Unternehmer sind Anstifter

Wir rezensieren das neue Buch von Felix und Christoph Kroschke

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Rezension Anstiften, Aufbauen
Lesezeit: 5 Minuten

Unternehmer sind Anstifter, oder können dies zumindest sein. Oder müssen es sein. Anstifter im Sinne von Menschen, die Dinge in Bewegung bringen. Unternehmen kommt eben von unternehmen, und nicht von unterlassen. Felix und Christoph Krosche gehen nun noch einen Schritt weiter und stellen die These auf, dass für Unternehmer stifterisches Engagement in jedem Fall fester Bestandteil ihres Tuns sein muss. Wir haben ihr Buch „Anstiften Anstoßen Aufbauen – Unternehmerisches Engagement schafft sozialen Frieden“ einmal quergelesen – und dabei das gemacht, was das Titelbild suggeriert: zwischen den Zeilen gelesen.

Heute lese ich in einer der führenden deutschen überregionalen Tageszeitungen, dass sich eine ganze Gründergenration kaputt arbeite und durchaus auch Angst davor hätte, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Offen gestanden kann ich mit dieser Analyse viel anfangen, sie holt mich ab, als Gründer, Jung-Vater und Ideengeber hinter einer Plattform, die der deutschsprachigen Stiftungslandschaft niedrigschwellig Anregungen und Tipps für ein professionelleres Doing im Täglichen geben möchte. Auch ich frage mich hier und da, ob es die richtige Zeit ist, Unternehmer zu sein, ob das Unternehmersein hierzulande eigentlich noch eine Chance hat – und ob ich als Unternehmer auch mal in der Lage sein werde, etwas zurückzugeben. Genau mit dieser Frage befassen sich Felix und Christoph Kroschke in ihrem Buch „Anstiften Anstoßen Aufbauen – Unternehmerisches Engagement schafft sozialen Frieden“ en detail.

UnternehmerInnen ziehen der Karren

Denn es ist diese eine Frage, die unternehmerisches Handeln erst recht im Hier und Jetzt legitimiert. Neben dem Schaffen von Arbeitsplätzen und der Wertschöpfung an sich müssen Unternehmerinnen und Unternehmer heute eine sehr viel klarere Vorstellung davon haben, dass unternehmerisches Engagement eine gesamtgesellschaftliche Funktionalität innehat. Das Anliegen von Felix und Christoph Kroschke ist dabei eines auf der Höhe der Zeit. Die beiden Autoren fragen sich zurecht, wie es denn sein könne, dass bei Unternehmen plötzlich Milliardenbeträge vom Konto verschwinden können. Wie könne es sein, dass sich Verantwortungsträger mit öffentlichen Geldern Bürorenovierungen bezahlen lassen, in einer Welt im Krisenmodus? Wir lesen zwischen den Zeilen: Die Menschen verlieren das Vertrauen nicht nur in die Politik, sondern auch in sämtliche Verantwortungsträger, und damit letztlich auch in die Unternehmerschaft.

Die Quick Facts zum Buch

Titel: Anstiften Anstoßen Aufbauen – Unternehmerisches Engagement schafft sozialen Frieden
Autoren: Felix Kroschke, Christoph Kroschke
Seitenzahl: 201
Verlag: Murmann Publishers GmbH, Hamburg
Erscheinungsjahr: 2023
ISBN: 978-3-86774-757-8
Internet: www.murmann-verlag.de

Rezension Quick Facts

Wenn Verantwortungen verschwimmen…

Der Themenaufriss ist damit auf der Höhe der Zeit gewählt, die Rückkehr des bürokratischen Staates wird als Antwort des Zeitgeists auf die Probleme der Zeit dargestellt, und damit dürften die beiden Autoren sich durchaus den Unmut einiger Würdenträger in den Amtstuben zuziehen. Was uns an dieser Analyse gut gefällt ist der Rückgriff auf die Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008, mit der Folge, dass vor allem in der Politik das so genannte Mikromanagement zur Tagesordnung wurde. Apparate werden aufgebläht, Verfahren ziehen sich, Verantwortungen verschwimmen – es ist wie in den 80er Jahren in einem Deutschland, dass es nicht mehr gibt. So lesen wir es zwischen den Zeilen, dass unser Staat mit vielen Aufgaben überfordert ist (so wie das Politbüro in den 80ern mit den Aufgaben überfordert war, und an ihnen im kolossalen Ausmaß scheiterte).

Ein Blick in die eigene Biografie

In Ihrem Buch machen Felix und Christoph Kroschke aber noch einen weiteren Rückgriff: auf die Anfänge ihres eigenen Familienunternehmens. Elfriede und Martin Kroschke begannen im Jahr 1957 in einer Kellerwerkstatt in Braunschweig damit, Autoschilder herzustellen. Sie waren DDR-Flüchtlinge, die erst kurz davor aus dem anderen, sozialistischen Deutschland in die Bundesrepublik gekommen waren. Man erfährt zudem, dass die Familie noch eine Flüchtlingsgeschichte „davor“ zu erzählen hat. „Die Anfänge unserer Firma waren nicht untypisch für die Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Mit Geschick, Glück und dem kollektiv vollbrachten Wirtschaftswunder vollbrachten es viele Menschen, sich nach vorn zu arbeiten“. So steht es auf Seite 37 zu lesen, wir lesen zwischen den Zeilen etwas, das sich womöglich immer mehr Menschen in unserem Land denken: Sich nach oben zu arbeiten, das wird immer schwieriger, woraus sich ein eher gemischtes wenn nicht gar düsteres Bild für die jeweils eigene Zukunft ableitet.

