Stiftungsvermögen muss anno 2023 mit einer Tagesaktualität umgehen, die mit komplex reichlich unspektakulär beschrieben ist. Zinsen bei um die 5%, geopolitische Verspannungen en masse, innenpolitische Bräsigkeit und rekordhohe Aktienmärkte erzählen die Geschichte eines Umfeld, das kaum noch zu lesen ist. Dennoch muss Stiftungsvermögen auch vor dem Hintergrund dieser Gemengelage gemanagt werden. Genau darüber sprachen wir in Folge 6 von #fondsfibel AKTUELL mit Ulrich Bärtels von der Koepjohann’sche Stiftung und Timon Heinrich von der Vermögensverwaltung Hansen & Heinrich.
Die Tagesaktualität hat uns derzeit alle im Griff. Einmal malt sich ein Bild einer Welt im Strukturbruch-Modus, hierzulande kämpfen die Ampel um den Haushalt und Unternehmen mit überbrodender Bürokratie. Dennoch steigt der DAX auf ein Allzeithoch. Das Bild ist diffus wie konfus, es gibt derzeit wenige Konstanten, auf die sich Stiftungen im Management ihre Stiftungsvermögens verlassen können. Gutes Handwerk ist vor diesem Hintergrund umso wichtiger, ist vielleicht (bzw. vermutlich) jene Konstante, auf die es künftig Stiftungsvermögen umso mehr ankommt. Timon Heinrich von Hansen & Heinrich beschreibt es als das „Quäntchen anders machen“, womit er schon den Nagel auf den Kopf traf.
Stiftungsvermögen zwischen Entscheidung und Erkenntnis
Denn immer wieder darauf zu insistieren, dass im Stiftungsvermögen die Mischung aus 70% Anleihen und 30% Prozent Aktien es schon richten würden, das sei eine Annahme, zu der sich Stiftungen nicht verleiten lassen sollten. Natürlich lässt sich so eine Mischung „fahren“, aber in 2022 wäre es eben wichtig und richtig gewesen, nur wenige bis gar keine langlaufenden Anleihen im Portfolio zu haben, sondern eben die Kurzläufer, die unter den rasant steigenden Zinsen nicht so stark leiden. Diese Allokation bedurfte aber einer Entscheidung ein Stück weit gegen den Mainstream und gegen die Prämisse, dass Stiftungen ja ordentliche Erträge in Form von Ausschüttungen bräuchten. Andersherum zog diese Entscheidung zu Erkenntnis nach sich, dass es auch andere Quellen für ordentliche Erträge zu finden und zu nutzen gilt.
Hat das ganz klasssische Handwerk im Stiftungsvermögen ausgedient?
Mit dieser Entscheidung wäre aber auch die Erkenntnis einhergegangen, dass „klassisch“ schon vor der Zinswende bei Zinsen nahe Null kaum funktionierte, und dann mit Zinswende erst recht nicht. Timon Heinrich benennt in Folge 6 von #fondsfibel AKTUELLdie Parameter, wie Stiftungsvermögen in seinen Augen gemanagt werden muss, auch unter Bezug auf den Hansen & Heinrich Stiftungsfonds. Insbesondere in Zeiten, in denen verschiedene Krisen und Faktoren auf einmal aufeinandertreffen und das Managen von Stiftungsvermögen mit herkömmlichem Handwerk vermutlich nicht die Ergebnisse liefern wird, die Stiftungen nun einmal brauchen (um ihr Steuerprivileg nicht zu verlieren). Auch Ulrich Bärtels, Vorstand und Kaufmännischer Leiter der Koepjohannschen Stiftung in Berlin, wies darauf hin, dass die Zeiten keine einfachen seien, wobei seine Analyse sich vor allem auf den Immobilienbereich fokussierte.
In Folge 6 von #fondsfibel AKTUELL sprachen wir mit Ulrich Bärtels von der Koepjohannschen Stiftung und Timon Heinrich von der Vermögensverwaltung Hansen & Heinrich.
Quelle: Bildarchiv stiftungsmarktplatz.eu
Zu Stiftungsimmobilien stellen sich spannende Fragen
Für ihn und seine Stiftung ist die große Herausforderung das Management von Immobilien. Die Einblicke, die Ulrich Bärtels hier mitbringt, liefern ein Abbild der Fragen, die sich Stiftungen mit Immobilienbesitz derzeit sicherlich allesamt stellen. Denn einmal macht natürlich der Zinsanstieg etwas mit den Werten den Immobilienportfolios an sich, zumindest in der Zeit, zum anderen werden auch die Mieten, an denen die ordentlichen Erträge hängen, in irgendeiner Weise auf den Zinsanstieg reagieren. Nicht zuletzt machen ESG-Vorgaben, die ggf. auch das Revitalisieren von Bestandsimmobilien nach sich ziehen, vor den Stiftungsgremien nicht Halt. Schlussendlich hat Ulrich Bärtels für Stiftungsverantwortliche auch noch einen ganz grundsätzliche Hinweis zum Stiftungsvermögen parat. Es ist schon so, das nehmen wir mit, dass sich Stiftungen vielleicht gerade heute ganz grundsätzliche Gedanken zum Stiftungsvermögen machen sollten.
FreitagsPodcast-Tipp:
Über tektonische Veränderungen in der Welt sprachen wir mit dem Globalance Bank-Ökonom Peter Zollinger, er brachte uns ins Gespräch ein paar Über-den-Tellerrand-Denkanstöße mit.
Zusammengefasst
Folge 6 von fondsfibel AKTUELL förderte zwei zentrale Erkenntnisse zutage. Handwerk im Stiftungsvermögen ist nicht gleich Handwerk, und Immobilie ist nicht gleich Immobilie. Das klingt jetzt total trivial, ist es aber in Wahrheit nicht. Denn es steht zu vermuten oder gar zu befürchten, dass Friktionen eher das Tagesgeschehen an den Anlagemärkten bestimmen werden als das früher das Fall war. Darauf kann ich als Stiftung nicht mit dem ganz klassischen Besteck reagieren. Bei Immobilien wird der ESG-Rahmen die Spreu vom Weizen trennen, da Stiftungen Ausschüttungen brauchen, dürften einige Immobilien als Anlageobjekt in ein paar Jahren direkt wegfallen. Darauf müssen heute Antworten gefunden werden. Aber, und auch das ist eine Erkenntnis aus den Gesprächen mit Ulrich Bärtels und Timon Heinrich, diese Antworten lassen sich finden.