Schreiben ist Silber, sprechen ist Gold

Warum Stiftungen Sprachformate stärker in der Stiftungskommunikation einsetzen sollten

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Stiftungskommunikation sprechen
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Es heißt derzeit an vielen Stellen, auch hier auf #stiftungenstärken, dass die Stiftungskommunikation digitaler werden muss. Sie sollte also im digitalen Raum mit digitalen Werkzeugen stattfinden. Beides ist eine Herausforderung, bedeutet es doch für viele Stiftungen, sich auf mindestens zwei Ebenen neu zu erfinden. Denn wer bisher gar nicht kommuniziert hat, der tut sich mit Stiftungskommunikation grundsätzlich hart, und wer bisher nur geschrieben hat, der tut sich mit Sprachformaten auch schwer. Dabei werden gerade letztere oftmals noch unterschätzt.

Manchmal sind digitale Werkzeuge oder Formate einfach ein Schuss ins Blaue. Man probiert etwas aus, für eine gewisse Zeit, sieht ob es den Nutzer interessiert und macht dann gegebenenfalls weiter. Der Nutzer ist hier zunächst einmal eine anonyme Masse, allerdings mit unterschiedlichen Gewohnheiten, Inhalte zu konsumieren – und genau an diesem Punkt kommt die Sprache heute mehr und mehr ins Spiel. Denn Kommunikation, auch jene von Stiftungen, ist keine reine Textangelegenheit, nein, sie findet heute zumindest in zwei Sphären statt, nämlich dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort. Es gilt, den Nutzer dort abzuholen, wo er die Information konsumieren will, und viele Menschen hören sich Dinge einfach mal an.

DEN NUTZER ABHOLEN

Sprache in der Stiftungskommunikation einzusetzen ist dabei nichts Neues, und sie entspricht vollends den künftigen Nutzergewohnheiten im Netz, auf die ich mich damit als Stiftung folglich heute bereits vorbereite. Oder haben Sie sich mal gefragt, warum die Assistenz-Systeme wie Alexa solch großen Erfolg haben und mit so viel Aufwand weiterentwickelt werden? Alexa ruft man etwas zu, man schreibt ihr keine Mail oder schickt ihr ein Fax. Man ruft ihr zu, was man zu machen gedenkt, und Alexa macht dann. Die Idee dahinter ist, den Nutzer dort abzuholen, wo die Distanz zwischen ihm und einer Aufgabe am kürzesten ist, und das ist der kurze Zuruf, diese oder jene Aufgabe zu erledigen.

STIFTUNGSKOMMUNIKATION MUSS SPRACHE ENTDECKEN – UND EINBINDEN

Sprache ist also ein ganz wesentlicher Faktor in der künftigen Welt des Internets, umso wichtiger ist es, Sprache auch in der Stiftungskommunikation für sich zu entdecken und einzusetzen. Viel zu viel Inhalt wird auf Stiftungswebsite immer noch rein als Text verabreicht, wenn es Bilder sind, sind es kleine Bildelemente unten links, die eingebunden werden, weil man das so macht bzw. weil man das Bild eben noch vorliegen hat. In der Über-uns-Sektion vieler Stiftungen findet sich so in vielen Fällen ein kleines Bild des Teams, das aber so pixelig ist, dass die einzelnen Personen kaum darauf zu erkennen sind. Derlei können Stiftungen getrost lassen, oder sie stellen ihr Team als Gruppenpodcast vor, das wäre doch mal was anderes.

HALLO, ICH BIN BEATE MÜLLER

Hallo, ich bin Beate Müller, ich leite die Bürgerstiftung als Vorständin, bin dabei, weil ich mich für meine Stadt engagieren will und derzeit treibt mich vor allem die Frage um, wie wir für unser Projekt XY die PS richtig auf die Straße bekommen. Das wirkt doch gleich ganz anders als ein x-beliebiges Bild, das lieblos in einen Text eingebunden wird und mit dem der Nutzer dann letztlich allein gelassen wird. Denn mehr als die Namen von links nach rechts erfährt er von den Personen nichts. Hört er jedoch das Team sprechen, baut er direkt eine erste Beziehung zu den Personen auf, es entstehen Assoziationen, es entstehen Ideen, es entsteht die Bereitschaft, mit der Stiftung in einen Austausch zu treten – und damit das kommunikative Angebot zu erwidern.

