Stiftungsvermögen und die ESG-Metamorphose

Wie ein FondsFibel-Fonds ESG-Kriterien konsequent umgesetzt

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Stiftungsvermögen und die ESG-Metamorphose
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Stiftungsvermögen muss darauf setzen, dass stiftungsgeeignete Fonds ESG immer selbstverständlicher in der Titelselektion einsetzen. Konsequenz ist hier das Stichwort. Wir schauen immer wieder auf genau jene ESG-Konsequenz, die wir als Disziplin interpretieren. Der auf den Global Challenges Index aufbauende Fonds der Warburg Invest AG wendet die ESG-Vorgaben sehr konsequent an, das zeigt einmal mehr ein Portfolio-Durchschau. Kürzlich wurden demnach vier neue, aussichtsreiche Unternehmen in den Index integriert – und ein neuer Wert gleich wieder ausgetauscht. Denn der leistete sich einen Governance-Fauxpas.

Aber schauen wir zunächst auf die ersten sechs Monate 2023. In der rollierenden Jahresbetrachtung zum 30.6.2023 hat der Fonds aus unserer Ideenliste der Fondsfibel „Die Neuen“ die Rückschläge aus 2022 bereits komplett aufgeholt. Das unterstreicht, dass nachhaltige Portfolios nach dem schwierigen Jahr 2022 schnell wieder auf den Positivpfad einschwenken. Der Index der Börse Hannover ist dabei besonders nachhaltig, denn es werden ausschließlich Unternehmen ausgewählt, die einen substanziellen Beitrag zur Bewältigung der mannigfaltigen Herausforderungen der Zeit leisten.

Positiver Auswahl-Index

Anders als viele „klassische“ Nachhaltigkeits-Themenfonds ist der WI Global Challenges Index-Fonds (WI GCX) nicht nur auf die direkt nachhaltigen Player wie Hersteller von Windkraft- oder Photovoltaikanlagen fokussiert. Vielmehr wird der Begriff der Nachhaltigkeit weiter gefasst, indem Bedeutungszusammenhänge beachtet und auch Unternehmen aufgenommen werden, die in bestimmten Nachhaltigkeitsmerkmalen die führenden ihrer Branche oder eines Marktes sind. Ferner handelt es sich um einen Auswahlindex, also eine Zusammenstellung von Unternehmen, die aufgrund ihrer positiven Eigenschaften im ESG-Bereich aktiv selektiert wurden und nicht um einen Index, der aufgrund von Marktkapitalisierung, Handelsvolumen oder Unternehmenssitz abgeleitet ist.

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Philips nach Governance-Verstoß aus Index entfernt

Zum turnusmäßigen Rebalancing wurden vier neue Unternehmen aufgenommen und die bisherigen Index-Mitglieder Atlas Copco AB, Kingfisher Plc, SKF AB und Berkeley Group Holdings Plc. ersetzt. Mit der Aktualisierung des Portfolios werden die Themen Erneuerbare Energieerzeugung, Healthcare, Energieeffizienz sowie sichere Wasserversorgung betont. Genau genommen ist von fünf Unternehmen zu berichten, denn Philips wurde nach drei Monaten wegen Governance-Verstößen im Bereich Verbraucherschutz eliminiert und durch die britische ConvaTec Group ersetzt. Neu im Portfolio sind überdies Smurfit Kappa, California Water und Solaria. „Die Anpassung der Indexmitglieder ist bedingt durch eine stärkere Fokussierung auf die quantitative Messbarkeit des positiven Beitrags im Kontext regulatorischer Anforderungen wie der Offenlegungsverordnung“, erläutern Börsenchef Hendrik Janssen und Fondsmanager Jens Pludra.

Lücke im Verbraucherschutz als Ausschlussgrund

Wie das? Grund für das außerplanmäßige Rebalancing des Global Challenges Index ist die Entdeckung eines Ausschlussgrundes bei Philips. „ConvaTec ersetzt das Unternehmen Koninklijke Philips NV (ISIN: NL0000009538), das infolge einer schwerwiegenden Kontroverse im Bereich des Verbraucherschutzes, im Kontext der globalen Herausforderung zur Bevölkerungsentwicklung, ausscheiden muss“, teilte die Börse dazu eher knapp mit. In der mehr als 15-jährigen Geschichte des Index hat es einen solchen Vorgang noch nicht gegeben. Vielmehr fällt der elaborierte Auswahlprozess ins Auge, der für geringe Fluktuation sorgt. Knapp ein Drittel der Unternehmen zur Auflage des Fonds war nach 15 Jahren noch immer Teil des Index.

SDG „Gesundheit“ perfekt abgedeckt

Koninklijke Philips NV war von vielen Verbrauchern noch als Hersteller von Elektrogeräten für Haushalt oder Wohnen wahrgenommen worden, tatsächlich handelt es sich um einen weltweit führenden Technologie- und Healthcarekonzern mit marktführenden Positionen in den Bereichen Kardiologie, Notfallmedizin und Gesundheitsversorgung. Das Unternehmen hatte den Index-Gestaltern vor allem gefallen, weil es das SDG „Gesundheit“ perfekt abdeckt und eine Reihe von Management-Maßnahmen eingeleitet hatte, die die Messbarkeit der ESG-Fortschritte verbesserte. Doch das wiegt die Kontroverse natürlich nicht auf.

