Wann bleibt das digitale Stiftungsevent?

Ein paar Aspekte zur Daseinsberechtigung digitaler Stiftungsevents

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Diese digitalen Events bleiben
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In den vergangenen zwei Jahren haben etliche Stiftungen reichlich Erfahrungen mit digitalen Stiftungsevents gesammelt. Für manche waren es die ersten Gehversuche mit dem Webinar, für andere wiederum war der Beginn der Pandemie das Startsignal, den digitalen Austausch zum digitalen Event hochzujazzen. Auch wir haben mit unserem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen, der dieses Jahr am 27.4.2022 stattfindet, anfangs nicht gewusst, was wir tun. Mittlerweile ist das anders, aber das muss auch so sein, denn mittlerweile kristallisiert sich heraus, was ein digitales Stiftungsevent braucht, damit es bleibt.

Veranstaltungen gab es vor Corona schon jede Menge, mit Beginn der Pandemie wurde dann aus vielen Veranstaltungen das digitale Event. Und was haben wir da nicht alles gesehen. Webinare in der Dunkelkammer, Digitale Talks mit Haustieren oder im Pyjama, den Protagonisten im Unterhemd oder einen Stapel Putzsachen im Hintergrund. Oder immer dieses von oben heran in die Kamera schauen, furchtbar, genauso wie diese blubbernde, wassergetränkte Stimme, wenn die Internetverbindung einen guten Diskussionsbeitrag nicht hergab. Natürlich gab und gibt es auch die richtig professionellen Events, die auch wirklich Events sind, und genau von diesen wird Einiges bleiben. Wir tragen mal zusammen, warum.

Kein Webinar ohne Moderation

Zunächst einmal gebe ich zu, dass ich Webinar-müde bin. Aber, es gibt gute Webinare, die Wissen, Praxistipps und Hintergründe vermitteln, derlei wird bleiben. Insbesondere dann, wenn diese guten Inhalte verbunden werden mit einer solide wie stabil laufenden Technik und wenn die Moderation des Webinars passt. Unsere oberste Regel beim Webinar gilt: Kein Webinar oder Moderation. Auch ein Webinar, das von der Ordnung her eigentlich eine sehr einfache Sache ist, gewinnt unheimlich an Struktur hinzu, wird es professionell durchmoderiert. Fängt bei der Begrüßung an, bei der Vorstellung der Referenten, vielleicht auch der inhaltlichen Highlights, und hört auf beim Managen möglicher Fragen bzw. dem Stellen eigener Fragen, um die aufgezeigten Inhalte noch einmal pointiert zu vertiefen. Webinar die das leisten und gute Inhalte bieten, werden eine Chance haben zu bleiben.

Der Nutzer braucht kein nice-to-have-Stiftungsevent

Wurde ein digitales Event zudem rein als Brückenprojekt gesehen, bis wieder „richtige Veranstaltungen“ stattfinden können, wird es der digitale Ausleger schwer haben. Denn mal n bisschen was im Digitalen zu machen, das würde sich in der realen Welt niemand trauen, digital aber soll dieser Wurm dem Fisch schmecken. Das ist unserer Beobachtung nach eine Fehlkalkulation, die den Nutzer auch ein wenig abkanzelt, vor allem aber nicht wichtig genug nimmt. Der Nutzer nämlich hat sein Nutzerverhalten in den vergangenen zwei Jahren verändert, relativ deutlich sogar. Der Nutzer unterscheidet zwischen nutzwertigen Inhalten und nice-to-have-Inhalten, und baut zu letzteren kaum eine Bindung auf. Diese sind beliebig, austauschbar, sie werden genutzt, oder eben nicht, je nachdem, ob der Terminkalender eine Stunde erübrigt.

Wenn das digitale Event Teil des Workflows wird…

Inhaltlich relevante digitale Events jedoch finden in manchen Stellen sogar Eingang in die Prozesse des Nutzers, sie werden Teil des Workflows. Der Nutzer nimmt an einem Teil des digitalen Events teil, der für ihn für seine tägliche Praxis einen echten Mehrwert liefert, exzerpiert sich hier wichtige Punkte heraus, protokolliert und nimmt die Anregungen mit beispielsweise in die nächste Sitzung des Anlagebeirats der Stiftung. Also, was wird bleiben? Das Relevante, das mir kompakt Impulse für meine tägliche (Stiftungs)praxis liefert. Denn genau für diesen einen Impuls brauche ich dann nirgends hinfahren, setzt aber eben auch voraus, dass die Macher des digitalen Events wissen wovon sie sprechen, denn sonst entsteht der gewünschte Mehrwert ja genau nicht.

Beim digitalen Stiftungsevent muss der Fokus stimmen

Ebenfalls werden solche digitalen Events bleiben, die einen klaren Zielgruppenfokus haben, die ein Thema eindeutig benennen, bei denen Nutzer eben wissen, wofür sie die nächste Stunde im digitalen Raum verbringen sollen. Niemand möchte im Netz überrascht werden, der Nutzer möchte abgeholt werden und er muss abgeholt werden, denn ob des riesigen Angebots an Informationsformaten wird es nur diesen digitalen Stiftungsevents gelingen, das zu schaffen, wenn der Fokus stimmt. Möchte ich über die Spendenzugänge zu meiner Stiftung informieren, oder Großspender adressieren, dann dreht sich hier zwar alles übergeordnet um das Spenden, aber der Kreis der Adressaten dürfte sich ganz erheblich unterscheiden. Je klarer das also beim Konzeptionieren des Events bedacht wird, desto besser.

Vorab braucht es das frequente Kommunizieren

Ebenfalls eine Disziplin im Digitalen ist das Kommunizieren drumherum. Reale Events benutzen die Einladung per Brief, davor vielleicht ein Save The Date und kurz vor der Veranstaltung dann noch den Reminder. Drei Instrumente, drei Runden, häufig ist es das. Im Digitalen reicht das nicht. Obwohl die Schwelle viel niedriger ist, eine digitales Stiftungsevent zu besuchen, ist es weitaus schwieriger, den Nutzer über diese Schwelle zu bringen. Wer vorab beginnt, die Geschichten des digitalen Stiftungsevents in kleinen Häppchen zu erzählen, wer die Protagonisten zum Teil dessen macht und wer die Nutzwerte des Digitalformats vorab in den Fokus stellt, der wird bei den Nutzern einen Relevanz-Bonus erhalten. Wohlgemerkt hat diese Vorabkommunikation auch viel mit Frequenz zu tun. Ist ein digitales Event hier schwach auf der Brust, dürfte das mit der Schwelle eine Herausforderung werden.

Zusammengefasst

Ein digitales Stiftungsevent ist etwas, das in die Zeit passt – und das auch in die Zeit gehört. Denn der gesamte Veranstaltungsbereich beginnt praktisch wieder bei null, und es wird künftig kaum mehr ein physisches Event mit einer digitalen Entsprechung existieren können, das Stichwort ist hier hybrid. Gleichzeitig wird es digitale Veranstaltungen geben, die zum Event taugen und damit gekommen sind, um zu bleiben. Was diese eint? Nun ja, inhaltliche Relevanz, Stringenz bei den Zielgruppen und mediale Frequenz. Das brauchen sie aber auch, denn dort wo die Schwelle vermeintlich nahe null liegt, ist sie tatsächlich oft verdammt hoch.