SPRACHE KOMMT VON SPRECHEN

Sprache in der Stiftungskommunikation hat aber neben diesen praktischen Vorzügen auch eine strategische Komponente. Inhalte werden im Netz künftig anders gesucht werden, sie werden nicht mehr nur nach Texten gesucht, sondern auch danach, ob der Inhalt via Text, via Sprache, via Bewegtbild transportiert wird. Ist eine Stiftung hier mit ihrer Stiftungskommunikation nicht entsprechend aufgestellt, wird sie schlicht vom Nutzer eher ignoriert werden, und nichts im Netz ist schlimmer als links liegen gelassen zu werden. Diese Vielfalt der Formate zahlt letztlich auch auf einen psychologischen Effekt ein, das digital Nudging, das angestupst werden.

RADIO STIFTUNG ANTE PORTAS?

Viele Nutzer treffen im Netz ihre Entscheidungen rational, aber viele lassen sich eben auch ein wenig treiben. Sie lassen sich anstubsen, von hier, von da. Dieses sich anstubsen lassen wird auch als Digital Nudging bezeichnet, der Nutzer ist eben in seiner Meinung noch nicht festgelegt und kann psychologisch beeinflusst werden, etwa seine Weihnachtsspende nicht immer an die gleiche Organisation zu geben, sondern beispielsweise eine, die ihn über eine kleine Podcastreihe direkt abgeholt hat, weil sie ihn direkt dort angesprochen hat, wo er sich am wohlsten fühlt: in der Welt des Hörens. Er wurde angestubst durch den Inhalt und in seiner Entscheidung letztlich beeinflusst, eben durch „Radio Stiftung“.



HÖRTIPP: So einfach geht Podcast. Wir haben in einer Folge unseres FreitagsPodcasts AHOI, NPO! mal die wenigen Schritte erläutert die Stiftungen gehen sollten, um einen Podcast aufzusetzen. https://stiftungsmarktplatz.eu/blog/reden-sie-doch-mal-ueber-den-jahresbericht/

STIFTUNGSKOMMUNIKATION STUBST DEN NUTZER AN

Derlei können sich Stiftungen natürlich zu Nutze machen, in dem sie ihre Stiftungskommunikation von Beginn an in den Sphären Text und Hörinhalt denken. Das Bewegtbild ist vielleicht noch etwas weiter weg, aber der Sprachinhalt ist etwas, das Stiftungskommunikation auf jeden Fall künftig beinhalten sollte. Stiftungen transportieren hierüber ja nicht nur eine Geschichte, verpacken diese eben nur ins gesprochene Wort, sondern sie gehen mit einem Sprachformat auch einen Schritt auf den Nutzer zu. Auf den Nutzer, der letzten Endes Begleiter, Unterstützer oder Spender meiner Stiftung sein kann und den ich genau für die Aktion gewinnen möchte. Plötzlich ist der Nutzer nicht mehr anonym, er ist greifbar, anfassbar. Er ist mein Hörer.

ZUSAMMENGEFASST

Denken Stiftungen heute an Stiftungskommunikation, dann denken sie daran, Texte auf einer Website zu veröffentlichen, in der Regel jedenfalls. Es kann aber heute und vor allem morgen mehr denn je wichtig sein, sich auch mit der Sprache an sich zu befassen, also seine Geschichten auch in gesprochenes Wort zu überführen. Natürlich macht es die Geschichte an sich anfassbarer, aber vor allem stubst Stiftungskommunikation auf diese Weise den Nutzer an. Dieses Anstubsen braucht es künftig, damit sich Verbindungen aufbauen, damit der Nutzer IHRE Stiftung in der Masse der 23.000 Stiftungen wahrnimmt, sich mit ihr befasst. Radio Stiftung, das könnte eines Tages ein geflügeltes Wort werden.