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Positionsgetreuer Wechselt

Den Platz von Philips übernimmt die britische Convatec Group – im Sport würde man von einem positionsgetreuen Wechsel sprechen, denn auch dieses Unternehmen ist in der Medizintechnik tätig. Convatec entwickelt, produziert und vermarktet medizinische Produkte, die sich auf Therapien für das Management chronischer Krankheiten konzentrieren. Vier Geschäftsbereiche adressieren die Versorgung von Patienten mit chronischen und akuten Wunden, Stomapflege (künstliche Körperöffnungen), Kontinenz- und Intensivpflege sowie Infusionsgeräte zur Behandlung von Diabetes und anderen Erkrankungen. ConvaTec überzeugte auch den GCX-Expertenbeirat durch gute Leistungen in Bezug auf branchenspezifisch besonders relevante Nachhaltigkeitsthemen und -risiken, wie im Bereich Produktsicherheit. „Das außerplanmäßige Rebalancing zeigt, dass wir jederzeit bereit sind, Unternehmen zu ersetzen, die den sehr hohen Ansprüchen des GCX nicht mehr entsprechen. Dadurch sichern wir die Qualität der Indexzusammensetzung und kommen den Erwartungen des Anlegerpublikums entgegen“, betont Janssen.

California Water Service Group

Im Folgenden stellen wir die neuen Index-Unternehmen kurz vor. Mit der California Water Service Group befindet sich nun der drittgrößte börsennotierte Wasserversorger in den USA im Portfolio. Der überwiegende Teil des Geschäfts besteht aus der Lagerung, Aufbereitung, Verteilerprüfung und dem Verkauf von Wasser – nicht nur für Privathaushalte, sondern auch im industriellen und öffentlichen Sektor sowie für den Brandschutz. Das neue Indexmitglied trägt mit dem gesamten Tun zur Erreichung des SDGs Zugang zu Trinkwasser bei. Darüber hinaus weist die CWSG hervorragend geringe Werte bei Leckagen (2021 betrug die Water Loss Rate lediglich 3,9%) auf, schont nachweislich das Grundwasser und betreibt Programme, um den Wasserverbrauch der Kunden zu senken. Dank solcher Parameter lässt sich die Wirksamkeit des positiven Umwelteinflusses bemessen.

Smurfit Kappa Group Plc.

Smurfit Kappa ist in Europa der führende Anbieter bei der Produktion von Verpackungen aus Wellpappe, Wellpappenrohpapier und Bag-in-Box-Verpackungen. Als FTSE 100-Unternehmen adressiert das Unternehmen mehrere SDGs wie etwa Ressourcenschonung oder nachhaltiger Konsum. Nahezu alle Rohmaterialien werden aus eigenen Papierwerken bezogen, daher ist durchgängige Qualität ein wesentliches Merkmal des Produktangebots. Da diese Produkte vollständig erneuerbar sind und nachhaltig produziert werden, verringert sich auch der ökologische Fußabdruck jener Unternehmen, die diese Verpackungslösungen nutzen.

75% recycelte Fasern im Prozess

Aus Nachhaltigkeitssicht überzeugt vor allem der Umstand, dass Smurfit Kappa 2021 bereits 75% recycelte Fasern im Produktionsprozess aufwies. Etwa 15% des weiteren Materials stammen nachweislich aus zertifiziert nachhaltiger Forstwirtschaft. Um die Produktionssicherheit weiter zu verbessern wurde ein extern überwachtes Hygienekonzept eingeführt. Es sind Umwelt-Management-Systeme in Arbeit, mit denen die Umweltauswirkungen reduziert werden sollen. Smurfit Kappa verfolgt eine umfassende Strategie gegen den Klimawandel und hat ein wissenschaftlich basiertes Reduktionsziel für den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen gesetzt. In der Beschaffungskette werden aktuell die Umweltauswirkungen bemessen und mit der Bewertung des Life-Cycles der Carbon Footprint festgestellt. Auch bei diesem Unternehmen sorgt eine gute Datenlage für hohe Nachvollziehbarkeit und Bemessung der Nachhaltigkeitsfortschritte.

SOLARIA ENERGIA Y MEDIO AMBIENTE SA

Solaria Energia ist Pionier in der Entwicklung und Erzeugung von Photovoltaikstrom in Südeuropa. Bis 2030 sollen 18 Gigawatt emissionsfreier Energie installiert sein. Von der Herstellung von Photovoltaik-Modulen bis hin zur Entwicklung und Verwaltung von Solaranlagen reicht das Geschäftsmodell. Solarthermie und Windkraft sind weitere Tätigkeitsfelder. Solaria hat mit einem Safety&Health-Plan erreicht, dass die Unfallrate in Produktion, Installation und Betrieb sehr niedrig ist. Bei der Planung neuer Solarparks wird eine umfassende Umweltprüfung vorgenommen die ausschließt, dass in ökologisch wertvollen Gebieten gebaut oder die Biodiversität anderweitig gestört wird.

vtfds2023-Mediathek

Zusammengefasst

Das außerplanmäßige Rebalancing zeigt, dass Governance-Themen gleichwertig zu Nachhaltigkeitsfragen ernst genommen werden. Stiftungen können somit sicher sein, einen rundum soliden ESG-Faktor in ihrem Portfolio zu besitzen. Und der – so zeigt es die schnelle Erholung des Kurses – auch auf der Performance-Seite zukunftsfest sein sollte. Das wiederum dürfte für Stiftungsvermögen eine wertvolle Information sein.