Stiftungsvermögen und die Siemens-Aktie

Warum wir beim #vtfds25 über Haltung gegenüber dem Management von Stiftungsvermögen sprechen

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Stiftungsvermögen Haltung
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Als ich im Sommer 1990 als 13jähriger meine erste Aktie kaufte, war ich naiv. Die Siemens-Aktie sollte es sein, die Idee war, dass der Kurs steigt. Umfeld, Zinsen, Marktmomentum, Marktstruktur, Kapitalflüsse, Bewertungen, von alldem hatte ich keine Ahnung. Meine Entscheidung war keine fundierte, keine sachgerechte, das Betrachten von Charts und des KGVs lieferte die vermeintlichen Entscheidungsparameter. Betrachte ich diese Zeit, ist sie gefühlt 100 Jahr her, denn die Welt ist heute eine gänzlich andere. Genau das aber ist eine Erkenntnis, die Stiftungen anno 2025 verinnerlichen müssen, insbesondere beim Management des Stiftungsvermögen. Zuckerguss ist aus.

Was Stiftungsverantwortliche heute für das Management von Stiftungsvermögen brauchen, sind Sorgfalt und Haltung. Die Zeiten sind geprägt von Friktionen, die auch aufbrechen können, von tektonischen Verschiebungen im Macht- und Wertschöpfungsgefüge der Welt. Das freie „Spiel“ der Märkte ist vorbei, immer mehr Länder machen Kapitalverkehrskontrollen zu einem Instrument, Kapitalströme zu lenken, immer mehr Länder agieren unstet und erratisch in Bezug auf das Rahmenwerk, innerhalb dessen man Anlageentscheidungen trifft. Das wissend ist die Zeit der Entscheidungen aus dem Bauch heraus vorbei. Ich habe schon des Öfteren von einer neuen Sorgfaltspflicht gegenüber Stiftungsmenschen gesprochen. Was ich meinte war schon auch, die neuen Spielräume qua Stiftungsrechtsreform zu nutzen und mehr zu tun, um das Stiftungsvermögen ins Arbeiten zu bringen. Was ich aber vor allem meinte war, dass die Welt 2025 eine andere ist als 1990, dass es ohne sorgfältige Abwägungen keine guten Entscheidungen für das Stiftungsvermögen mehr gibt.

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Zäsuren im Heute haben eine ganz andere Qualität

Davon bin ich überzeugt als jemand, der einst des Nächtens vor Videotexttafeln saß, als die Asienkrise 1997 und der Russland-Zusammenbruch 1998, der LTCM-Marktblackout sowie dann die 2000er Zäsuren die Welt in Atem hielten. Ich habe das damals hautnah miterlebt.  Die Welt drumherum war jedoch eine berechenbarere, auch eine schlechte Entscheidung hatte in dieser Zeit noch eine Legitimation, denn der Schaden hielt sich meist in Grenzen. Stiftungsvermögen, das damals hälftig und global in Aktien und Renten investiert war, war gut investiert. Die Entscheidung war eine gute, sie war eine sachgerechte, denn das war in dieser Zeit das Beste, was man hat machen können. Mehr Streuung brauchte es nicht. Sorgfalt hieß damals Schema F. Aber heißt Sorgfalt heute, in eben jener Welt, die ich oben ganz grob umrissen habe?

Stiftungsvermögen und die neue (alte) Sorgfalt

Für das Stiftungsvermögen heißt Sorgfalt heute, an den Entscheidungen rund um das Vermögen permanent zu arbeiten und beispielsweise eine Resilienzbetrachtung mit einzubeziehen. Wie wirtschaftlich stehfähig ist mein Stiftungsvermögen, wenn ich dieses und jenes mache und wenn diese oder jenes passiert? Da kommen dann bei klassischen Assetklassen-Mixturen schnell andere Antworten als die klassischen Antworten heraus. Gleichzeitig sollte ich, und davon bin ich fest überzeugt, als Stiftung eine Haltung zum Management des Stiftungsvermögens ausprägen. Sofern ist es nicht selber kann, müssen andere die Vermögensmasse zum Arbeiten bringen, ich wähle den Manager aus, aber ich manage nicht selber. Yale-Legende David Swensen formte diese Haltung aus, er meinte, Stiftungen müssen Langfristanleger sein, sollten sich dem Langfristanlegen verschreiben und demgemäß wenig auf Marktschwankungen geben. Gleichzeitig ist eine sorgfältig aufgesetzte, breite Streuung das Werkzeug dazu, diese Haltung auch „ausleben“ zu können.

Stiftungen als Leuchttürme des Gelingens

Dass die Welt da draußen nun heute eine andere ist als vor 25 Jahren, ist im Denkgerüst dessen Fluch und Segen zugleich. Segen, weil die neue Sorgfalt genau darauf einzahlt, eben nicht beliebige, sondern sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Fluch, weil der Werkzeugkasten zum Bestücken einer Asset Allocation einer Stiftung einfach viel größer sein muss. Es ist eben genau nicht mehr die gute alte Siemens-Aktie, das wird doch passen, sondern es ist ein Prozess, Assetklassen zusammenzustellen, der muss heute funktionieren. Dieses notwendige Mehr an Handwerk hat im Jahr 2025 auch eine gesellschaftliche Komponente. Wo Stiftungen im Jahr 2000 praktisch unsichtbar waren, sind sie heute Leuchttürme des Gelingens.

Steuerprivileg müssen sich Stiftungen immer aufs Neue verdienen

Die Stiftungslandschaft wächst, sie wird weiter wachsen, ihr werden in den nächsten 10, 15 Jahren aus der Erbmasse etliche hundert Milliarden Euro frisches Stiftungsvermögen eigewidmet werden – die wiederum zum Arbeiten (für die Stiftungszwecke) gebracht werden müssen. Die Frage, wofür wir (also der Steuerzahler) Steuerprivilege vergeben, wird künftig womöglich lauter gestellt werden. Privilegien für Stiftungen, die gesellschaftsrelevantes Tun zeigen, dafür wird die Bereitschaft weiter vorhanden sein, ein Steuerprivileg zu vergeben. Das wiederum hängt an der Vermögensmasse, die zu Erträgen geführt werden muss. Hieran gibt es – in meinen Augen – kein Vertun, gerade weil wir Stiftungen gerne auf ihr Tun reduzieren. Damit sie das tun können wofür sie errichtet wurden, braucht es eine Vermögensmasse, die liefert, und zwar Erträge aus heute eben mannigfaltigen Quellen.

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Zusammengefasst

Mein Großvater pflegte nach einer langen Geschichte immer zu sagen: Kurz und gut, und dann kam ein kleines Resumée. Möchte ich an der Stelle auch so halten. Kurz und gut: Schalten Sie in unseren #vtfds25 Livestream ein, am 25.6. ab 9:30 live auf www.vtfds.de, wir liefern wieder jede Menge Inspiration rund um die Frage, was heute die richtigen Entscheidungen rund um das Stiftungsvermögen sein dürften. Wir freuen uns auf Sie, DANKE fürs Einschalten.