Z’samm miasst’s wos mocha, ned aloa

Drei Lehren vom Münchner Stiftungstag 2020

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Münchner Stiftungstag 2020
Lesezeit: 4 Minuten

An den Münchner Stiftungstag 2020 werde ich mich aus zwei Gründen lange erinnern. Er war angesichts der Corona-Krise für lange Zeit die letzte Stiftungsveranstaltung, die ich in 2020 besuchte, und er förderte etliche Impulse auch für meine tägliche Praxis zutage. Manchmal schreibt es sich zum Beispiel recht lapidar, Stiftungen müssten in der Kapitalanlage zeitgemäßer agieren, aber was das im Zuge eines Börsencrashs heißt, das wussten einige Stiftungsvertreter im persönlichen Gespräch zu berichten. Aber das war nur eine Lehre.

Der Münchner Stiftungstag findet immer zwischen zwei Ausgaben des MünchnerStiftungsFrühlings statt, und da im vergangenen Jahr der MünchnerStiftungsFrühling stattfand, war eben in diesem Jahr wieder der Münchner Stiftungstag dran. Dass dieser inmitten der Corona-Krise stattfand, konnte im Vorfeld niemand wissen, umso höher ist das Durchhaltevermögen der Veranstalter einzuschätzen. Denn es waren doch einige Stiftungen weniger vor Ort in der Katholischen Akademie unweit der Münchner Freiheit im schönen Stadtteil Schwabing (so viel Zeit fürs Stadtmarketing muss sein). Der Themenkontext war breit gefasst, es sollte viele Impulse entstehen, durch die Vorträge, durch die Diskussionen aber auch durch die Gespräche, die sich zu späterer Stunde bei Leberkäse noch vertieften. Und dass es was zu erzählen gab, dafür sorgte nicht nur Corona, aber natürlich brachte es diese Corona-Krise mit sich, dass in den Workshops auch ganz grundsätzliche Fragen und Punkte diskutiert wurden.

KOOPERATION DAS MITTEL DER ZEIT?

Beispielsweise zum Thema Kooperationen, womit wir bei Lehre Nummer 1 des diesjährigen Münchner Stiftungstags wären. Je unwägbarer der Weg, desto eher könne man diesen gemeinsam bewältigen, so was es zu vernehmen in den Gesprächen. Gemeinsam, dieses kleine Kernwort, das in Kooperation drinsteckt, das aber teilweise schwer zu leben scheint. Zu einer erfolgreichen Kooperation gehört das Formulieren eines Ziels, das Ordnen der Zuständigkeiten, die Arbeitsteilung, aber auch das Zurückstellen von Eitelkeiten. In München gebe es so viele Ansätze für gemeinsame Aktivitäten, dass man manchmal gar nicht wüsste, wo man anfangen solle, war zu hören. Für mich steckte hier die Botschaft drin, dass Stiftungen noch besser wissen sollten, was andere tun und was andere planen, denn dann könnten gemeinsame Aktivitäten entfaltet werden. Kooperationen könnten im Übrigen auch beim Thema Vermögen angedacht werden, oder beim Thema Website. Eine Website, auf der vier fünf Stiftungen ihre Projekte und Vorhaben beschreiben, kann ein Ansatz sein, heute ressourcenschonend zu informieren und trotzdem voll am Puls der Zeit zu agieren.

Diskussion Münchner Stiftungstag
Bild: Diskussion Münchner Stiftungstag
Foto: Ralph Böhm

