Könnten die Briten Autos bauen wie sie Stiftungsfonds konzipieren

Corona-Krise aktuell: Ruffer Charity Assets Trust vs. Spiekermann Stiftungsfonds – ein Vergleichsversuch zweier Stiftungsfonds

12525
Vergleichstest Ruffer CAT Spiekermann Stiftungsfonds
Lesezeit: 7 Minuten

Im aktuellen Monatsbericht des Ruffer Charity Assets Trust wird Lenin zitiert. Dieser sagte einmal, es gebe Dekaden, da passiere nichts, und dann gebe es Tage und Wochen, in denen sich das Geschehen von Dekaden verdichtet. Derlei Inhalte heben das Ruffer-Factsheet wIm aktuellen Monatsbericht des Ruffer Charity Assets Trust, dem Stiftungsfonds der Ruffer-Vermögensverwaltung, wird Lenin zitiert. Dieser sagte einmal, es gebe Dekaden, da passiere nichts, und dann gebe es Tage und Wochen, in denen sich das Geschehen von Dekaden verdichtet. Derlei Inhalte heben das Ruffer-Factsheet wohltuend von anderen Fondsfactsheets ab, aber auch im Stiftungsfonds selbst ist Handwerk auf der Höhe der Zeit unverkennbar. Das brachte uns auf die Idee, den Fonds mit einem deutschen Könner unter den hiesigen Stiftungsfonds zu vergleichen: dem Spiekermann Stiftungsfonds.

Sie kennen das sicher von diesen Autotests, wenn der eine Testkandidat fast jede Kategorie gewinnt, das andere Fahrzeug aber trotzdem der Sieger ist. Das hat immer auch etwas mit dem subjektiven Eindruck der Testfahrer zu tun, der eine spürt das Fahrzeug anders als der andere, dem Dritten wiederum liegt die Charakteristik von Fahrwerk und Lenkung eben am besten. Bei Stiftungsfonds ist so eine Kapitelwertung manchmal leichter, denn Ausschüttung und Wertentwicklung sind objektive Größen, und wenn ein Fonds ordentlich ausschüttet und gut performt, dann kann der einzige Kritikpunkt der sein, dass es noch mehr hätte sein können. Aber reinsetzen kann man sich als Stiftungsvorstand in so einen Fonds eben nicht, insofern hat es an der Autotester hier einfacher. Was sich aber sehr schön subjektiv abschätzen lässt ist, ob der Fonds mit seinen Leistungsmerkmalen zu den Zielen und Vorstellungen der jeweiligen Stiftung passt, und ob Drawdowns und Allokation ein gewisses Wohlbefinden erzeugen, sobald der Fonds näher analysiert wird.

Die beiden Testkandidaten hier sind der Ruffer Charity Assets Trust und der Spiekermann Stiftungsfonds. Was beide Fonds gemeinsam haben ist der vermögensverwalterische Hintergrund, denn sowohl Spiekermann & CO. als auch Ruffer sind bankenunabhängige Vermögensverwalter, die eine Hausmeinung ihr Eigen nennen und vor allem das Wohl ihrer Kunden im Sinne vor allem des Erhalts des Kapitals im Blickpunkt haben. Beiden Vermögensverwaltern ist auch gemein, dass sie Stiftungen sehr früh als Zielgruppe nicht nur entdeckt sondern auch definiert haben. Für diese Zielgruppe wurden frühzeitig Investmentvehikel aufgelegt, damit Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen in der Veranlagung ihrer Vermögenswerte auf Basis der Prämissen, die Stiftung & Co. mitbringen, direkt unterstützt werden können. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Ruffer Charity Assets Trust und dem Spiekermann Stiftungsfonds ist jedoch das Volumen: Das britische Produkt bringt mehr als 150 Mio. EUR auf die Waage, wohingegen der Spiekermann Stiftungsfonds „nur“ gut 50 Mio. EUR mitbringt. Punktsieg für den Briten, bevor es richtig losgeht, nur ist Größe bei Fonds keine Kategorie aus Anleger- bzw. Stiftungssicht. Im Vergleich der beiden Fonds zählen andere Dinge.

