und Amerika diese Schritte gingen, sprachen wir über einige hundert Millionen Konsumenten, die die Mittelschicht bildeten. In den Emerging Markets sprechen wir von um die zwei Milliarden Menschen, die Konsumenten werden. Diese „neuen“ Konsumenten sind keine Illusion, sondern bereits heute real, denn sie sind geboren und wachsen in Gesellschaften auf, die für sich auch einen Anspruch ausbilden, jenen Wohlstand anhäufen zu können wie die westliche Welt auch. Und Recht haben sie. Nur bedeutet dies, dass in diesen Ländern wirtschaftliche Prosperität anhalten wird, das Potentialwachstum vielleicht sogar zunehmen wird und dieses ökonomische Momentum auch auf die westlichen Volkswirtschaften abfärben und deren Geschäftsmodelle weiter befördern wird. Vielleicht etwas abgeschwächt, vielleicht etwas differenzierter, aber eben doch nachhaltig im Sinne von andauernd.

Als Anleger, auch als Stiftung, kann man derlei nicht ignorieren, man sollte es stattdessen akzeptieren und nach der Devise „feel comfortable with the uncomfortable“ investieren. Corona wird hier vielleicht einen Unterbruch bewirken, aber den säkulären Trend wird es nicht aufhalten können, und die Volkswirtschaften in den Emerging Markets werden zu weiten Teilen wieder auf ihren ursprünglichen Wachstumspfad zurückkehren. Hier wird die Welt keine andere sein, nein, sie wird die gleichen Rahmenbedingungen mitbringen wie auch schon vor dem Virus. Solche Fonds also, die auch in den aufstrebenden Märkten und Regionen investiert sind, dürften angesichts dessen vermutlich eher Basis als Beimischung sein, zumindest für die kommenden zehn oder 20 Jahre.

JEIN, POST-CORONA WIRD NICHT ALLES ANDERS SEIN

Um wiederum auf die Frage, ob die Welt post-Corona eine andere sein wird, mit Jein zu antworten, muss vorher Gesagtes zusammengenommen und etwas differenzierter betrachtet werden. Die Welt wird sich den säkulären Trends nicht entziehen können – aber nicht jedes Land oder jede Region wird in Folge dessen ein gutes Investment sein. Bei einigen Anlageräumen lässt sich derlei auch noch gar nicht einschätzen. Nehmen wir als Beispiel Brasilien. Das Land durchlitt in den 10er Jahren eine tiefe Rezession – inmitten der sich abzeichnenden Erholung, die auch durch richtige politische Maßnahmen angeschoben wurden, platzt jetzt die Corona-Pandemie hinein. Hier mischt sich das sehr positive Brasilien-Szenario mit dem Versagen der Politik auf oberster Ebene: Man muss am Intellekt des aktuell amtierenden brasilianischen Präsidenten zweifeln und ihm eine völlige geistige Umnachtung unterstellen, um dessen Umgehen mit der Krise auch nur in Ansätzen als richtig und menschenwürdig einzuschätzen. Bereits am Beispiel der Spanischen Grippe oder der Grippe-Epidemie in Ägypten 1958 lässt sich ablesen, dass die Länder, die zu sachte auf eine Pandemie reagieren, leiden sich im weiteren Verlauf am schwersten mit der wirtschaftlichen Erholung tun und nach der Pandemie überproportional leiden. Wie das Spiel in Brasilien ausgeht, weiß heute kein Mensch, aber dass Brasilien in ein „sete a um“-Szenario („7 zu 1“, als Synonym dafür, wenn etwas schief läuft, angelehnt an die Blamage der Brasilianer im Halbfinale der Fußball-WM 2014 gegen das deutsche Team) hineinläuft, kann nicht ausgeschlossen werden.

Für Stiftungen bedeutet dieses Jein bei der Anlage ihres Stiftungsvermögens nun, dass Ideen wie etwa Anlagen in bestimmten Emerging Markets durchaus eine gute sein dürften, sie jedoch dahingehend geprüft werden müssten, ob nicht dieses oder jenes Land mit einem „sete a um“-Szenario konfrontiert sein könnte, und zwar ausgehend von der Corona-Krise und den falsch getroffenen Entscheidungen. Denn dass es anders geht, dass man Pläne auch für Pandemien in der Schublade haben kann, das zeigen einige asiatische Länder, weshalb dort garantiert kein „sete a um“-Szenario droht und diese Länder als Anlageraum unter Umständen Vorteile gegenüber Ländern wie Brasilien oder Russland haben werden. Insofern steht Jein für differenzieren, abwägen, und eben das „feel comfortable with the uncormfortable“ nicht einfach linear in einige Anlageideen zu übersetzen. Fordern Sie „Ihre“ Stiftungsfonds gerne mal heraus und erfragen Sie, in welcher Form Emerging-Market-Investments überhaupt machbar sind. Entscheiden Sie dann auf dieser Basis, ob ein Fonds in einer solchen Abwägung eine Rolle spielen kann oder nicht.

