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Die zehn Gebote der Fondsanlage von Stiftungen beginnen ganz vorne. Ihnen fehlt für Ihre Stiftung der rechte Durchblick bei der Fondsanlage? Sie brauchen einen ersten Impuls? Ihre Stiftungsgremien trauen sich nicht, im aktuellen Umfeld Anlageentscheidungen zu treffen? Dann geben Ihnen die nachfolgenden zehn Gebote noch einmal ein paar ganz grundsätzliche Überlegungen an die Hand, und vielleicht stellt sich ja sogar ein kleiner „let’s face it“-Moment, wie bei einem Tiefschneefahrer, wenn er zum ersten Schwung ansetzt. Oder bei einem Anleger, wenn er das erste Mal eine Aktie kauft.
1. Gebt Euch eine Anlagerichtlinie.
Ohne Anlagerichtlinie ein Fondsportfolio zu kreieren ist in etwa so wie eine Abfahrt im Renntempo ohne vorherige Besichtigung zu fahren. Die Anlagerichtlinie gibt dem Stiftungsvermögen einen Rahmen, in dem die Stiftungsveranwortlichen agieren können. Dort ist festgehalten, am besten in der Präambel, was für ein Bild die jeweilige Stiftung vom Kapitalmarktumfeld hat und wie sich in diesem Umfeld bewegen möchte. Je klarer der Rahmen, desto größer der Handlungsspielraum (der Spruch ist nicht von mir sondern einer Mitarbeiterin einer Stiftungsaufsicht).
2. Legt Euch ein Fondsportfolio zu.
Alles auf einen Fonds zu setzen und zu erwarten, dass dessen Konzept in jeder Marktphase „liefert“, hat nichts mit Vermögensverwaltung zu tun. Eine Stiftung sollte stets, auch um Diversifikationsgebot und Spekulationsverbot zu erfüllen, auf Ebene eines Portfolios denken. Sie sollte sich ein Portfolio aus Fonds zusammenstellen. Das gewährleistet, über Anlagestile, verschiedene Fondsmanager, unterschiedliche Assetklassen und auch Fondsanbieter streuen zu können – und genau aus dieser Breite speist sich die Resilienz eines Fonds- respektive Stiftungsportfolios.
TV-TIPP:
Wie Stiftungsvermögen resilienter wird und welche Rolle Stiftungsfonds & Co. dabei spielen, das war Thema beim 3. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. Zur Mediathek mit allen einzelnen Videos finden Sie hier.
3. Schaut zuerst auf die Ausschüttung.
Das aus Stiftungssicht wichtigste Kriterium bei einem Fonds ist die Ausschüttung. Die Ausschüttung sollte fest in der DNA des Fondskonzepts verankert und von Beginn an auch entsprechend geflossen sein. Je regelmäßiger bzw. stabiler ein Fonds ausschüttet, desto besser kann eine Stiftung ihre Liquiditätsplanung (ebenso ein MUST) gestalten. Generiert ein Fonds heute ordentliche Erträge aus verschiedenen Quellen, kann solch ein Fonds womöglich künftig höhere respektive stabilere Ausschüttungen zeigen als ein klassischer Stiftungsfonds. Marc Aurels „Denke lieber an das, was du hast, als an das, was dir fehlt.“ hilft Stiftungen bei der Ausschüttung grundsätzlich nicht weiter. Thesaurierende Fonds wiederum bekommen durch die Stiftungsrechtsreform ihre Chance im Fondsportfolio einer Stiftung, Basis sollten (müssen) aber weiterhin ausschüttende Fonds sein.
4. Fragt nach der Ausschüttungsreserve.
Wer Ausschüttung sagt, muss auch nach der Ausschüttungsreserve fragen. Ausschüttungsreserven sagen viel über die künftige Ausschüttungsfähigkeit des Fonds aus, aber auch über die generelle Ausschüttungspolitik. Fonds mit Ausschüttungsreserven sind aus Stiftungssicht leicht zu bevorzugen.
5. Berücksichtigt nicht ausschließlich Stiftungsfonds.
Es gibt nicht den einen Stiftungsfonds, der die eierlegende Wollmilchsau ist. Stiftungsfonds sind durchaus für die Belange von Stiftungen konzipiert worden, aber bei manchen gehen Name und Stiftungseignung auch getrennte Wege. Ein Fondsportfolio einer Stiftung kann Stiftungsfonds enthalten, keine Frage, aber dazu sollten auch Ideen wie Income-Fonds, Infrastruktur- oder REIT-Fonds, ausschüttungsstarke Aktien- und auch Immobilienbausteine berücksichtigt werden. Ein Stiftungsfonds allein ist nicht die Antwort auf das aktuelle Niedrigzinsumfeld. Auf höhere Zinsen zu hoffen ist wiederum keine Strategie. Denn wie wusste Shakespeare schon: Hoffnung ist oft ein Jagdhund ohne Spur.
