Stiftungen sind zu wenig sichtbar

In Cottbus und Frankfurt an der Oder auf Spurensuche im Stifterland Deutschland

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Stifterland Deutschland Trip Cottbus FFO
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Stiftungen sind zu wenig sichtbar. Viel zu wenig. Die Mehrheit der Bundesbürger weiß gar nicht, was Stiftungen alles leisten, was Stiftungen anstoßen und wo Stiftungen mit ihrem Tun den Alltag mehr prägen als es dem Einzelnen bewusst ist. Zur Vorbereitung unserer StiftungsApéro SommerTour habe ich mich auf den Weg gen Sachsen, Brandenburg und Berlin gemacht, um mal zu schauen, wo überall ich beispielsweise in Leipzig, Cottbus oder Frankfurt an der Oder auf Stiftungen treffe. Neudeutsch heißt derlei field trip, und ich bringe die Erkenntnis mit, dass es mit der Sichtbarkeit von Stiftungen oftmals nicht weit her ist. Aber: Wer suchet, der findet, in Cottbus.

In Leipzig ist der 9. Oktober 2023 stetig präsent

Stiftung Sächsische Gedenkstätten

Wer im Osten Deutschlands auf Spurensuche nach Stiftungen geht, der tut sich schwer. Einfach auf den ersten Blick mal hier und da über eine Stiftung stolpern, das passiert hier eher nicht – mit Ausnahme von Berlin vielleicht. Wir starten in Leipzig und landen wir von allein an der Runden Ecke. Wer wiederum an der Runden Ecke landet, hat automatisch den 9. Oktober 1989 im Kopf, als die Montagsdemonstration erstmals die den Innenstadtring der sächsischen Metropole bewältigte und das SED-Regime trotz durchgeladener Waffen vor der friedlichen Menschenmasse kapitulierte. Friedliche Revolution eben, und zum Gedanken daran wurde von einigen der damaligen Protagonisten die Stiftung Friedliche Revolution errichtet. Sie hält das Andenken an den 9. Oktober 1989 hoch. Aktuell ist die Runde Ecke eine Baustelle, unter anderem ist hier die Stiftung Sächsische Gedenkstätten involviert.

Bürgerstiftung Cottbus sitzt malerisch gegenüber dem Staatstheater

Cottbus Bürgerstiftung

Die Weiterfahrt nach Cottbus ist eine Punktlandung, der Regionalzug ist keine Sekunde verspätet. Bei knapp 30 Grad erkunde ich Cottbus, eine alte Garnisonsstadt, was man ihr auch ansieht. Ebenfalls präsent ist der Spreewald, die Spreewaldbahn, die es hier einmal gab, begegnet einem hier als Reminiszenz an Gebäuden. Die Geschäftsräume der Bürgerstiftung Cottbus und Region liegen in einer tollen, von Grünflächen gesäumten Villa direkt gegenüber des Staatstheaters. Die Bürgerstiftung Cottbus und Region sieht sich als Ansprechpartner und Plattform für alle, die in der Region etwas bewirken und bewegen möchten. Wir lesen dazu (so viel zum Thema Sichtbarkeit) auf der Stiftungswebsite für unseren Geschmack etwas zu wenig, und ein Flyer am Eingang würde sich auch gut machen, aber dass in der Stadt Cottbus etwas bewegt und bewirkt wird, das ist deutlich zu erkennen.

Die Stiftung für das Sorbische Volk ist aktiv und präsent

Cottbus Stiftung für Sorben

Wirklich nur ein paar Meter weiter finden wir die Büroräumlichkeiten der Stiftung für das Sorbische Volk. Wobei, es handelt sich genauer gesagt um das Wendische Haus. Wir finden zahlreiche Informationsunterlagen, der Vorabblick auf die Stiftungswebsite verrät, dass die Stiftung für das Sorbische Volk eigentlich in Bautzen ihren Sitz hat, und eine des Öffentlichen Rechts ist. An Aktualität mangelt es hier aber nicht, unzählige Aktionen und Projekte laufen parallel, um bspw. sorbische Kultur und Sprache und darüber die Identität des sorbischen Volkes zu bewahren. Hier passiert also richtig viel, die Stiftungswebsite und die darauf beschriebenen Aktivitäten laden zum Verweilen ein – so muss das sein!

