Stiftungsvermögen und die D-Formel, so in etwa könnte man das Ergebnis lesen, das wir vom FAROS & BZ live Investoren Summit mit nach Hause nahmen. Denn im großen Eröffnungspanel der Veranstaltung ordnete Eberhard Vetter von der RAG-Stiftung sein Tun genau in dieser Einfachheit ein: „Wir suchen uns gute Manager, und lassen die dann arbeiten.“ Ein einfacher Satz bringt das Vorgehen einer der größten Stiftungen Deutschlands auf den Punkt. Er warf aber gleichzeitig auch die Frage auf, inwiefern sich die höheren Zinsen in die Wirklichkeit durchfressen. Diese Wirklichkeit wiederum reicherte Top-Ökonom Lars Feld um einige fundierte Fakten an. Unser drei Lehren von der Konferenz.
Das Veranstaltungsteam von FAROS Consulting hatte in Kooperation mit der Börsenzeitung einen tollen Veranstaltungsort für den ersten FAROS & BZ live Investoren Summit gewählt. Denn die Westhafen Pier Nummer 1 ist eine moderne Location, die eine große Offenheit ausstrahlt und damit direkt jene Räume schafft, die es zum vorurteilsfreien Gedankenaustausch braucht. Wir waren als Medienpartner mit an Bord und spielten selbstredend Mäuschen bei den Panel-Diskussion und den fachlichen Impulsen. Von einigen Gästen hörten wir, dass sie von der Fachlichkeit der Vorträge sehr angetan und von der Dichte der anwesenden Investoren beeindruckt gewesen seien. Wir können dem nur beipflichten, allerdings brauchte es solch es Publikum auch, denn das Gehörte und Diskutierte hatte es in sich. Top-Ökonom Prof. Lars Feld vom Walter Eucken Institut im Freiburg machte hierbei den Anfang.
Lehre Nummer 1: Deutschland hat es sich gemütlich gemacht. Zu gemütlich.
Prof. Lars Feld wurde als Top-Volkswirt angekündigt, und konnte die Messlatte locker überspringen. Er brachte Bilder in der Einordnung der volkswirtschaftlichen Situation Deutschlands mit, die hängenblieben. Für ihn hat es sich die Bundesrepublik zu gemütlich gemacht, sie sei jedoch kein bettlägeriger Patient. Die Probleme hierzulande seien hausgemacht, vor allem bei den Steuern und der Regulierung müsse die Politik ansetzen. Dort tue sie dummerweise zu wenig, was sich wiederum auf die Angebotsseite der Wirtschaft auswirkt, die aber gestärkt werden müsse, um den Angebotsüberhang zu beseitigen – und damit den Teuerungsdruck zu dämpfen. Eine Kausalkette mal eben in drei Minuten klar benannt und auf den Punkt gebracht, genau dafür wurde Prof. Feld nach Frankfurt geladen.
Regulierung und Steuern, da muss Deutschland ran
Für Ihn sollte die Deregulierung bspw. bei der Bauwirtschaft ansetzen, die inzwischen von Gesetzen und Regeln regelrecht gegängelt werde. Bei den Steuern sei es andersherum wie beim Sport. Dort schafft es Deutschland kaum mehr aufs Treppchen, bei den Steuern dagegen im globalen Wettbewerb schon. Zudem sei die internationale Gemengelage nicht nur kompliziert, sondern komplex, mit wenigen noch griffigen Wahrheiten. Eine davon nannte Feld ohne Umschweife: Die USA werden Taiwan verteidigen, rechnen Sie damit! Und die USA seien auch die Einzigen, die Deutschland verteidigen könnten. Lars Feld leitet hieraus auch die Notwendigkeit zur internationalen Zusammenarbeit ab, auch damit Streitigkeiten nicht kriegerisch ausufern.
Ökonomie ist heute Geopolitik
Wir lernen: Ökonomie hat heute viel mit Geopolitik zu tun, ganz so als hätte „Its the economy, stupid“ derzeit Sendepause hätte. Die Dinge liegen nicht mehr einfach auf der Hand, aus Stiftungssicht leiten wir hieraus die Gewissheit ab, dass der Home Bias für eine Allokation direkt mal gefährlich werden kann. Nur in Deutschland Stiftungskapital zu veranlagen, kann das wirtschaftliche Stehvermögen einer Stiftung strukturell schwächen. Deutschland muss keine Kriege mehr beginnen, aber es kann enorm unter jenen leiden, die Andere vom Zaun brechen.
Lehre Nummer 2: Stiftungsvermögen braucht eine langfristige Idee!
Was wir aus dem Vortrag von Volkswirt Lars Feld zudem mitnehmen ist, dass es womöglich ein wichtiger Parameter in der Veranlagung von Stiftungsgeldern sein kann, den Anlagehorizont strukturell zu weiten. Die lange Perspektive brachte auch Eberhard Vetter ein, Chef der Kapitalanlage der RAG-Stiftung. Er nannte das in seiner Diskussionsrunde „Es wird volatiler werden, da ist es gut, a bisserl was im Rucksack dabei zu haben.“ Hier steckt natürlich die Erkenntnis drin, dass in der kurzen Frist die bereits erwähnte Frage im Raum steht, wie sich der gestiegene Zins jetzt in die Wirklichkeit hineinfrisst. Für Eberhard Vetter sind die Zeiten derzeit richtig spannend, und auch jene die unmittelbar anstehen, wir lesen aus seinen Ausführungen aber auch heraus, dass es Antworten auf das anspruchsvolle Anlageumfeld gibt. Mit Private Equity-Anlagen seien im vergangenen Jahr rund 10% verdient worden, während die liquiden Investments zweistellig „hinten lagen“.
