Fundraising ist eine verkäuferische Entscheidung

Wie der Blick nach innen Stiftungen beim Fundraising hilft

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Fundraising Blick nach innen
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Auch das Stiftungsfundraising ist eine verkäuferische Entscheidung. Die größten Diskrepanzen beim Fundraising liegen allerdings im Inneren der Stiftung. Denn Veränderung muss aus dem Inneren einer Stiftung heraus entstehen, erwachsen. Daher müssen sich Stiftungsverantwortliche trauen, einen kritischen Blick in ihre Organisation hinein zu werfen. Dabei werden Sie Dinge finden, die so bleiben dürfen wie sie sind, aber Sie werden eben auch Dinge finden, die gerne auch wachsen dürfen – und auf die Kernfrage stoßen, ob Sie für einen authentischen Umgang mit dem Thema Fundraising bereit sind. Also, sind Sie bereit?

Fundraisen Sie wirklich bereits oder freuen Sie sich eigentlich über altdeutsch ausgesprochen Spenden in der Kollekte und nennen es modern Fundraising? Wenn Bestehendes nur mit Mode-Anglizismen bestückt ausgeschmückt wird, dann passt ja alles. Wir bestehen bereits lange als Stiftung, sind bekannt und gut vernetzt. Wir fühlen uns in dieser Rolle wohl. Wieso etwas in Frage stellen, wenn alles passt. Das Eigenbild ist doch sehr plausibel und objektiv. Nur: Was ist denn eigentlich im Kern dieses Fundraising? Ist es einfach nur Mittelbeschaffung, also das Generieren von Spenden? Der Austausch von Begriffen führte nur leider noch nie zu Veränderung. Wer kennt das nicht, wir befinden uns in Gesprächen und jemand verwendet Anglizismen und platziert unmittelbar danach die deutsche Vokabel. Zurecht, darf verwundert geschaut und gehört werden, denn außer einem Satzfüller, gab es keinen Mehrwert. Den Mehrwert gibt es erst, wenn Wörter nicht inflationär verwendet werden, sondern bewusst hinterfragt, verstanden und gefühlt werden.

Passt mein Selbstbild zum Fundraisingziel?

Aus Stiftungssicht stellt sich die Frage, wie kritisch Sie als Stiftung mit sich selbst sind. Denn dieses Selbstbild Ihrer Stiftung hat viel mit dem Erfolg im Fundraising zu tun. Der kritische Blick in das Innere Ihrer Stiftung ist quasi einer der DNA-Stränge Ihrer Fundraising-Strategie. Die bewusste Entscheidung, zu fundraisen, ist nicht nur eine Frage der fachlichen Kompetenzen wie mit Mittelbeschaffung und Mittelverwendung zu verfahren ist, sondern auch eine organisatorische, personelle und darüber hinaus eine verkäuferische. Es besteht eine ähnliche Logik wie bei Produktionsfirmen – eingebettet innerhalb einer Vision und Mission wirkt das strategische Management, der netzwerkpflegende Einkauf, die akribische Verwaltung, die detailverliebte Produktion und ebenfalls liebkosenden After-Sales-Verkäufer. Gleiches transferiert in die Logik einer Stiftung, sollten, um die meisten Potenziale und die höchste Wirkung zu entfachen, diese Bereiche kongruent aufeinander abgestimmt sein.


FreitagsPodcast-Tipp:
Einer unserer ersten FreitagsPodcast drehte sich um die Frage, ob Fundraising Vertrieb ist oder nicht. Es ist mehr als das, meinte Andreas Schiemenz – und seine Aussagen sind für uns bis heute gültig. Hören Sie nochmal rein Folge 25 von AHOI, NPO! 

Fundraising verlangt von Stiftungen das Umdrehen von Steinen

Wir alle sind zunächst fest der Meinung, wir seien kongruent. Also voll authentisch, fest im Sattel, ohne Fassade, offen in unserer Kommunikation und vollkommen resilient. Kongruenz beziehe ich auf die Erfahrung, das Bewusstsein und die Kommunikation, die ein jedes Individuum so als auch jede Organisation erlangt. Die Frage ist, wie sehr ist dies aufeinander abgestimmt, sodass Sie dieses nach Außen offen zeigen können und dies angenommen und verstanden wird. Wie reagiert mein System des Weiteren auf Störungen und starke Veränderungen? Habe ich das Fachwissen und die methodischen Fähigkeiten? Was zeichnet mich denn aus und motiviert mich und womit bewege ich andere? Das berühmte Steine umdrehen, an dem kommen Stiftungen nicht vorbei.

