Inflation: Gekommen, um zu bleiben

Stiftungen sollten sich auf anhaltende Geldentwertung einstellen – und müssen dies bei ihrer Vermögensanlage beachten

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Inflation
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In den Zeiten niedriger Zinsen mangelt es nicht an Herausforderungen für Stiftungen, nun kommt eine weitere hinzu: Geldentwertung. Beim 7. FAROS Institutional Investors Forum in Frankfurt kreisten viele Diskussionen um dieses Thema. Wir haben uns umgehört: Welche Entwicklung erwarten Chefvolkswirte, Asset Manager, Verantwortliche von Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerken und Stiftungen in Sachen Inflation, welche Schlüsse müssen Stiftungen daraus ziehen?

Experten erwarten Verstetigung der Inflation

Die Inflation in Deutschland wird nach vorläufigen Berechnungen für den Oktober 2021 mit 4,6% angegeben, die der Euro-Kernzone mit 4,1%. Die gute Nachricht von den Experten: Dieses Tempo wird sich nicht fortsetzen, da der steile Anstieg der Energiepreise gepaart mit Basiseffekten gewissermaßen für eine Übertreibung sorgt. Die schlechte: Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Ja, es gebe Gründe, die für einen Rückgang der Inflation Anfang 2022 sprechen, sagte Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, „aber dieser Rückgang wird nur kurz anhalten, und danach gibt es ein deutliches Inflationsproblem.“ Diese Sicht der Dinge teilte Thomas Sehn, Vorstandsmitglied der HUK Coburg Versicherungsgruppe und dort für das Asset Management verantwortlich: „Wir erwarten die Verstetigung der Inflation.“

Umschichtungen der Profis in vollem Gange

Christian Schick, Geschäftsführer der Provinzial Asset Management in Münster, die die Mittel der öffentlich-rechtlichen Versicherung verwaltet, unterstrich, dass „es sich bei der aktuellen Inflation um mehr als einen Basiseffekt handelt.“ Die Profis sind sich also einig, und sie handeln entsprechend: „Wir bauen die Aktienquote auf und schauen uns Alternative Investments genau an.“ Alte Risikomargen würden in der überlieferten Form heute nicht mehr gelten, entsprechend müsse die Portfoliostruktur weiterentwickelt werden. Das bestätigte Sehn. Die HUK Coburg hat ein Volumen von etwa 40 Mrd. EUR anzulegen. Die Strategie gehe klar in Richtung Sachwerte wie Immobilien und auch Private Equity.

Unzufriedenheit mit der EZB

Wenig Hoffnung machten sich die Teilnehmer des Forums, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen in 2022 – schon gar nicht deutlich – anheben werde. Die dort vertretene Auffassung der vorübergehenden Inflation wurde als falsch und schädlich gekennzeichnet. Verhältnismäßig offen wurde Kritik an EZB-Chefin Christine Lagarde geäußert und unter anderem auf ihre Unerfahrenheit“ hingewiesen. Prof. Dr. Volker Wieland, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sieht genügend Spielraum für die Währungshüter, die Zinsen zu erhöhen und/oder die Ankaufsprogramme zu begrenzen. Nach seinen Berechnungen sinken die Aufwendungen für Zinszahlungen selbst für Italien und Spanien dann weiter, wenn die Leitzinsen um bis zu 3% angehoben würden: „Die EZB hat den Spielraum für den Ausstieg aus dem Krisenmodus.“

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Klare Inflationstreiber identifiziert

Während die EZB Inflationsraten von mehr als 2%, also dem ausgegebenen Ziel, mittelfristig nicht sieht, haben die Teilnehmer der Konferenz klare Inflationstreiber identifiziert. Zunächst einmal drohe die Lohn-Preis-Spirale, denn angesichts der derzeitigen 4 vor dem Komma – etliche Teilnehmer rechnen in den kommenden Monaten auch mit einer 5 oder 6 vor dem Komma auf Monatsbasis, würden die Gewerkschaften natürlich auf Ausgleich dringen. 2022 würden zwar noch viele Tarifverträge in wichtigen Sektoren laufen, die Basis für hohe Forderungen an Lohnzuwächsen sei aber bereits gelegt. Absehbar sei zudem die deutliche Anhebung des Mindestlohns nach Regierungsaufnahme durch die erwartete Ampelkoalition. Und schließlich sei nicht ausgemacht, dass der Preisdruck bei Energie und Rohstoffen nachlasse. Hinzu kommen die unvermeidlichen Kosten für den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Mehr Nachhaltigkeit sei alternativlos, wahrscheinlich aber nicht zum Nulltarif zu haben, zumindest wenn man den Umbau kurzfristig im Zusammenhang mit der Inflation betrachtet. Dass die langfristigen Kosten und Verwerfungen bei Unterlassen ungleich höher ausfallen würden sei klar, ändere aber nichts an der kurzfristigen inflationären Auswirkung.