6. Modelliert ein Ausschüttungsgebirge aus verschiedenen Quellen.
Nochmal das Thema Ausschüttungen. Ein Stiftungsfonds, der zu 85% Kupons aus Bundesanleihen und zu 15% Dividenden europäischer Unternehmen vereinnahmt, wird es künftig schwerer haben, sich noch stiftungsgeeignet nennen zu können. Fonds die breiter gefasst ordentliche Erträge erzielen, dürften dagegen von Stiftungen gesucht werden. Eine breitere Basis für Erträge macht auch die Ausschüttung verlässlicher. Weil eine Stiftung hier eben nicht auf nur eine oder zwei Quellen angewiesen ist. Daher gilt: Den Ausschüttungsstrauß breiter fassen und dafür dann auch die Scheuklappen ablegen.
7. Streut nicht nur über Ansätze, sondern auch über Anbieter.
Über Ansätze und Assetklassen sowie Investmentstile zu streuen, das leuchtet ein. Ein wichtiges Diversifikationsmoment kann aber auch entstehen, wenn Stiftungen nicht nur Stiftungsfonds von fünf Privatbanken miteinander kombinieren. Ein zwei davon tun es auch, dazu passt dann ein Fonds eines deutschen Vermögensverwalters, ein Fonds eines britischen Vermögensverwalters und ein Fonds eines französischen Versicherungskonzerns, nur als Beispiel. Denn dort werden die Märkte jeweils anders gesehen, wird entsprechend anders akzentuiert investiert. Das berücksichtigt, dürfte das Fondsdepot einer Stiftung noch eine Spur widerstandsfähiger sein. Streuung auch über Einstiegszeitpunkte hinweg kann ein weiterer wichtiger Akzent sein.
TV-TIPP:
Wie Stiftungsvermögen resilienter wird und welche Rolle Stiftungsfonds & Co. dabei spielen, das war Thema beim 3. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. Zur Mediathek mit allen einzelnen Videos finden Sie hier.
8. Stellt Euch Eurem Portfolio.
Die Portfoliowahrheit kann unangenehm sein. Aber zu wissen, wo die Ausschüttungen rückläufig sind, welcher Fonds sich immer schlechter entwickelt hat als die anderen und was für Kosten mit der Allokation verbunden sind, macht eine Stiftung handlungsfähiger für die Zukunft. Denn wer die Stellschrauben kennt, der kann sie auch drehen.
9. Seid ehrlich zu Eurer Hausbank.
Die Beziehung zur Hausbank ist in der Regel eine gewachsene, und Diskussionen über Fondsideen oder Kosten enden meist immer mit dem üblichen „Aber wir arbeiten doch nun schon so lange zusammen, wie oft haben wir Euch bei Fragen geholfen?“-Abbinder. Thema durch, würde man in Westfalen sagen. Nicht jedoch für eine Stiftung. Seien Sie offen, sprechen Sie die Kosten an, und auch dass sie Fremdfonds haben wollen, ohne Ausgabeaufschlag. Depotgebühren können ja unangetastet bleiben, aber Kaufgebühren für Fonds müssen so knapp wie möglich ausfallen. Als Stiftung haben Sie immer noch die Alternative, mit der Kapitalanlage zu einer darauf spezialisierten (Fonds)Bank zu gehen. Im Einkauf liegt der Gewinn, wusste schon die alten Hansekaufleute.
10. Dokumentiert, warum ihr welchen Fonds gekauft habt (und wann ihr ihn wieder verkauft).
Ohne Dokumentation ist alles nichts. Nicht nur für die Vorstände, die heute die Verantwortung tragen, sondern auch für künftige. Kann eine Entscheidung aufgrund eines Straußes von Informationen nachvollzogen werden und ist der Rahmen klar skizziert, lassen sich Haftungsrisiken praktisch komplett ausschließen. Dokumentation ist wesentlicher Teil des Haftungsmanagements, ein Freerider dokumentiert heute auch jeden Sprung und jede Linie.
Zusammengefasst
Die zehn Gebote zur Fondsanlage von Stiftungen sind sicherlich noch auszubauen. Dennoch war mir ein Anliegen, Stiftungsverantwortliche einmal von vorne an die Hand zu nehmen. Ein Fondsportfolio zusammenzustellen, hat schon etwas mit Handwerk zu tun. Ein solches braucht auch die richtigen Fragen, nur durch richtige Fragen lassen sich die nicht passenden Fonds ausschließen. Vor allem aber braucht es das Loslassen, von Bewährten, von alten Glaubenssätzen. Von diesen hören wir in der Verwaltung von Stiftungsvermögen noch zu viele. Hexenwerk ist das Fondsportfolio einer Stiftung aber definitiv nicht, n‘ bisschen Handwerk schon. Aber einen Nagel bekommt noch jeder von uns in die Wand.