Stiftungen sind nicht der Reparaturbetrieb des Staates

Das war die StiftungsApéro WinterTour 2025 – unsere 3 Lehren

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Das war die StiftungsApero WinterTour 2025
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Es war in Hamburg, und der Satz fiel im Rahmen der Impulse, die zu Beginn eines jeden StiftungsApéros Denkanstöße à la „Was treibt Sie an, was treibt Sie aktuell um?“ für das folgende Essen, Trinken & Reden liefern. Gesagt hat diesen Satz Matthias Schmolz, Geschäftsführer des Deutschen Stiftungszentrums in Essen, beim Grand Finale der StiftungsApéro WinterTour in Hamburg: „Stiftungen sind nicht der Reparaturbetrieb des Staates.“. Der Satz fiel im Kontext der Diskussion um die Emanzipation des Dritten Sektors. Muss er sich freier vom Staat und dessen Zuwendungen machen? Die Antwort ist ja, ergänzt um ein gerade jetzt, und das mit guten Gründen. Wir blicken zurück auf die 6 Stationen der StiftungsApéro WinterTour 2025.

Start der StiftungsApéro WinterTour 2025 war am 22.1.2025 in Fulda. In der osthessischen Stadt, bekannt unter anderem durch das im Kalten Krieg so benannte Fulda Gap, zeigte sich, was die DNA eines StiftungsApéro ist bzw. sein muss: das persönliche Austauschen, das persönliche Kennenlernen, das direkte Miteinander. Wir wurden begrüßt von Aylin Jordan von der Bürgerstiftung antonius gemeinsam Mensch, sie brachte für das Vorgespräch eine Luftaufnahme der Liegenschaften ihrer Stiftung mit, erklärte, was die Stiftung in und um Fulda herum alle bewerkstelligt. So abgeholt gingen wir, Kathrin Succow und ich, in die Fulda-Premiere des StiftungsApéros. Es war dies ein Stuhlkreis-Apéro, der von großer Offenheit geprägt war. Und das ist auch unsere Lehre Nummer 1, die wir von den 6 StiftungsApéros im Winter 2025 mitnehmen.

StiftungsApéro WinterTour 2025 - Die Tourdaten

Lehre Nummer 1: Stiftungen sehen im Täglichen etliche Herausforderungen

Bei einer Stiftung hieß es, wir sind zu klein, um große Sachen machen zu können, aber mehr ordentliche Erträge und den einen oder anderen Ehrenamtlichen brauchen wir schon. Eine andere Stiftung merkte im Zuge der Diskussion in der Runde, wie wichtig Story Telling künftig sein wird, wie wichtig es ist, gesehen zu werden. Dass Stiftungen kommunizieren, und zwar mehr, wird wichtiger werden, insbesondere wenn die Emanzipation des gesamten Sektors vorankommen soll. Derlei kann nur geschehen, wenn jede einzelne Stiftung sichtbarer wird, und darüber dann der Sektor als Ganzes. In Erfurt lernten wir von Stiftungsexpertin Dr. Almuth Werner, dass die Stiftungsrechtsreform Fortschritt für den Sektor bedeutet, dass diese Fortschritte aber eben auch gelebt werden müssen. Florian Becker-Gitschel von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, unser Gastgeber beim dortigen StiftungsApéro, wies zudem darauf hin, dass Stiftungspraxis aktuell Veränderungen unterworfen ist, die ein aktives Gestalten auf der Stiftungsseite verlangen.  

