Stiftungsvermögen mit Blick auf 2030 zu verwalten, braucht Strategie und Haltung. Dabei bewirken, inspirieren und bewegen Stiftungen viel – und diese Faszination teilt auch Berenike Wiener (plenum AG), die sogar ihre Doktorarbeit dem Thema Stiftungen mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage gewidmet hat. Und statt nüchterner Prognosen für das „Stiftungsvermögen 2030“ tun sich große Chancen für Stiftungen auf. Ihre Erkenntnisse teilte sie mit uns am 3. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. Und natürlich wollten wir diese Ihnen auch hier nicht vorenthalten – zusammengefasst in sechs Kernaussagen:
Stiftungen müssen ihr Potential erkennen und für sich nutzen!
Vor wichtigen Entscheidungen wie der Vermögenstrategie kann es helfen, einmal das große Ganze in den Blick zu nehmen: Als deutsche Stiftung ist man Teil eines 100 Milliarden Euro-Schwergewichts auf dem Kapitalmarkt. „Stiftungen haben ein gigantisches Potential, sowohl auf Förderseite also auch in der Vermögensanlage. Wenn Stiftungen stark sind, stärkt das auch die Zivilgesellschaft.“, dieses Potential erkannte Berenike Wiener bereits in ihrer Zeit beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. Wenn es nach ihr ginge, sollten sich Stiftungen noch selbstbewusster trauen, ihre Vorstellungen von Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage durchzusetzen.
Und welcher Typ Stiftung sind Sie?
Mit dieser Größe zeigt sich auch die Vielfältigkeit der Stiftungslandschaft. In Bezug auf das Vermögensmanagement unterscheidet Berenike Wiener zwischen zwei Typen von Stiftungen: Da sind zum einen die größeren Stiftungen mit ihren bereits bestehenden Strukturen und etablierten Kommunikationsprozessen. Auf der anderen Seite gibt es die kleineren, oft jüngeren Stiftungen, welche auf solche Strukturen noch nicht zurückgreifen können. Dinge wie die Vermögensanlage werden in dort unkonventioneller und oft innovativ angegangen, frei nach dem Motto „Erstmal machen, bis jemand aufschreit“. Gleich welchem Typ Stiftung man angehört, in jeder Größenordnung gilt es, Grundsatzfragen in Bezug auf Vermögensangelegenheiten eigenverantwortlich zu beantworten, um daran die Strukturen und das Handeln der Stiftung ausrichten zu können.
Beweisen Sie Mut in Vermögensfragen!
Berenike Wiener plädiert deshalb für eine klare Haltung von Stiftungen in der Vermögensanlage. Dies bedeute allem voran, Nachhaltigkeit für sich als Stiftung konkret zu definieren und den Blick über den Tellerrand der einzelnen Anlagetitel zu wagen, somit Vermögensfragen wie strategische Entscheidungen anzugehen. Ein solcher Perspektivwechsel erfordere den Mut, die Dinge anders zu machen als zuvor. Mut, der in diesem Fall jedoch mit Sicherheit belohnt wird: „Nachhaltigkeit ist Risikomanagement und letztendlich eine strategische Entscheidung.“, sagt Berenike Wiener. Hat eine Stiftung Nachhaltigkeit definiert und konkretisiert, wird ihr auch die Umsetzung entsprechend leichter fallen. Und was ist das wichtigste Instrument einer Stiftung für die strategische Vermögensanlage? Richtig, ihre Anlagerichtlinie.
Wie Sie Nachhaltigkeit in Ihrer Anlagerichtlinie übersetzen
Eines schon mal vorweg: Es gibt bereits viele Stiftungen mit Anlagerichtlinien. Es gibt auch einige, die das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Anlagerichtlinie effektiv implementiert haben. Was unterscheidet solche Anlagerichtlinien von anderen, an denen noch etwas Nachbesserungsbedarf besteht? Negativkriterien wie der Ausschluss von Anlagen in die Rüstungsindustrie oder den Tabakhandel sind der erste Schritt, worauf die Formulierung von Positivkriterien folgen sollte, diese geben die strategische Richtung einer Anlagerichtlinie vor. Dies kann nach Berenike Wiener davor schützen, sich in Einzeltiteln zu verlieren. Stiftungen sind also in diesem Schritt gut beraten, sich intensiver mit beispielweise den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 auseinandersetzen, um sich hieraus bestimmte Aspekte für die Verwirklichung des eigenen Stiftungszwecks zu greifen. Letztendlich ist somit auch die Ausgestaltung der Anlagerichtlinie eine Haltungsfrage.
Kommunikation und Transparenz in der Vermögensanlage
Diese Ausrichtung hat nicht nur Vorteile in der Vermögensstrategie einer Stiftung, sie kann auch bewusst für die Außenwirkung einer Stiftung genutzt werden. Neben dem gemeinnützigen Kerngeschäft des Stiftungswesens könnten Stiftungen auch mit ihren Prinzipien für eine nachhaltige Vermögensanlage nach außen treten, somit durch ihre Nachhaltigkeitskriterien im Stiftungsvermögen mit der Öffentlichkeit kommunizieren. Als Medium bieten sich beispielsweise die Jahresberichte von Stiftungen an, schlägt Berenike Wiener vor. Diese Offenheit in Vermögensfragen schafft Vertrauen, was wiederum positive Effekte auf das Fundraising haben kann.
Stiftungsfonds sollten sich an Stiftungen orientieren
Kommunikation und Offenheit wünscht sich Berenike Wiener vor allem zwischen Fondsanbieter und Stiftungen. Stiftungsfonds finden bei Stiftungen auch wegen ihres Namens Anklang. Nun darf man sich schon mal die Frage stellen, was einen für Stiftungen proklamierten Fonds von einem „nur“ grünen und allgemein zugänglichem Fonds unterscheidet. Ohne misstrauisch zu klingen, darf man als Stiftung auch mal verstärkt nachfragen und ein Reporting einfordern, rät Berenike Wiener. Und nachdem man eine klare Haltung in Anlagefragen beziehen kann, fällt es auch leichter, diese Fragen zu stellen.
Zusammengefasst
Mit Strategie und Haltung gehen wir also das „Stiftungsvermögen 2030“ an. Die Prognose nach Berenike Wiener sieht positiv für Stiftungen aus, vorausgesetzt, sie erlauben sich eine gesunde Portion an Selbstvertrauen und den nötigen Tatendrang. Nachhaltigkeit konkret definieren und implementieren im Innen gehört dabei genauso dazu wie das Nachhaken gegenüber der Anbieterseite von Vermögensanlagen im Außen.
Das Gespräch mit Berenike Wiener im Rahmen des 3. Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen können Sie in voller Länge in unserer Mediathek abrufen.