Organisationen muss man vertrauen

Persönlich mag ich solche Einblicke in Biografien sehr, auch was im Weiteren etwa zum Tun in der Kroschke Kinderstiftung beschrieben wird, holt mich doch schon ziemlich ab. Immer schwingen in den Worten von Felix und Christoph Kroschke die Widerstände mit, die sie als Unternehmer und Stifter zu überwinden hatten. Sie arbeiten auch immer sehr schön ihren Blick über den Tellerrand heraus. Etwa jenen in die USA und dortige Kultur des Gebens, die sie – man muss die US-Verhältnisse in unseren Augen immer richtig einordnen – inspiriert hat für ihr eigenes stifterisches Engagement. Felix und Christoph Kroschke zitieren den britischen Philanthropie-Experten Rhodri Davies, der in der Analyse des Tun von Mackencie Scott, der Ex-Frau von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Sie würde in ihrem philantropischen Engagement nicht kleckern, sondern klotzen, vor allem aber würde sie den Organisationen vertrauen. Da ist es wieder, das Wort vertrauen.

Kennen Sie das Wort Philantropiekapitalismus?

An diesen Stellen ist den beiden Autoren anzumerken, dass sie der Themenkreis Philantrokapitalismus umtreibt, und uns gefällt dies sehr gut. Über den Rand des eigenen Horizonts zu blicken, das weitet den Horizont, und es sortiert auch das eigene stifterische Engagement. Denn als Stifter ist man keine Insel, genausowenig wie als Unternehmer. Hier ermöglicht das Buch das Eintauchen in das, was Stiftungen im Täglichen umtreibt, was den Sektor übergeordnet umtreibt, und welche Fragen er künftig beantworten bzw. welche Ansprüche er künftig befriedigen wird müssen. Zwischen den Zeilen lesen wir heraus, dass sich ein Unternehmer, der sich mit einer Stiftung ein Denkmal bauen möchte, aus der Zeit gefallen ist. Stattdessen ist jener Unternehmer, der sein Engagement im Kontext eines globalen Philanthropiekosmos begreift, richtig aufgeleist. Da die Probleme der Welt grenzenlos umherwabern, können auch die philantropischen Antworten darauf -in vielen Fällen – nur globale sein.

Engagement baut Brücken des Vertrauens

So die Menschen auf der Welt, und damit auch hierzulande, wieder Vertrauen in das Lösen von Problemen bekommen, dann werden sie Vertrauen in das System als solches aufbauen. Hierin liegt für uns die Botschaft von Felix und Christoph Kroschke begründet. Unternehmer sind über ihr unternehmerisches bzw. stifterisches Engagement also so etwas wie Brückenbauer für Vertrauen, weil ihr unternehmerisches bzw. stifterisches Engagement eben genau an den Problemen ansetzt, die es zu lösen gilt. Sie machen es unprätenziös, Wiederstände überwindend, schnell, effektiv, so dass die Menschen das Gefühl bekommen, hier wird geholfen, hier wird etwas zum Besseren gewendet. Haben Menschen dieses Vertrauen in den Staat noch? Wie lesen zwischen den Zeilen vier Buchstaben heraustropfen, die zusammengesetzt ein NEIN ergeben. Glasfaserkabel für schnelles Internet auf dem Land? Hat Bundeskanzler Kohl einst blockiert, bis heute hatte keine Regierung den Arsch in der Hose, diese Bremse zu lösen – oder wusste nicht, wie sie den Hebel richtig umlegt. Vertrauen in die Zukunft geht anders.

Zusammengefasst

Felix und Christoph Kroschke, zweiter Unternehmer und Stifter, haben sich in ihrem Buch Gedanken gemacht. Viele Gedanken. Noch mehr jedoch haben sie Gedankenanstöße geliefert, ein Mindset Unternehmer und Stiftungen betreffend zu verändern. Für uns ist der Versuch geglückt, denn die beiden adressieren die richtigen Themen, und fassen sie in analytische Kontexte ein. Ihre Ableitungen kommen also nicht aus dem Ungefähren, sondern aus dem Befassen mit philantropischen Fragen und deren gesellschaftlich-politischer Relevanz. Ein Bonmot von Winston Churchill, das die beiden zitieren, möchten wir hier noch erwähnen. Felix und Christoph Kroschke zitieren Winston Chruchill auf Seite 38: „Es gibt leite, die halten den Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse. Andere meinen, der Unternehmer sei eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne. Nur wenige sehen in ihm ein Pferd, das den Karren zieht.“ Ein schönes Bild, dem wir wie die Kroschkes viel abgewinnen können, und das Stiftungen bzw das dahinter stehende Engagement noch einmal in ein ganz anderes Bild rückt. Womöglich gar in ein neues, womöglich auch für mich als Unternehmer.