„Unser track-record zeigt, dass es funktioniert“

Wir sprechen mit Leo Willert abermals über das Vermeiden von Drawdowns und welche Rolle das Steuern der Aktienquote dabei spielt

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Drawdown-Talk Teil 2
Lesezeit: 3 Minuten

In Teil 1 unseres ausführlichen Drawdown-Talks mit Leo Willert von ARTS Asset Management haben wir die auf die Vermeidung von draw-downs abzielende Strategie vorgestellt. Folgend geht es um die mögliche Adaption der Strategie durch Stiftungen, denn das Vermeiden von Drawdowns ist eine aus Stiftungssicht sehr wichtige Disziplin in der Verwaltung des Stiftungsvermögens. Wichtig ist dabei zum Beispiel das Steuern der Aktienquote, ein in Zeiten wie den jetzigen mächtiger Hebel.

Welche besonderen Vorteile bei den speziellen Bedürfnissen von Stiftungen an den Kapitalerhalt sehen Sie bei der Verwendung Ihrer prognosefreien Strategie?

Willert: Die größte Stärke ist das aktive Steuern der Aktienquote. Durch unseren track-record in den vergangenen 20 Jahren können wir nachweisen, dass wir den draw-down im Vergleich mit dem MSCI World signifikant verringern konnten. Das System funktioniert also. Unser maximaler Rückschlag lag in dieser Zeitspanne bei 18%, das heißt, mit Gewinnen um 20% sind unsere Kunden wieder auf dem Ausgangslevel gewesen. Bei den 55%, die der MSCI World als maximalen Wertverlust hatte, benötigt man über 120% Gewinn, um sein Geld wiederzuerhalten.

Regeln Sie alles über die Gesamt-Aktienquote?

Nein, hinzu kommt, dass wir mehrere Sicherungssysteme implementiert haben, zum Beispiel eine aktive stop-loss-Politik auf tagesaktueller Basis. Jeder Fonds und jeder Einzeltitel, der von unserem System gekauft wird, erhält zum Kaufzeitpunkt einen stop-loss-Level, den das System vorgibt: Mehr als die definierte Grenze ist nicht erlaubt, dann wird das Produkt einfach abverkauft. Hintergrund ist es, starken Bewegungen in einzelnen Sektoren nicht zu stark ausgeliefert zu sein. Wenn wir zum Beispiel im Sektor IT oder Biotech Positionen aufgebaut haben und es zu einer massiveren Abwärtsbewegung kommt, wollen wir nicht warten, bis durch die Reduktion der Aktienquote Verluste eingedämmt werden.

Stiftungen setzen auf Diversifikation im Portfolio, um Risiken zu minimieren. Was kann Ihr Ansatz dazu beitragen?

Eine wichtige Eigenschaft unseres Ansatzes liegt in ihrer sehr geringen Korrelation zu klassischen buy&hold-Handelsansätzen. Beispielsweise unser reiner Anleihenfonds, den wir seit 19 Jahren managen und der in dieser Zeit eine Performance von etwa 4% p.a. aufweist, ist damit deutlich besser als der breite Index bei einer Korrelation von nur 0,2. Das ist ja das Spannende: Wir sagen ja nicht, dass ein Investor 100% in unsere Produkte stecken sollte, aber ein trendfolgendes, prognosefreies Momentumprodukt sehr wohl einen wichtigen Baustein in einem Gesamtportfolio zu Beispiel von Stiftungen darstellt.

Wie viel Prozent würden Sie für Stiftungen als angemessen erachten?

Ich würde sagen irgendwo in der Größenordnung von 10 bis maximal 20%. Ich würde ohnehin nie einem einzelnen Assetmanager mehr als 20% geben. Denn jedes System, auch unseres, hat seine Stärken und Schwächen.

Welche Schwächen sehen Sie?

Für uns sind Szenarien wie etwa 2011 schwierig, so ein volatiler Seitwärtsmarkt, in dem es zu keiner klaren Trendausrichtung kommt. Da performen wir schlechter als ein klassischer buy&hold-Ansatz. Nach dem Crash in der Finanzkrise 2009 begannen die Aufwärtsbewegungen im März, drei Wochen haben wir dabei völlig versäumt, da hatte der MSCI World schon 10% Plus gemacht. In den folgenden Wochen hat unser System die Aktienquote fast auf 100% angehoben und unsere Fonds konnten dann gut performen. Binnen zwei Monaten hat unser Fonds dann 17% gut gemacht. Die Herausforderung ist es eben, das System so zu kalibrieren, dass man nicht auf jede kleine Gegenbewegung zu schnell reagiert. Denn wenn man nach einer kleinen Zwischenrallye schon wieder fast voll investiert ist, kann das zu erheblichen draw-downs führen, da man zu viele Fehlsignale hat. Auf der anderen Seite darf man nicht zu spät kommen, um nicht den Großteil einer Erholung zu verpassen. Das ist immer ein Abwägen, da gibt es auch keine Perfektion.

Stiftungen reglementieren durch Anlagerichtlinien häufig ihrem Investitionskosmos, etwa durch Ausschlüsse bestimmter Branchen oder Positivkriterien wie Nachhaltigkeits-Kennzahlen. Kann Ihr Handelssystem darauf eingehen?

Das ist etwas, das sich durch Einzeltitel abdecken lässt. Bei den Fonds, in die wir investieren, haben wir keinen vollständigen look-through. Bei unserem ESG-Fonds ist es schon so, dass wir zusammen mit unserer Nachhaltigkeitsagentur ISS ESG, also der ehemaligen Oekom Research in der Lage sind, solche Vorgaben umzusetzen. ISS ESG filtert für uns das Aktienuniversum nach Unternehmen, die den Kriterien des FNG-Siegels entsprechen und in die wir somit investieren können. Im Rahmen eines Spezialmandats lassen sich solche Strategien für Stiftungen auch maßschneidern, aber dann muss aus Kostengründen eine Summe von üblicher Weise fünf bis besser 10 Mio. EUR investiert werden.

Das heißt im Umkehrschluss: Mit Ihren anderen Dachfonds, die eben nicht auf Einzeltitel setzen, können Sie das derzeit nicht umsetzen?

Nein, weil wir keinen vollständigen look-through haben und das Universum verfügbarer ESG-Zielfonds zu klein und zu wenig diversifiziert ist. Wir sind allerdings gerade dabei, einige unserer Dachfonds als nachhaltig nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung umzustellen und damit auch für Stiftungen sehr interessant zu machen.

Sehr geehrter Herr Willert, vielen Dank für dieses interessante Interview.