KAPITEL 1: DAS ANLAGEKONZEPT

Das grundsätzliche Konzept beider Produkte ist das eines Mischfonds, der vor allem auf die Anlageklassen Anleihen, Renten und Bargeld setzt. Hier enden aber schon die Gemeinsamkeiten, so wie wenn ein Autotester feststellt, dass er jetzt zwei Cabrios auf den Zahn fühlen wird. Beim Spiekermann Stiftungsfonds handelt es sich um einen richtigen Stiftungsfonds, hier lag der Fokus von Anfang an stark auf dem Aspekt der Ausschüttung, gepaart mit einer Anlagepolitik, die zu mindestens 70% auf Anleihen und zu maximal 30% auf Aktien setzt. Am Fondschart ist erkennbar, dass der Fonds liefert, dass er also den Spagat zwischen Ausschüttung und trotzdem noch erklecklicher Wertentwicklung überdurchschnittlich hinbekommt. Auf der Aktienseite wird dazu einmal langfristig in Einzeltitel investiert, taktisch wird an der Quote aber in der kürzeren Frist geschraubt, vor allem über den Einsatz von ETFs. Soweit so gut, das Ziel sind 2% Ertrag bei 3% Volatilität, und gemessen daran lässt sich gedanklich schon mal ein Häkchen machen.

Beim Ruffer Charity Assets Trust ist wichtig zu wissen, dass Ruffer praktisch seit Bestehen Stiftungen und gemeinnützige Organisationen betreut und hier mit mehr als 1 Mrd. EUR zu den relevanten Playern im europäischen Kontext zählt. Die Vermögensverwaltung wurde von Jonathan Ruffer gegründet, der dem Unternehmen und damit auch den Lösungen Werte mitgegeben hat, die diszipliniert mit Inhalt gefüllt werden. Einer davon ist, dass Kunden keine allzu großen Schmerzen haben dürfen, Stiftungen erst recht nicht, dazu wird aktiv gemanagt und breit über verschiedene Assetklassen gestreut. Ein Blick auf den Fondschart verrät, dass der Ruffer Charity Assets Trust seine Vorgaben exzellent erfüllt, der ordentliche Ertrag lag für die investierten Stiftungen in den vergangenen Jahren in einem Korridor zwischen knapp 2 und knapp 3% pro Jahr. Ebenfalls steht Ruffer stark für das Implementieren von ESG in die Anlagepolitik, hier ist der Fonds praktisch allen deutschen Stiftungsfonds voraus, um Erfahrung und Beleg, dass ESG einen positiven Einfluss auf die Anlagepolitik eines stiftungsgeeigneten Fonds haben kann.

Kapitelwertung Anlagekonzept: eigentlich ausgeglichen, durch die längere ESG-Historie ein knapper Vorsprung für den Ruffer-Stiftungsfonds. Zwischenstand: 1,25:1

KAPITEL 2: DIE ALLOKATION

Hier zeigen beide Fonds, dass sie auf der Höhe der Zeit sind. Beim Spiekermann Stiftungsfonds erfährt der Anleger zum Beispiel ganz aktuell, dass durch die Corona-Krise ganz offensichtlich ein Impuls bei der Aktienquote gesetzt und diese aus strategischer Liquidität heraus erhöht wurde. Die Herleitung dessen ist schlüssig, es gefällt, dass die Anlagepolitik eine ist, die das große Ganze nicht außen vor lässt und auch so reagibel ist, dass auf aktuelle Entwicklung proaktiv und durchaus auch antizyklisch reagiert wird. Die Allokation ist ungeachtet dessen als breit anzusehen, neben Renten und Anteile an Rentenfonds sind auch Aktien, Anteile an Aktienfonds und beispielsweise Rohstoffzertifikate im Fonds enthalten. Ein kleines Barguthaben rundet die Allokation ab, die damit alle Kriterien hinsichtlich Diversifikation erfüllt. Das Fondsdepot wird also in der Breite wie in der Tiefe diversifiziert, durch die Hinzunahme von Fondsanteilen werden zudem zum eigenen Stil auch weitere Investmentstile im Fonds berücksichtigt. Gerechnet auf das Gesamtfondsvermögen sind die Gewichtungen der Einzelaktien vielleicht etwas granular geraten, aber die Auswahl ist letztlich das, was zählt.