Systemischer Vertrieb braucht Institutional Readyness von Stiftungen

Mir ist bewusst, dass dies viele Reflektionsfragen sind, auch und insbesondere für Stiftungen. Diese sind aber relevant, um ein Gefühl für die Notwendigkeit eines systemischen Vertriebs zu erlangen. Systemisch bedeutet in diesem Kontext, dass der Fokus des Verkäufers bzw. Einkäufers auf die empathische Verbindung mit Menschen, Unternehmen und Organisationen liegt. Ein Bedürfnis, Wunsch, Ziel und oder ein Problem, das mit einem guten Gefühl gestillt, gelöst und befriedigt werden darf. Dies gilt es als systemischer Ver-/ Einkäufer mit hinhörender Ehrlichkeit zu erfahren. Fühlt sich der Kunde verstanden, ernst genommen und wohl, so beginnt dieser innerhalb der systemischen Kommunikationsrückkoppelung seine eigene Lösung, seine zukünftige Wirklichkeit gekoppelt mit einem freudigen Gefühl zu finden. So ist das bei einer Spende auch.

Der COF, Chief of Fundraising, steuert die Ressourcen

Kein Kunde „kauft“ eine Spende bei einer Stiftung, sondern unter anderem ein gutes Gefühl etwas mitzugestalten und für Generationen zu bewahren. Dafür sollte Kommunikation stattfinden, damit Vertrauen entstehen kann. Vertrauen besteht bei einer Stiftung zur Projektarbeit, also zur Zwecksphäre. Dabei gilt es, die innere Vielfältigkeit und Varietät des Geldgebers zu verstehen und zu fühlen, ihm empathisch zu begegnen. Schafft eine Stiftung das, schafft das der Fundraisingverantwortliche einer Stiftung, ist das mehr als die halbe Miete. Der COF, der Chief of Fundraising steuert dabei die Ressourcen, er ist verantwortlich für den Prozess, den Inhalt gestalten alle Beteiligten, das Wie findet und entscheidet der Ressourcenbereitsteller selbst. Das alles beschreibt den systemischen Weg, ins Stiftungsfundraising einzusteigen.

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Zusammengefasst

Fundraising ist Vertriebsarbeit, daran gibt es keinen Zweifel. Setze ich Stiftungsfundraising systemisch auf, ist der Weg ein längerer, aber erstens ist es ein Weg und zweitens ist es einer, an dessen Ende ein Ziel steht, das auch erreicht werden kann. Ein Fundraising-Ziel ist keine wabernde Masse mehr, sondern eine klar definierte Größe, auf die die Stiftung als Organisation ausgerichtet wird. Drei zentrale Fragen sind dabei von Stiftungen mit Fundraisingwunsch zu beantworten: 1) Wie treten wir bis dato nach außen hin auf, reicht das, um Menschen draußen zu begeistern? 2) Können wir die notwendige Beziehungsarbeit mit Geldgebern leisten, können wir ein wertschätzendes Verbinden schaffen? 3) Sind die Einzelbereiche unserer Stiftung bereit, sich einem ganzheitlichen Fundraising-Ansatz unterzuordnen? An diesen Punkten müssen Stiftungen ehrlich zu sich sein, die Antworten hierauf bestimmen ganz erheblich, ob meine Fundraisingbemühungen von Erfolg gekrönt sein werden oder nicht. Und den COF, den Chief of Fundraising, den brauchts obendrauf. Dann klappts auch mit den Spendern.

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Edwin Artz
ist zertifizierter Systemischer Change Manager und Diplom Bankbetriebswirt. Seine Spezialgebiete sind Führungskräfte-Pertubations-Training, Aufbau und Schulung des Systemischen Vertriebs und Systemische Organisationsentwicklung. Selbst war er als Vertriebler und Führungskraft im Finanzsektor und Öffentlichen Dienst aktiv. Im Kern seines Handels betrachtet er stets den individuellen Menschen, die jeweiligen Organisationen, Ihre Wirkungsgrade, Ihre Wirklichkeiten und Perspektiven. Seine Lieblingsaussage ist „Arbeit darf ergebnisorientiert, gesund, bedeutungsvoll und resilient sein – dies ist mein täglicher Antrieb! Lassen Sie uns dies gemeinsam aufbauen und kontinuierlich entwickeln, denn Struktur und Kommunikation schaffen Verhalten.“ Informationen finden sie auf https://www.edwinartz.de/