SICHERLICH WIRD DIE WELT POST-CORONA EINE ANDERE SEIN

Mit „sicherlich“ auf die Frage zu antworten, ob die post-Corona-Welt eine andere sein wird, ist recht einfach. Denn vieles wird nicht mehr so sein wie bisher. Ob wir wie nach dem Ersten Weltkrieg eine Kriegsabgabe oder wie nach dem Zweiten Weltkrieg einen Lastenausgleich zahlen müssen, etwa einen Corona-Soli, das wissen wir jetzt noch nicht, aber es wird ziemlich sicher diskutiert werden. In der Verwaltung des Stiftungsvermögens wird die alten Gewissheite, dass Diversifikation in der Kapitalanlage die halbe Miete ist, sicherlich hinterfragt werden. Denn der Corona-Crash hat gezeigt, dass ein Crash im Portfolio wüten kann wie ein Berserker. Wer breit und global diversifiziert, der sollte auch immer eine Sichere-Hafen-Strategie im Hinterkopf haben und wissen, wie er im Fall des Crashes seine Schäfchen ins Trockene bringt. Doch natürlich gilt auch immer noch der entgegengesetzte Fall: Wer hingegen zu wenig breit diversifiziert, hat vielleicht einige Investments im Portfolio, die sich nicht oder kaum mehr erholen werden, weil sie unter der „neuen“ Welt überproportional leiden.

Es wird also kompliziert: Die post-Corona-Welt wird insofern eine andere sein, als dass sich die Klaviatur der einzelnen Szenarien stärker in das Anlagebewusstsein einbrennen und die (vermeintliche) Komplexität der Anlage dadurch erhöhen wird. Zusätzlich wird das Abwägen einzelner Assets für Stiftungen umso schwieriger, je unterschiedlicher die Szenarien und Maßnahmen sind, mit denen die Länder und Regionen post-Corona hantieren. Doch wie so oft bietet diese Komplexität auch eine Chance: Nämlich die, die Kapitalanlage der Stiftung zu professionalisieren und zum Beispiel verbindliche Anlagerichtlinien festzulegen. Bestandteil hiervon sollte auch ein Rahmen für das Delegieren der Kapitalanlage festzulegen, denn dass Delegieren das bessere Selbermachen ist, das wird sich nach der Krise sicherlich manifestieren. Diesen Marktwahnsinn zu handhaben, das schaffen nurmehr Profis, und so Stiftungen Planungssicherheit haben wollen, müssen sie diese Entscheidung für sich treffen und eher die Position des „Portfolio-Kontrolleurs“ – sprich des Überwachers des Vermögensverwalters – einnehmen. Wenn die Corona-Krise Stiftungen und Stiftungsgremien eines vor Augen geführt haben sollte, dann die Notwendigkeit dieses Entwicklungsschritts hin zu mehr Professionalität und Komplexitätsbeherrschung.

VERMUTLICH WIRD POST-CORONA EINIGES ANDERS SEIN

Schließlich fehlt noch das „vermutlich“ als Antwort auf die Frage, ob die Welt nach der Corona-Krise eine andere sein wird. Vermutlich wird es, und an diesem Punkt lässt sich nur spekulieren, bestimmte Entwicklungen geben, die jetzt losgetreten werden, die wir aber heute noch nicht so recht antizipieren können. Werden die Unternehmen beispielsweise Geschäftsreisen grundsätzlich reduzieren, wird die digitale Infrastruktur verstärkt entwickelt, um Online-Arbeit zu erleichtern, wird die Energiewende noch mit so viel Verve vorangetrieben, wo wir doch zunächst die Gesundheit des Menschen stärker im Blickfeld haben werden?

Diese und andere Fragen lassen sich per heute nicht beantworten – aber es werden ausgehend davon neue Felder für Prosperität entstehen, die im Stiftungsvermögen natürlich auch abgebildet werden könnten und sollten. In den Bereich Gesundheit zu investieren, kann für Stiftungen jetzt erst recht selbstverständlich sein, und hier dürfte sich eine ganz naheliegende Gelegenheit bieten, die auch positive Wertbeiträge im Stiftungsdepot liefern dürfte. Wer also Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds hält, der kann durchaus nach diesen neuen Themen fragen und ableiten, ob diese Themen auch im Fonds gespielt werden dürften.

ZUSAMMENGEFASST

Die post-Corona-Welt wird in vielen Facetten eine andere sein, in manchen aber nicht. Für Stiftungen macht es dies die Aufgabe Verwaltung des Stiftungsvermögen nicht eben einfacher. Dennoch lässt sich die Frage nach der Post-Corona-Welt diskutieren, und es lassen sich Ableitungen für die Fondsanlage von Stiftungen treffen, und auch über die Sinnhaftigkeit der Fondsanlage überhaupt. Es werden sicher nicht alle Stiftungsfonds mit ihrem Ansatz die passenden Antworten auf die anstehenden Fragen finden, einige aber doch. Gleichzeitig gibt es eine ausreichende Anzahl von Ansätzen, die die anstehenden Entwicklungen bereits heute antizipieren – und die Frage nach der post-Corona-Welt mit einem klaren „let’s face it“ beantworten.