Wer zu spät kommt – oder zu früh aussteigt…

Gewiss gebe es immer ein Risiko eines zu frühen Ausstiegs aus Not-, Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, aber aktuell überwiegen die Risiken einer zu späten Rückkehr zu normaleren Verhältnissen. Denn, so warnt Wieland: Wenn die Zinsen zu spät angehoben würden erfolge dies dann in der Regel zu abrupt für die Märkte, da die notwendige Anpassung in einem kurzen Zeitraum erfolgen müsse, was dann wiederum zu starken Ausschlägen führen könne. Deutlich wurde in den Diskussionen: Das Zögern der EZB, dem Beispiel der US-amerikanischen Notenbank zu folgen, wird von den hiesigen Marktteilnehmern nicht goutiert. Aber was tun? Bereits jetzt langsam die Positionen minimieren? Sehr schwierig, befindet Sehn, „denn wer die Party zu früh verlässt wird zuerst bestraft.“

In welchen Bereichen liegen die Alternativen?

Versicherungen, Pensionskassen und Stiftungen sind sich in der Anlagestrategie und dem Zeithorizont sehr ähnlich. Während der Konferenz wurde es überdeutlich, dass die seitherige anleihebetonte Grundausrichtung praktisch nicht mehr haltbar ist. Mario Mattera, Partner bei B. Metzler Holding, sieht keine Alternative zu Produktivkapital und damit zur Aktie: Vor allem Dividendentitel seien unverzichtbar. Man müsse sich das einmal vergegenwärtigen: Im Dezember könne durchaus eine Inflation von 6% auf monatsbasis erreicht werden, dem stünde eine Rendite von 1,6% für zehnjährige US-Anleihen gegenüber. Bedenkt man dann noch das Währungsrisiko, sei die Situation schwierig. Krämer unterstützte diese Sicht: Alle Asset Klassen seien aktuell teuer, „Aktien verfügen aber mindestens über die beste recovery ratio.“ Dass die Kurse mal wieder kräftig abrauschen können angesichts eines gegebenen Anlasses – oder auch nur wegen allgemeiner Nervosität an den Märkten – kann und mochte niemand ausschließen. Mit Volatilität bis zu 15% werde man leben müssen, so Mattera angesichts der „Zentralbank-gesteuerten Märkte mit ultra-expansiver Fiskalpolitik.“

Spezialitäten rücken in den Fokus

Ein Investoren-Forum, das bedeutet auch stets das Vorstellen neuer Trends, Angebote und Investmentideen. Der Blick durch die Round Tables zeigt: Wertsicherungsstrategien mit dynamischem Risikomanagement werden als ein Teil der Lösung angeboten. Das hat viel mit Optionen und Futures zu tun, zwei Begriffen, die von Stiftungen häufig gemieden werden. Infrastruktur in allen Ausprägungen von Commercial Real Estate über Logistikhallen bis hin zu Mikroappartements wurden ebenso vorgestellt wie Strategien zur Nutzung von Spreads in jeglichen Assetklassen.

Zusammengefasst

Stiftungen haben ab sofort nicht nur mit dem Nullzinsumfeld zu kämpfen, sondern zusätzlich mit der Inflation, die den Kapitalstock entwertet. Das war eine der zentralen Anregungen, die wir vom 7. FAROS Institutional Investors Forum mitgenommen haben. Allein den Kapitalstock inflationsbereinigt zu erhalten entpuppt sich dabei als Herausforderung. Um dann noch im besten Fall eine Rendite zur Erfüllung des Stiftungszweckes zu vereinnahmen, erfordert die neue Gemengelage die Erweiterung des Anlageuniversums über Anleihen- und Stiftungsfonds hinaus. Andernfalls …, aber bleiben wir optimistisch.