In Resilienzo veritas

Wie Stiftungen der Widerstandskraft von Fonds auf die Schliche kommen

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In Resilinzo veritas
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In Resilienzo veritas könnte eine der Regeln für zeitgemäßes Anlegen von Stiftungsvermögen heißen. Denn widerstandsfähig zu sein, darum geht es in der Natur sehr häufig. Widerstandsfähigkeit bedeutet, gegen Schocks gewappnet und dazu auch lernfähig zu sein, sollte es doch einmal zu einem Schock kommen. Übertragen auf stiftungsgeeignete Fonds bedeutet Resilienz nichts anderes als dass sie gegen Krisen und Friktionen weniger anfällig sind als andere Fonds und dass sie aus vergangenen Krisenszenarien gelernt haben. Einen Resilienztest in der Form gibt es für Fonds noch nicht, weshalb wir uns einfach mal daran versucht haben.

Das Thema Resilienz gegen Krisen ist eines, das seit gut zehn Jahren verstärkt und aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus auf dem Radar aufscheint. Damals war es die Finanzkrise, die weit stärkere Folgen hatte als ein paar schlechte Börsentage. Gemeinden bangten um ihre Existenz, nachdem sie zuvor bei Sale-and-Lease-Back-Geschäften häufig unglücklich und unbedarft agierten. Das Modell der exportgetriebenen Volkswirtschaft wurde hinterfragt, da die Abhängigkeit von Außenwirtschaftskrisen als zu hoch eingeschätzt wurde. Auch in der Kapitalanlage wurde Resilienz zum Thema, etwa wenn Versicherungen ihre Verträge kalkulieren und dabei darauf stoßen, dass Krisen wie 2008 oder Baissen wie zwischen 2000 und 2003 und die daraus resultierenden Folgen wie der Nullzins ihre langfristigen Zahlungszusagen in hohem Maße tangieren.

TV-TIPP Nummer 1:
Beim 3. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen diskutierten wir Resilienz im Stiftungsvermögen sehr eingehend, die komplette Mediathek finden Sie auf www.vtfds.de.

Resilienz interpretiert als wirtschaftliches Stehvermögen

Die Widerstandsfähigkeit wurde zum Thema, in den USA gibt es sogar Indikatoren, die ablesen lassen, welche Gemeinde künftig aus verschiedenen Sichtweisen heraus resilienter ist als andere – und dadurch attraktiver ist für Zuzüge. Für Stiftungen ist der Blick auf die Resilienz eines Stiftungsfonds oder stiftungsgeeigneten Fonds vielleicht ein neuer, aber in Zeiten zunehmenden Drucks auch ein zielführender. Denn Resilienz interpretiert als wirtschaftliches Stehvermögen hat eigentlich immer Konjunktur. Stiftungen wollen ja in ihren Depots keine Fonds haben, die bei jedem Börsenlüftchen Verluste produzieren. Oder bei denen ein externer Schock reicht, um das Anlagekonzept aus der Bahn zu werfen. Zwei Aspekte sind, bezogen auf einen Fonds, für die Analyse der Resilienz entscheidend.

Das Prinzip Apfelbaum

Wo ist welcher Fonds besonders widerstandsfähig

Einmal geht es um eine Prüfung, inwiefern eine Widerstandskraft gegenüber Schwarzen Schwänen, gegenüber einem sich ändernden Zinsregimes, gegenüber politischen Zäsuren, gegenüber einem Crash an den Aktienmärkten oder gegenüber anhaltenden Mittelabrufen vorhanden ist. Auf einer zweiten Ebene dreht es sich um die Frage, welche Stärken und Schwächen die Resilienz des Fonds stärken oder schwächen. Was bedeutet derlei nun für unseren Club der 25 stiftungsgeeigneten Fonds? Stiftungen wollen ja wissen, welcher Fonds besonders resilient ist bzw. wo er widerstandsfähig ist und wo nicht.

Ziemlich widerstandsfähig

Beim BKC Treuhand Portfolio zum Beispiel ist die Resilienz gegenüber Mittelabrufen bzw. einem sich ändernden Zinsregime sowie politischen Zäsuren hoch bis sehr hoch. Dies dürfte vor allem mit dem breit gestreuten Portfolio und der großen Sensibilität des Fondsmanagements gegenüber dem säkulären Umfeld an den Kapitalmärkten zusammenhängen. Fondsmanager Bernhard Matthes ist unter den stiftungsgeeigneten Fonds sicherlich einer der Fondsmanager, die am klarsten querdenken und dadurch auch zu Positionierungen im Fondsportfolio kommen, die ungewöhnlich für einen stiftungsgeeigneten Fonds sind. Genau das macht den Fonds besonders. Das macht ihn zu einem der besten „diversification plays“ im Anlageuniversum der Fonds, auf die Stiftungen zurückgreifen können. Die Rolle von Fondsmanager Bernhard Matthes ist jedoch exponierter als bei anderen Fonds, weshalb die Resilienz des BKC Treuhand Portfolio stärker mit seiner Person verknüpft ist als bei anderen Fonds.

TV-TIPP Nummer 2:
In Folge 2 von #fondsfibel AKTUELL, unserem TV-Talk rund um Stiftungsfonds & Co. diskutierten wir mit den Stiftungsexperten Peter Schneider und Frank Wettlauffer über den Rentencrash 2022 und die Frage, was denn der Unterschied ist zwischen Umschichtungserlös und dem „Mitnehmen“ eines Wertzuwachses.