Dazu gibt es leidige Themen wie die Anlagerichtlinie (Nathalie Weng und Lisa Böttcher vom Dt. Stiftungszentrum insistierten beim StiftungsApéro in Essen auf die Wichtigkeit dieses Werkzeugs) – wieso tun sich deutsche Stiftungen bei diesem „Ding“ eigentlich so hart? Natalie Richter (beim StiftungsApéro in Berlin) und Olaf Brandenburg beim Grande Finale in Hamburg stießen ins gleiche Horn, wiesen aber auch darauf hin, dass Anlagekonzept, Anlagerichtlinie und Anlageuniversum strukturiert aufgesetzt auch keine Raketenwissenschaft sind – es aber das Wollen in den Stiftungsgremien schon braucht. Warum Stiftungsvermögen immer nur so mitgemacht wird, und nicht mitgedacht wird als dienender Eckpfeiler für alles, was die Stiftung auf der Ausgabenseite vorhat? Langsam habe ich auch keine Erklärung mehr dafür, aber wie heißt es so schön: „Wir bohren Bretter nicht, weil sie dünn sind, sondern weil sie dick sind.“

Det is StiftungsApéro wa

Lehre Nummer 2: „So n‘ bisschen Fundraising“ kann nicht der Ansatz sein

In Essen nahm sich Stiftungsexperte Joachim Sina von Grün alpha des Thema Fundraising an, wies dabei auf den schwierigen Spendenjahrgang 2024 hin. Es wird nicht einfacher, im Fundraising erfolgreich zu sein, er gehört heute mehr Handwerk dazu – aber auch mehr Durchhaltewillen. Denn das große Wort Zeitenwende stand wie der weiße Elefant im Raum, gemeint war das Aussetzen von Mittelzusagen seitens der USA für Hilfsorganisationen überall in der Welt. Hier zeichnen sich Löcher auf der Einnahmeseite ab, auf der anderen Seite (und darauf kommen wir gleich noch einmal zu sprechen) könnte diese Zeitenwende auch bedeuten, dass die Stiftungs- und Engagementlandschaft von innen heraus an ihrer Kräftebasis wird arbeiten müssen. Stiftungen, bitte in den Kraftraum, möchte man es vielleicht beformeln.

StiftungsApéro WinterTour 2025

Matthias Renner und Thomas Schiffelmann, ihres Zeichens für die internationale Hilfsorganisation Handicap International arbeitend), nahmen diese Steilvorlage auf. Einmal um darauf hinzuweisen, was ausgesetzte Mittelzusagen für eine weltweit agierende Hilfsorganisation bedeuten (es müssen tatsächlich einzelne Projekte auf Eis gelegt werden), was auf der anderen Seite aber der Wert etwa von Innovationen in der Arbeit einer Hilfsorganisation sein kann – und wie wichtig dies sein kann, um Spender und Unterstützer neu anzusprechen bzw. fester an sich zu binden. Bindungskraft, das war auch so ein Aspekt beim StiftungsApéro in Frankfurt/Main, mitgebracht hat ihn Wolfgang Sperber von der Ustinov Foundation. Wir alle kennen Sir Peter Ustinov, aber der doch langsam nachlassende Ruhm des Stifters und die im oberen Alterssegment angesiedelte Spenderstruktur fordert die Stiftung heute mehr denn je heraus. Wolfgang Sperber berichtete von den Überlegungen, die ihn damit derzeit umtreiben, und wie wichtig es ist, den Professionalitätsregler eine Raste weiter zu drehen. Das betrifft auch die Social Media-Aktivitäten, Digital Change Agent Andreas Wagner brachte hier in Hamburg 6 Fehler mit, die wir alle auf LinkedIN und Co. schon mal gemacht haben. Wir sagen es so: Reflektion hilft.

Lehre Nummer 3: Wenn Stiftungen Kräfte bündeln, hören sie auf, Spielbälle von irgendwem zu sin

Was gewinnen Stiftungen, wenn sie Kräfte bündeln? Das ist schwer, viel einfacher ist es zu sagen, was Stiftungen bzw. der Stiftungssektor hierzulande verlieren, wenn sie genau das nicht tun. Zu diesem Gedanken trugen unsere Gäste praktisch auf allen StiftungsApéros Erinnerungswürdiges bei. Kräfte nicht zu bündeln hieße, als einzelne Stiftung weniger sichtbar zu sein. Kräfte nicht zu bündeln hieße, Zugänge zu verlieren, zu Diskursräumen, zu Denkräumen, zu Netzwerken, die für die Einnahmeseite Impulse setzen könnten. Kräfte nicht zu bündeln hieße, dass einzelne Stiftungen, die das bewusst (und sicher auch mit guten Gründen) für sich entscheiden, überproportionale Anstrengungen unternehmen müssten, um ihren bisherigen Platz zu behaupten.