Für den Ruffer Charity Assets Trust gilt das, was für den Spiekermann Stiftungsfonds auch gilt, nur wird im Fonds allokationsseitig noch eine Schippe draufgelegt. Die Allokation ist noch etwas breiter, noch etwas globaler gestreut, noch etwas akzentuierter auf der Währungsseite. Natürlich dominieren hier britische Anleihen und Aktien, und natürlich ist die Heimatwährung des Fonds das Pfund Sterling. Aber im Fonds wird schön ersichtlich, was ein zeitgemäßes Stiftungsfonds-Konzept heute auch liefern kann und wie konservative Anlagepolitik mit einer internationalen Ausrichtung des Depots „matchen“. Die Einzelaktienpositionen sind eine Spur höher gewichtet als beim Spiekermann Stiftungsfonds, es werden sogar einzelne Goldaktien gehalten, was vermutlich für deutsche Anleger eine Spur zu viel der Akzentuierung ist, aber Angelsachsen haben damit eben eher weniger ein Problem damit, auch eine Rohstoffidee über Aktien abzudecken, die eben eine Dividende zahlen. Die Allokation kann definitiv als gut diversifiziert bezeichnet werden, für deutsche Stiftungen sind beispielsweise die Anteile in japanischen Positionen aber doch zumindest gewöhnungsbedürftig.

Kapitelwertung Allokation: Beide Fonds liefern hier so, dass sich ein anderes Attribut als stiftungsgeeignet gar nicht finden lässt, aber auch hier liegt der Ruffer-Fonds eine Nuance vor dem Spiekermann Stiftungsfonds. Zwischenstand: 2,5:2

KAPITEL 3: DIE LEISTUNGSPARAMETER

Für beide Fonds lässt sich sagen, dass sie den Spagat aus den Anforderungen von Stiftungen in der Anlagepolitik – kontinuierlicher ordentlicher Ertrag bei wenig Schmerz – hinbekommen, und das verpackt in eine zeitgemäß aufgesetzte Anlagepolitik. Beim Ruffer-Fonds lässt sich erkennen, dass sich angelsächsisches Investmenthandwerk von jenem in Deutschland etwas unterscheidet, die Klaviatur globaler Investments wirkt etwas selbstverständlicher gespielt. Auch liegt die Ausschüttung stets in einem Bereich um 2% p.a., was auskömmlich und für viele Stiftungen eine gute und belastbare Basis darstellen dürfte. Nichts desto trotz geht dieses Kapitel an den Spiekermann Stiftungsfonds, er liefert im Zeitablauf einfach ein etwas höheres Ausschüttungsniveau, dafür ist der Fonds eben etwas schwankungsfreudiger, aber angesichts des Marktumfelds ist das absolut akzeptabel. Der Ruffer-Fonds spielt allerdings derzeit seine Stärken umso mehr aus, dass er Drawdowns „etwas besser kann“ als der Vergleichskandidat lässt sich hier herauslesen. Gleichwohl ist die Allokation des Spiekermann Stiftungsfonds sehr gut in der Lage, auch heftige Drawdowns rasch wieder aufholen zu können, der aktuelle Corona-Crash bestätigt das.

Kapitelwertung Leistungsparameter: Der Ruffer Charity Assets Trust legt den Fokus mehr auf den Faktor Stabilität, was auf der Seite des ordentlichen Ertrags etwas kostet. Hier kann dafür der Spiekermann Stiftungsfonds punkten, in diesem Kapitel hat der deutsche Stiftungsfonds die Nase leicht vorn. Zwischenstand: 3,5:3,5

