Erst Diskutieren, dann Delegieren?

Warum Delegieren in den 20ern aus Stiftungssicht das neue Selbermachen sein könnte

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Erst Diskutieren, dann Delegieren?
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Erst einmal wünschen wir allen Lesen von #stiftungenstärken ein gesundes neues Jahr, und egal wie Sie reingerutscht sind, wir hoffen, es war beschwingt und gab damit die Richtung für das neue Jahr vor – und vielleicht sogar für das neue Jahrzehnt. Die letzten 20er Jahre waren die Goldenen 20er, eine Hommage an eben jene Jahre ist die Fernsehserie Babylon Berlin, es ist eine Hommage an eine Zeit, in der Vieles, wenn nicht alles möglich schien. Die jetzigen 20er scheinen aber nicht minder spannend zu werden.

Es kann sein, dass die nächsten zehn Jahre jene sind von denen wir im Nachhinein sagen werden, dass die Welt hier einmal völlig neu gebaut wurde. Vielleicht werden es in der Retrospektive die Jahre sein, in denen wir die Kurve noch einmal gekriegt haben und der Pessimismus, der Europa anheim wohnt, verjagt werden konnte. Und es werden rückblickend vielleicht die Jahre gewesen sein, in denen viele Stiftungen die Weichen gestellt haben werden – personell, strategisch, kapitalanlageseitig.

DER NIEDRIGZINS IST DA UM ZU BLEIBEN

Der Niedrigzins zwingt ja förmlich zum Umdenken, und wer aufmerksam die jüngsten Pressestatements rund um das Weltwirtschaftsforum in Davos vernommen hat und ein wenig in den Archiven der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich herumschnüffelt, der erkennt schnell, dass der Niedrigzins uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben wird. Nicht weil das alle wollen, sondern weil das für uns alle erst einmal scheinbar doch das Beste ist. Ob es Sinn macht, süßen Nektar an ohnehin schon zuckergeschockte Wirtschaftsteilnehmer auszureichen, das sei dahingestellt, notwendig scheint es derzeit immer noch zu sein.

Weg von dieser Metaebene fragen sich viele Stiftungsverantwortliche nun, was das für sie und ihre Stiftung bedeutet. Für Stiftungen hat das Thema Kapitalanlage ja aus verschiedenen Perspektiven heraus eine hohe Relevanz. Nimmt eine Stiftung zu wenige ordentliche Erträge ein, kann sie auf der Zweckseite deutlich weniger bewirken – manchmal sogar fast gar nicht mehr. Entscheiden die Stiftungsvorstände oder die Geschäftsführer falsch, etwa weil sie ihr Können im Kapitalanlagedschungel überschätzen, kommt schnell Unruhe hinein, denn mögliche Pflichtverletzungen könnten Haftungsfälle nach sich ziehen, und das schüttelt die Stiftung dann mal so richtig durch. Reputationsschäden sind die Folge. Delegiert sie die Kapitalanlage, kann derjenige, an den das Ganze delegiert wurde, falsch liegen, und dann steht die eigentlich richtige Entscheidung sofort wieder zur Disposition. Gleiches gilt für den Fall, dass die Kapitalanlage an Fonds delegiert wurde, also auf einer Portfolioebene gedacht und gehandelt wurde.

IST DELEGIEREN DAS NEUE SELBER MACHEN?

Unter Abwägung aller Alternativen scheint die letztere jene zu sein, die für Stiftungen vielleicht die naheliegendste ist. Denn das Kapitalmarktumfeld ist nicht nur kompliziert, nein, es ist komplex. Und auf komplexe Anforderungen gibt es in der Regel keine einfachen Antworten. Wobei, die Antwort, die Kapitalanlage zu delegieren, wäre sogar eine einfache, denn in diesem Fall würde die Komplexitätsfrage auf die Fondshäuser verlagert, die Stiftung müsste sich „nur“ ein Prozedere zulegen, die Fonds auszuwählen auf Basis eines Kriterienkatalogs und entlang eines Rahmen, der Anlagerichtlinie. Derlei Weg könnte für die Organe einer Stiftung extrem entlastend wirken, denn statt Märkte, Trump und Bilanzen zu diskutieren, bewegen sich die Stiftungsverantwortlichen hier auf der Ebene der Controller, sie bewerten die Ergebnisse, passen diese in ihre Zielsystematik ein und entscheiden dann nur noch, ob ein Fonds weiter gehalten wird, verkauft oder gekauft wird. Das So gesehen gäbe es doch einen Weg, die Stiftungsgremien mit der Komplexität der Märkte nicht allein zu lassen.

ZUSAMMENGEFASST

Das was in den 20er Jahren auf uns zukommt, wissen wir nicht. Wir können schätzen, vermuten, extrapolieren, herleiten, aber genau wird derlei nicht. Sich auf Ungewissheiten vorzubereiten, und angesichts des Niedrigzinses und der doch zunehmenden geopolitischen Verspannungen kann es sinnvoll sein, die Kapitalanlage in einer Stiftung n‘ bisschen nachzujustieren. Ordentliche Erträge fallen in einem Niedrigzinsumfeld nicht mehr vom Himmel, vielleicht ist das Delegieren das neue „Das machen wir selber“, oder auch das neue „Das haben wir immer so gemacht“. Wir werden es erleben.