Browser oder Searcher

Auf welchen Typ Websitenutzer sich Stiftungen einstellen sollten

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Browser oder Searcher
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Als ich kurz nach dem Übersiedeln aus der DDR in die Bundesrepublik in der Schule von meinen neuen Klassenkameraden gefragt wurde, ob ich Rapper oder Metaller bin, war ich mit dieser Frage überfordert. Es ging in dieser Frage um Musik, nur wuchs ich mit IC Falkenberg, Rockhaus, Frank Schöbel und durch heimliches Hören auch Nena auf, konnte entsprechend nicht darauf antworten. Vielleicht geht es Stiftungsverantwortlichen heute ähnlich, wenn sie von ihrer Websiteagentur gefragt werden, ob sie eher Searcher oder Browser ansprechen wollen.

Um den Internetauftritt einer Stiftung zu überarbeiten, braucht es einige ganz grundsätzliche Überlegungen. Zu Beispiel sollte die Frage beantwortet werden, was die Stiftung macht, warum sie das macht und wohin sie will. Derlei gilt es dann in knackige Bilder zu kleiden und anzureichern mit einem kurzen Video des Vorstands, wie er diesen Kern der Stiftung locker präsentiert. Aber auch Dinge wie ein Spendenbutton gilt es zu setzen, die Projektrubrik zu füllen und auch das Mitmachen potentieller Unterstützer zu motivieren. Dies alles jedoch würde eine Agentur unter einer zentralen Frage aufhängen: Wollen Sie mit Ihrer Stiftungswebsite, mit dem Internetangebot Ihrer Stiftung, eher Browser oder eher Searcher ansprechen. Browser oder Searcher, das ist wie die Frage meiner neuen Schulkollegen nach Rapper oder Metaller, wobei ich diese Frage mit „Momentan steh‘ ich auf Techno“ zwar umschiffte aber nicht beantwortete.

DER SEARCHER WILL ES WISSEN

Für Stiftungen steht also auch die Frage im Raum, ob sie Searcher oder Browser auf die Seite ziehen wollen. Searcher, das sind jene Internetnutzer, die genau nach einer bestimmten Sache suchen, die sich vertiefen, die sich Notizen zu ihrer Recherche machen und die ganz tief in eine Materie eintauchen. Diese Searcher werden natürlich nicht fündig, wenn ich meine Stiftung nur mit zwei Sätzen beschreibe, wenn die Projektberichte aus kleinen Textblöcken ohne Bilder bestehen und wenn es zum Tun der Stiftung keinen weiteren Hintergrund gibt. Etwa zur Historie, zum Ausgangspunkt der Projektarbeit, zu Kooperationen entlang des Projekts mit anderen Stiftungen oder zu den Wirkungsgraden der Stiftungsarbeit bzw. der Aktivitäten, die gefördert wurden. Searcher sind sicherlich nicht einfach zu befriedigen, und vor allem eher weniger mit emotionalen Geschichten, sondern hier möchte jemand wissen, ob seine Weihnachtsspende in gute Hände gerät.

DER BROWSER LÄSST SICH TREIBEN

Bei den Browsern verhält es sich ein wenig anders. Diese lassen sich im Internet ein bisschen treiben, so wie jemand der sich beim vorweihnachtlichen Bummel von Schaufenster zu Schaufenster treiben lässt. Hier wird geschaut, dort eine Bilderstrecke geclickt, hier geht es weniger um die Tiefe als das allgemeine Wohlfühlen mit dem was ich sehe. Stiftungen können derlei motivieren, indem sie für ihre Website eine einfache Nutzerführung vorsehen, indem sie starke Bilder einsetzen, ggf. auch zum Einstieg, indem sie Wertigkeit zur obersten Prämisse der Websitegestaltung erheben und das Spenden zu einer tollen Gelegenheit machen. Browser melden sich auch gerne mal für den Newsletter an, um einfach ganz niedrigschwellig und ohne viel Aufwand regelmäßig zu einer Stiftung informiert zu bleiben.

ZUSAMMENGEFASST

So eine Stiftung darüber nachdenkt oder bereits mit einer Agentur darüber spricht, die Website neu zu gestalten, sollte sie auch Gedanken hinsichtlich dieser beiden Nutzergruppen mit in ihre Überlegungen mit auflegen. Beide Gruppen können von Stiftungswebsites abgeholt werden, vermutlich aber nicht von jeder Website zu gleichen Teilen. Für Searcher darf es mehr Tiefe sein, zu einem Zweckthema etwa, das zieht diese Nutzer in die Seite hinein Für Browser wiederum sind es eher viele Einstiege in die Welt der jeweiligen Stiftung, die verfangen. Searcher oder Browser, diese Feinheit sollten Stiftungen bei einem Website-Relaunch bedenken, und für sich beantworten. Aber vielleicht nicht so, wie ich mich vor 30 Jahren an eine Antwort herantastete.