KAPITEL 4: DAS INFORMATIONS-SETUP

Informationen zu einem Investmentprodukt sind deshalb für Stiftungen so wichtig, weil erst sie einen Stiftungsverantwortlichen befähigen, eine sachgerechte Entscheidung zu einem Fonds zu treffen. Insofern müssen Fondsanbieter hier auf hohem Niveau das Material an Daten, Fakten und Hintergründen liefern, das eben zu dieser sachgerechten Entscheidung beiträgt. Das ist ein Spezifikum für die Zielgruppe Stiftungen, aber es muss schlichtweg sein. Sowohl für den Spiekermann Stiftungsfonds als auch für den Ruffer Charity Assets Trust existieren jeweils eine Microsite, die einmal recht aktuell sind und dazu auch die wesentlichen Informationen zum jeweiligen Fonds bereithalten. Es ist vermutlich trotzdem der angelsächsischen Investmentkultur zuzuschreiben, dass dieses Kapitel an den Ruffer-Fonds geht.

Das Factsheet kommt aus eigener Feder, ist zwar nicht umfangreicher, wirkt trotzdem irgendwie eine Spur runder, die Unter-Website zum Fonds hält zudem auch Informationen zu den Fondsmanagern und auch die Factsheets in der Historie bereit. Um ein Gefühl für einen Fonds zu bekommen, sind solche Archive Gold wert. Auf der Website zum Spiekermann Stiftungsfonds ist jedoch, und das ist für Stiftungsfonds etwas Besonderes, eine aktuelle Präsentation verfügbar, woraus sich Stiftungsverantwortliche zu den aktuellen Informationen ein stimmiges Bild zum Fonds verschaffen können. Apropos Gold: Dieses findet sich indirekt in beiden Fonds, das hebt beide von vielen anderen Stiftungsfonds ab.

Kapitelwertung Informations-Setup:
Für den Ruffer Charity Assets Trust liegen etwas ausführlichere Informationen aus der Historie vor, dazu wirkt die Microsite – wenn auch nicht das modernste vom modernen – etwas runder, etwas stärker aus Anlegersicht konzipiert. Zwischenstand: 5:4,5

KAPITEL 5: DIE KOSTEN

Kosten sind immer so eine Sache. Soll ich als Stiftung einen Fonds nach den Kosten kaufen? Klar, Ausgabeaufschläge können gespart werden, aber die laufenden Kosten sind zu zahlen bzw. werden in jedem Fall dem Fondsvolumen entnommen. Beide Vergleichskandidaten verzichten auf performanceabhängige Gebühren, das ist schon mal gut, die laufenden Kosten liegen für beide Fonds in einem Korridor zwischen 1 und 1,25% pro Jahr. Das ist alles verschmerzbar, das alles ist fair, es fällt nicht aus dem Rahmen und bezahlt auch die Arbeit, die hinter dem Fondskonzept steht.

Kapitelwertung Kosten: In dieser Betrachtung läuft es auf ein klares Unentschieden hinaus, beide Fonds sind fair gepreist und tragen den Anforderungen von Stiftungen auch auf der Kostenseite Rechnung. Endstand: 6,5:6

ZUSAMMENGEFASST

Sowohl der Ruffer Charity Assets Trust als auch der Spiekermann Stiftungsfonds sind Vollblut-Stiftungsfonds, das was dort im Fonds gemacht wird, ist zur Gänze das, was eine Stiftung von einem Basisinvestment erwartet. Auch kann die Anlagepolitik als sehr zeitgemäß und zukunftsgerichtet angesehen werden, denn beide Fonds diversifizieren breit und tief, bauen dazu interessante Bausteine in die Allokation ein und dürften damit für die neue Dekade gut bis sehr gut aufgestellt sein – und mit ihnen die Stiftungen und NPOen, die Anteile dieser Fonds erwerben. Klar, der Ruffer-Fonds ist ein Fonds aus Großbritannien und für hiesige Stiftungen nur mit Hürden zu erwerben, aber handwerklich wird dort eben auf höchstem Niveau gearbeitet. Daher bot sich auch der Vergleich zwischen diesem etablierten britischen Stiftungsfonds und einem deutschen Stiftungsfonds. Dass der Brite gewinnt? Nun ja, es kann ja nicht immer ein Elfmeterschießen entscheiden.