StiftungsApéro WinterTour 2025


Kräfte nicht zu bündeln hieße, die Zivilgesellschaft zu schwächen, denn so ein „Jeder für sich“-Signal wird auch außerhalb des Stiftungs- und Engagementsektors von den verschiedenen Akteuren dort durchaus vernommen. Matthias Schmolz (in Hamburg) und Stefanie Berger (in Essen), beide Geschäftsführer des Dt. Stiftungszentrums, stellten in ihren Impulsen u.a. darauf ab, und machten Mut. Es bewegt sich was, im Sektor, und darüber hinaus. Dr. Anna Kraftsoff, Standortleiterin in Berlin, berichtete zudem davon, was durch die Gesetzesnovellen zuletzt aus Stiftungssicht nicht geregelt wurde, und das sei genau das Politische gewesen. Wir leiten aus dem Gehörten und aus den Diskussionen ab, dass im Stiftungssektor derzeit einige grundlegende Gedanken angestellt werden, die richtig sind. Andererseits muss auch jede einzelne Stiftung schauen, aus sich selbst heraus stärker zu werden. Denn der Stiftungs- und Engagementsektor kann sich einen Bedeutungs- und Gewichtszuwachs (dem qua Erbmasse in den nächsten 15 Jahren ein Möglichkeitenzuwachs vorausgehen wird) nicht nur herbeidenken, er muss ihn sich erarbeiten – und hier ist dann jede Stiftung für sich gefordert. Umso wichtiger sind Austausche, Diskussionen und Gespräche, wie wir sie während und am Rande unserer StiftungsApéros führten. Denn über Veränderungen zu reden, ebnet den Weg zu Grundlagen, auf deren Basis dann sind oft schon die richtigen Dinge entstanden.
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Zusammengefasst

Mit Stationen in Fulda, Erfurt, Essen, Frankfurt/Main, Berlin und Hamburg war die StiftungsApéro WinterTour 2025 die bisher umfang- und Gäste-reichste. Rund 200 Gäste kamen unserer Einladung in den 6 Städten nach. „Chief StiftungsApéro Officerin“ Kathrin Succow beschrieb es in einer Ihrer Moderationen wie folgt: „Es ist schön zu sehen, dass ein Format wie der StiftungsApéro wächst, noch wichtiger ist uns aber zu sehen, dass der Bedarf nach persönlichem wie fachlichem Austausch im Lokalen noch schneller wächst.“. Das ist das was uns derzeit stark umtreibt und damit auch antreibt (Jeder Impulsgeber der StiftungsApéros wird sich der Worte erinnern, wir fragen zu Beginn ja auch immer, was treibt Sie an, und was treibt Sie derzeit um), den StiftungsApéro weiter zu entwickeln. Entsprechend startet am 19.8.2025 die nächste StiftungsApéro SommerTour, wir freuen uns drauf, wir geben uns Mühe, wieder ne Schippe drauf zu legen. Und so sie Anregungen für Orte haben, oder einen Impuls mitbringen möchten, dann schreiben Sie gerne an Kathrin Succow, sie verantwortet die StiftungsApéros seit diesem Jahr und nimmt sich Ihres Anliegens sehr gerne an:k.succow@stiftungsmarktplatz.eu. In diesem Sinne, wir sehen uns, im Sommer, ab 19ten August, bei der StiftungsApéro SommerTour 2025