STIFTUNGSNETZWERKE SCHAFFEN AUSTAUSCH

Gemeinsam, dieses Wort begegnete mir auch bei einer Diskussion um Stiftungsnetzwerke, bei der Sonet und das Netzwerk der Stuttgarter Stiftungen ihren Ring in die Runde warfen. Es zeigte sich schnell: So weit vorne München in vielen Belangen liegt, das agilere Stiftungsnetzwerk hat Stuttgart. Davon war zumindest Ulrike Philipp, seit Ende 2019 im Vorstand von Sonet, überzeugt – und auch begeistert. Ein Vergleich der beiden Stiftungsnetzwerke zeigt ganz deutlich, wie viel Vorlauf das Stuttgarter Netzwerk hat, welche Aktivtäten dort entfaltet werden und welche Entwicklungsschritte im Nachgang sichtbar sind. Vor allem aber, und das ist für Stiftungen die wichtige Botschaft: Das Stiftungsnetzwerk in Stuttgart ist dahingehend leistungsfähig, inhaltliche Anregung und Orientierung an Stiftungen zu transportieren, und sich dabei als Mittler zu sehen. Dies ist umso wertvoller in Zeiten, in denen ein Austausch auf physischem Wege unmöglich ist, da sämtliche Veranstaltungen bis auf Weiteres abgesagt wurden. Die sehr lebendige Diskussion um die Thematik Stiftungsnetzwerk zeigte mir aber auch, dass Stiftungen objektive Knowhow-Quellen brauchen, dass sie Impulse und Inputs für die tägliche Praxis benötigen. Der Impuls hier war seitens des Münchner Stiftungstags in meinen Augen völlig richtig gesetzt.

STIFTUNGSVERMÖGEN – MEI, DA BRAUCHT’S JETZT A BISSERL GEDULD

Ebenfalls ein Thema von größter Wichtigkeit war jenes der Veranlagung des Stiftungsvermögens, denn um den Münchner Stiftungstag herum tanzten die Bären an den Börsen einen Freudentanz nach dem anderen und trieben die Börsen mit mächtigen Hieben immer weiter abwärts. Mir sagten zwei Stiftungsvorstände, dass sie eher das Problem hätten, dass sie für ihr Cash jetzt keine passenden Parkplätze finden, sie eher noch etwas abwarten würden, bis sie wieder an den Märkten aktiv würden. Ebenfalls, erzählte ein anderer Stiftungslenker, würde er mit 5 Jahren Wartezeit rechnen, bis die Märkte die Delle aufgeholt haben werden.

Geduld also sei jetzt gefragt, und womöglich auch eine Aufspreizung der Asset Allocation, also der Aufteilung der Vermögenswerte. Dr. Stefan Fritz von der Bischof Arbeo Stiftung wies in einer weiteren Diskussion darauf hin, dass bei ihnen das Thema Immobilie hoch im Kurs steht, insbesondere auch vor dem Hintergrund, sich etwas unabhängiger von den Kapitalmärkten bzw. deren Schwankungen zu machen. In der Pause wies ein Stiftungsvorstand darauf hin, „dass ma des erst a moi aushoit’n muass“, und damit hatte er mehr als Recht. Gleichzeitig haben Stiftungen exakt jene Zeit, Delle auszusitzen bzw. diese proaktiv zu nutzen, auch das wurde deutlich. Vom Gefühl her waren eher Hartgesottene Stiftungsmacher vor Ort, denn so richtig aus der Ruhe brachte der Corona-Crash keinen.

ZUSAMMENGEFASST

Wenn ich drei Lehren formulieren soll, dann sich 1) dem Thema Kooperation stärker anzunehmen, über 2) die regionalen Stiftungsnetzwerke den tieferen Austausch mit anderen Stiftungen zu suchen und 3) im Zuge des Corona-Crashs Geduld mitzubringen, und auch etwas Chuzpe, die kurzfristigen Verwerfungen vielleicht sogar proaktiv zu nutzen – erst recht weil langfristig bei einer Stiftung eben ewig bedeutet. So gesehen war der Münchner Stiftungstag einmal mehr eine erfreulich offene, diskursive und entlang der Stiftungspraxis aufgesetzte Veranstaltung. Dass der bayerische Weg hier und da auch durchschien, klar, ohne das geht es in München nicht. Aber genau deshalb gehe ich gerne auch solche regionalen Stiftungstage, denn hier ist das Stiftungsleben zuhause.