Werden Stiftungen durch die Nullzinspolitik enteignet?

Ein kleiner Rundumschlag, wo beim Stiftungsvermögen die Hebel angesetzt werden könnten

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Stiftungsvermögen wird gerne konservativ gemanagt. Konservativ heißt, Stiftungsvermögen eher festverzinslich zu investieren, eher überschaubar zu streuen und Risiken weitestgehend zu meiden. Aber taugt dieser Ansatz für Stiftungen heute noch? Die Aufgabe ist es ja, nicht nur ordentliche Erträge zu erwirtschaften, sondern auskömmliche ordentliche Erträge, und aus viel Nullzins und wenig Dividende lässt sich derlei kaum mehr zaubern. Umso wichtiger ist es, die Mechanik hinter dem Nullzins zu verstehen und die richtigen Schlüsse für das Stiftungsvermögen zu ziehen.

Die Corona-Krise stürzt uns in eine realwirtschaftliche Krise, die wir alle in diesem Ausmaß noch nie erlebt haben. Die Staaten und Notenbanken legen ein Hilfsprogramm nach dem anderen auf, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Die Folge sind weiterhin Zinsen an der Nulllinie, denn anderweitig könnten so manche Staaten nicht mal den Schuldendienst tilgen. Die Inflation ist gemessen an den offiziellen Zahlen praktisch nicht vorhanden und das obwohl Nahrungsmittel, Mieten, Energiepreise (Strom) weiterhin kräftig steigen. Die Kaufkraft sinkt und daher auch unser Vermögen. Das betrifft auch die Stiftungen.

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STIFTUNGSVERMÖGEN WIRD LANGSAMM ABER SICHER ENTEIGNET

Wenn Sie nicht nach Kosten und Kaufkraftverlust das Stiftungsvermögen am Kapitalmarkt verwalten lassen, wird eine Stiftung langsam aber stetig enteignet. Doch soweit muss und darf es nicht kommen, den Stiftungen sind ja auf die Ewigkeit ausgerichtet. Viele Stiftungen sehen den Druck nicht mehr genügend Erträge für den Stiftungszweck zu erwirtschaften. Mach einer sehnt sich schon deshalb ein neues Stiftungsrecht herbei, um aus einer Stiftung womöglich eine Verbrauchsstiftung zu machen oder um mehrere Stiftungen einfach zusammenzulegen.

OFTMALS ANTIQUIERTE ANLAGERICHTLINIEN

Im Argen liegen aber auch die oftmals antiquierten Anlagerichtlinien von Stiftungen. Das haben unsere vielen Recherchen und Berichte aus der Branche ergeben. Viele ältere Stiftungsvorstände kennen noch Zeiten mit denen man mit Anleihen locker 3%-6% erwirtschaften konnte und Aktien oder hybride Produkte fast gänzlich gemieden wurden. Die Zeiten haben sich aber geändert, schon nach der Finanzkrise und jetzt auch während der Corona-Pandemie. Die Stiftungsverantwortlichen müssen über ihren Schatten (teilweise aus Angst vor Haftung) springen, um sich neueren Anlagerichtlinien und Anlagestrategien zu öffnen.

STIFTUNGEN MÜSSEN WEG VON EINER STATISCHEN VERMÖGENSALLOKATION

Für Stifter und Stiftungen zählen nämlich nur absolute Erträge. Ein besseres Abschneiden als der Kapitalmarkt ist in Crash-Zeiten äußerst unbefriedigend. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Diversifikation über Zeitreihen und Investmentstile gekoppelt mit einem Risiko- und vor allem Auszahlungsmanagement, weg von statischen Staatsanleihen mit festen anteiligen Prozenten in der Vermögensallokation. Warum nicht mal in Aktienanleihen mit einem Risikopuffer von Minimum 20% bei einer maximalen Laufzeit von einem Jahr investieren? Damit kann man auch die Zahlungsströme für die Stiftung regeln und erhält auch nach Kosten und Kaufpreisverlust noch einen ansehbaren Ertrag für den Stiftungszweck.

HOME OFFICE BEDEUTET FÜR STIFTUNGEN ARBEIT AM DEPOT

In den vergangenen Jahren waren Immobilien und Immobilienfonds auch für Stiftungen ein interessantes Anlagevehikel. Ständig steigende Preise und Erträge „hübschten“ so manche Stiftung auf. Doch der Blick sollte nach vorne gerichtet sein. Wie sieht es denn mit Gewerbeimmobilien aus? Werden die Unternehmen nicht viele Home Office-Arbeitsplätze geschaffen haben? Viele von denen werden auch nach Corona aus dem Home Office arbeiten. Die Folge Gewerbeimmobilienpreise werden aufgrund eines höheren Angebots eher fallen. Für eine Stiftung die hier investiert ist, bedeutet das möglicherweise ein Anpassen der Asset Allokation.

ZUSAMMENGEFASST

Es gibt viel zu tun in der Vermögensanlage von Stiftungen. Das klingt zwar etwas platt, aber bei Nullzinsen besteht nun mal einfach die Gefahr, dass Stiftungsvermögen substanziell ausgezehrt und damit seiner Gestaltungskraft beraubt wird. Kalte Enteignung wird dies im Fachjargon immer genannt. Wenn Stiftungen ihr Stiftungsvermögen hier wappnen wollen, müssen sie jetzt Entscheidungen treffen – und dann auch danach handeln. Aber so ist das mit Mechanik manchmal, sie erschließt sich selten auf den ersten Blick.