Endowments für Stiftungsvermögen als Vorbild
Das Vermögensmanagement der RAG-Stiftung ist dem Gehörten nach in unseren Augen nahe dran an den Endowments in den USA, die breitestmöglich und global streuen, strukturiert Illiquiditätsprämien vereinnahmen und Anpassungsevents (wie jetzt eben die Anpassung der wirtschaftlichen Aktivität an das höhere Zinsniveau) aussitzen – und partiell nutzen. Wir sind Eberhard Vetter auch dankbar für seine Einblicke in seine Sicht auf die Immobilienanlagen. Er sprach von modernen Immobilien in guten bis sehr guten Lagen, die ESG-seitig auf der Höhe sind und wo Bewertungen nach wie vor hoch bleiben werden. Andererseits sprach er von Immobilien, die nicht mehr durch das ESG-Raster passten – und die dann gnadenlos auf der Bewertungsseite abgestraft würden. Wir lernen hier, dass das ESG-Rahmenwerk etwas mit dem Immobilienmarkt machen wird, Stiftung hier also dreimal hinschauen müssen, dass aber eben jene guten Immobilien in drei vier Jahren wieder schöne Ergebnisse erzielen werden.
Manager suchen – und arbeiten lassen
Für uns war es richtig toll, dass das FAROS-Eventteam Eberhard Vetter gewinnen konnte, wir ihn einmal live hören und im Nachgang persönlich haben sprechen dürfen. Es sind diese Einblicke, die eine Konferenz wie den FAROS & BZ live Investoren Summit so unendlich wertvoll aus Stiftungssicht machen. Denn so wie die Stiftungsrechtsreform ein Anlagekonzept verlangt, fordert sie auch das Befüllen dessen mit Anlagebausteinen und -expertise. Wie zitieren nochmals Eberhard Vetter, der hierfür die Grundregel vorgab: Wir suchen uns die besten Manager, und lassen diese dann arbeiten. So geht Delegation, und so geht auch Stiftungsvermögen 2030 (and beyond).
TV-Tipp:
Uwe Rieken, Chef von FAROS Consulting, war auch Protagonist des 4. Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen und brach eine Lanze für Private Market-Investments im Stiftungsvermögen. Die Diskussion mit Uwe Rieken finden Sie in der #vtfds-Mediathek.
Lehre Nummer 3: Diversifikation wird durch Zins eine Spur einfacher
Was wir aus anderen Panels des FAROS & BZ live Investoren Summit 2023 noch an Anregungen für das Stiftungsvermögen mitnahmen, hatte im Kern viel mit der breiten Diversifikation von Vermögensstöcken zu tun. Die Assetklasse Anleihen hatte es vielen Vortragenden angetan, insbesondere vor dem Hintergrund eines Aspekts, der wieder auf die Agenda rücken könnte: das Senken des Zinses. Wir sind zwar noch nicht am Ende des aktuellen Zinszyklus, aber der eine oder andere Vermögensprofi war doch einigermaßen konstruktiv, dass der Zyklus das meiste des Weges hinter sich hat. Entsprechend könnten Zinssenkungsphantasien den Anleihemärkten wieder Kursphantasie einimpfen, für Stiftungen heißt das: Haben sie sich vorher den aktuell hohen Zurück-zu-Normal-Zins eingelockt, werden sie kursseitig profitieren können, so der Zins wieder in den Rückwärtsgang schaltet.
Breiter Diversifizieren ist praktisch alternativlos
Auf der anderen Seite bedeutet das aktuelle Zinsniveau für Stiftungen Planungssicherheit und reduziert den Druck, unbedingt etwa bei Private Markets Investments unbedingt jedwede Spielart mitzumachen. Dennoch nehmen wir die Erkenntnis mit, dass die großen Institutionellen Anleger Private Markets weiter akkumulieren werden. Sie möchten sich weniger anfällig für Zinswenden und -bewegungen machen, das Jahr 2022 hat hier Spuren hinterlassen und die Vermutung, dass derlei künftig etwas normaler werden könnte. Also führt der Weg an breiterer Diversifikation nicht vorbei. Vom Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein notierten wir uns die Worte Infrastruktur und Sozialimmobilien, in einer weiteren Diskussion fielen die Begriffe Private Debt und Green Energy. Private Markets also sind und bleiben wichtig, um Rendite,- Diversifikations- und Risikoziele zu erreichen.
Zusammengefasst
Der FAROS & BZ live Investoren Summit 2023 versammelte am 12. September Institutionelle Investoren und Experten für institutionelle Kapitalanlagen – und stieß Diskussionen rund um das Veranlagen institutioneller Anlagegelder auf der Höhe der Zeit an.