Mikrofinanz ist fast schon megaresilient

Ein interessanter Fonds für die Untersuchung der Widerstandsfähigkeit ist auch der Dual Return Vision Microfinance. Dessen Resilienzwerte sind durchweg gut, was vor allem auf seine geringe Korrelation mit „herkömmlichen“ Anlageklassen zu tun hat. Am schwächsten könnte die Widerstandskraft sein, wenn in einem Land, in dem Kredite an Mikrofinanzinstitute ausgereicht werden, eine politische Zäsur eintritt. Vorherzusehen ist so etwas vom Zeitpunkt her kaum, von der Entwicklung her vielleicht schon, und die Datenvielfalt, die Impact Asset Management für die Auswahl der Investments heranzieht, beinhaltet auch diesbezügliche Indikatoren. Bei möglichen Mittelabrufen ist der Fonds vielleicht auch nicht so resilient wie ein Aktienfonds, der sofort Assets liquideren kann, um Anteile zurückzunehmen, aber doch scheint der Fonds Mittelabrufen gegenüber robust genug. Sehr resilient ist der Dual Return Vision Microfinance wiederum gegenüber einem sich ändernden Zinsregime in den Industriestaaten oder einem Schwarzen Schwan. Solche Dinge tangieren Mikrokreditnehmer wenn dann nur temporär, daher ist der Fonds für diese Fälle trotzdem lieferfähig was die Erträge anbelangt, und in solchen Punkte haben die Fondslenker auch gelernt.

Sollen sie doch kommen, die Lackmustests

Nicht minder interessant verhält es sich beim M&G Sustainable Allocation, der ob seiner Allocation und der getätigten Einzelinvestments recht gute Resilienzwerte aufweist. Einzig bei überproportionalen Mittelabrufen ist die Widerstandskraft des Fonds vielleicht partiell nicht so hoch, hier kann das Profil mancher Anleihen vielleicht zum Problem werden. Andererseits ist das Konzept ziemlich resilient bei politischen Zäsuren, einem geänderten Zinsregime oder einem Schwarzen Schwan, denn diese Dinge tangieren eher die klassischen Anlagemärkte. In diesen ist der Fonds aber eher weniger „unterwegs“, weshalb der Fonds widerstandsfähiger sein dürfte als so mancher Stiftungsfonds mit seinen 80% Bundesanleihen im Depot. Ebenfalls sehr resilient zeigt sich der KCD Nachhaltig Immobilien Deutschland, der vor allem politischen Zäsuren und Schwarzen Schwänen gegenüber gänzlich unempfindlich sein dürfte. Aber auch Marktverwerfungen oder Mittelabrufe verletzen den Fonds in dessen Leistungsfähigkeit kaum. Sollten die Zins nachhaltig steigen, dürfte das ein echter Resilienztest für den Fonds sein, insofern ist die jüngste Zinsbewegung womöglich ein solcher.

Auch gut gerüstet


Ein Blick auf die Resilienz des EB Öko-Aktienfonds zeigt sofort, dass es hier die Marktverwerfung ist, die ggf. ins Kontor schlägt. Rauschen die Börsen gen Süden, wird der Fonds aller Voraussicht nach besser abschneiden als der breite Markt. Einfach weil nachhaltige Aktien künftig eher wieder Käufer finden werden als problembehaftete Titel. Sie werden also vermutlich etwas früher „drehen“. Aber gegen eine solche starke Marktverwerfung sind reine Aktienprodukte nicht gefeit, ihre Korrelation mit dem Aktienmarkt ist schlichtweg hoch. Dagegen sind Mittelabrufe überhaupt kein Test für die Widerstandskraft, da die im Fonds gehaltenen Aktien zu den hochliquiden gezählt werden können. Auch politische Zäsuren dürften dem Fonds kaum etwas anhaben, da der Trend zu nachhaltigen Investments – und genau solche werden für den Fonds ausgewählt – derlei überkompensieren dürfte.

Chatbot / Blogbot

Zusammengefasst

Das Bild passt zwar nicht in die Jahreszeit, aber es passt grundsätzlich: Steht ein Slalomfahrer als Führender vor seinem zweiten Durchgang als letzter im Starthäuschen, dann muss er extrem resilient sein. Gegen eigene Zweifel, die Zeitvorgaben der Konkurrenten und den Druck, den das Publikum durch Anfeuern wie einen unsichtbaren Rucksack auf die Fahrt mitgibt. Auch sollte er gelernt haben aus früheren, vergleichbaren Situationen, wie er genau jetzt mit dieser Gemengelage umgeht. Hier zieht sich die Parallele wunderbar zu Fonds und dem Lernen ihrer Lenker aus vergangenen Kapitalmarktkrisen und -brüchen. Fondsmanager oder Managementteams, die ihre Ansätze nicht resilienter machen, werden an (Börsen)Krisen nicht wachsen, egal was der Auslöser dieser Krisen gewesen ist. Stiftungen sollten nach diesem Punkt fragen, was gemacht wurde, als es das letzte Mal an den Märkten knallte (dies dürfte derzeit der Corona-Crash im März 2020 sein). Denn Resilienz entwickelt sich, über die Zeit und mit der Erfahrung, in der Natur, bei Slalomfahrern wie auch bei Fonds.