Eine Stiftung, viele (berührende) Geschichten

Cottbus Auguste Stiftung

Die nächste Stiftung, die ich suchte, was die Auguste Stiftung. Sie ist im Netz bei Suchanfragen relativ präsent, ein Schmökern in der Satzung offenbart dann, dass die Stiftung eine mit DDR-Geschichte ist. Bzw. eine mit DDR-Nicht-Geschichte, bzw. mit einer DDR-Regime-bedingten Nicht-Aktivität. Während der 40 Jahre währenden SED-Regentschaft war die Stiftung praktisch inaktiv. Das Anliegen der Stifterin, Auguste Löbel (geb. Feige), bedürftige Mädchen und Frauen zu unterstützen, konnte somit in diesen Jahren nicht aufrechterhalten werden. Seit 1998 existiert die Stiftung aber wieder mit Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation, kann ihrem Zweck nachgehen. Unsere Spurensuche führte uns in Cottbus ins Rathaus am Neumarkt, am Markt entlang bis in die Feigestraße, es ist spannend, mehr zur Geschichte der Stiftung zu erfahren und dabei in die Geschichte der Stifterin einzutauchen.

Ein Würzfleisch muss es zwischendurch sein

Stifterlan Deutschland Cottbus Cafe SchiIIer

Zwischendurch, und auch weil ich zu wenig getrunken hatte, packten mich Hunger und Durst. Kurz nach dem Mittag macht ich Rast im Café Schiller in der Schillerstrasse 50. Ein Jugendstilcafé par excellence, mit einer gut sortierten Karte, auf der ich sofort das Würzfleisch erblickte. Möchte es mal sagen: Es gibt 6 Sterne, 10 Punkte, und es gibt beides zusammen für dieses Würzfleisch samt der hausgemachten Himbeerlimonade und des Cappuccinos, der mal richtig Umdrehungen hatte. Mein Tipp also für den Stopp in Cottbus, by the way sitzt man sehr schön draußen unter den roten Markisen, selbst bei 30 Grad lässt sich dort gut weilen.            

Soll er Softeis? Er soll.

Stifterland Deutschland Cottbus Softeis

Nebenan, also neben dem Café Schiller erblickte beim Über-die-Ampel-gehen noch ein Softeis-Büdchen. Da konnte ich nicht nein sagen, denn ich gebe es zu: Ich liebe Softeis. Soll er, soll er nicht? Gehadert hat er, Softeis gegessen hat er trotzdem – und zu Recht. War auch klasse, hat geschmeckt wie früher (sorry für den kleinen Blick zurück). Nebenbei blätterte ich noch im Flyer der Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz, bei Fürst Pückler kam mir sofort auch wieder ein Eis in den Sinn, aber schauen Sie mal auf die Stiftungswebsite, was im Branitzer Park alles geboten ist – Wahnsinn. Stiftungen schaffen Räume, hier unter freiem Himmel.

Zusammengefasst

Meine kurze Reise durch das Stifterland Deutschland sollte mich ganz bewusst mal wegführen von den klassischen Stiftungsstädten wie Hamburg, München, Frankfurt am Main oder Berlin. Wenn schon Stifterland Deutschland, dann doch bitte auch ein Abbild aus der Fläche. Mit meinen Fragen traf ich dann oft auch auf Menschen, die mit diesen Fragen nichts anfangen konnten. Fragen, ob sie von dieser oder jener Stiftung schon mal gehört haben oder ob sie mir sagen könnten, wo diese oder jene Stiftung sitzt, sorgten für Stirnrunzeln. Stiftungen sind einfach zu wenig präsent in den Städten und damit auch in den Köpfen. In Cottbus aber war die „Ausbeute“ in meinen Augen durchaus gut, hier könnten wir mit dem StiftungsApéro im Jahr 2024 durchaus einmal Station machen. Mit dieser Idee fuhr ich weiter gen Frankfurt an der Oder.