Dem richtigen Fonds auf der Spur

Welche Erfahrungen eine Stiftung in einem Fonds-Pitch machte

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Spurensuche
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Dem richtigen Fonds auf die Spur zu kommen, erinnert an Autoquartett. Oh, was waren das für Zeiten. Bei Autoquartett geht um Höchstgeschwindigkeit, PS, Beschleunigungszeit, Zahl der Zylinder oder die Größe des Hubraums. Wer in einer Runde die beste Kennzahl nennen kann, gewinnt. Wer dagegen mehrere Finanzdienstleister zu einem Pitch einlädt, hat es nicht ganz so einfach. Er muss sich auf Spurensuche begeben, welcher Fonds und welcher Fondsanbieter „zu mir, meiner Stiftung und meinen stiftungsspezifischen Zielen“ passt.

In solch einer Markterkundung glänzt der eine mit einem hervorragend performenden Immobilienfonds, der andere hat die Anlageklasse Immobilien gar nicht im Portfolio, weil man diese auch durch Aktien von Immobilienunternehmen darstellen kann. In Sachen Nachhaltigkeit betreibt der eine eigenes Research, der andere verlässt sich auf ein Institut. Der dritte betont, gar keine Nachhaltigkeitskriterien anzuwenden, da jeder Kunde darunter etwas anderes verstehe. Das hält das Unternehmen allerdings nicht davon ab, wenig später stolz einen Nachhaltigkeitsbericht zu präsentieren. Auch hat jeder eine eigene Meinung dazu, ob es nun ein aktiv gemanagtes oder passives Portfolio sein soll. Leicht übersehen wird dabei oft die ohnehin schon überlastete Kraft in der Buchhaltung, die bei der Entscheidung für Einzeltitel jede Bewegung im Portfolio verbuchen muss und deshalb nur noch im Sommer Tageslicht sehen wird.

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TV-TIPP:
Kennen Sie schon #fondsfibel AKTUELL, den TV-TALK rund um Stiftungsfonds & Co.? Wir laden hier Stiftungsmanager und Stiftungsexperten zum Gespräch über stiftungsgeeignete Fonds und die Fondsanlage von Stiftungen.

Was kostet Vermögensverwaltung jetzt genau?

Und dann gibt es noch sehr unterschiedliche Wege, wie die Kosten für die Vermögensverwaltung an den Kunden weitergegeben werden. Einer setzt noch auf Ausgabeaufschläge, die der andere als veraltet belächelt. Er selbst hat hauseigene Fonds, die dafür eine Verwaltungsgebühr beinhalten. Diese ist bei anderen Anbietern deutlich geringer, dafür setzen sie auf eine umfangreiche Gewinnbeteiligung, wenn der Fonds eine Outperformance erzielt. Obendrein hat jeder schlüssige Argumente parat, warum die Konkurrenz Anlagekonzepte vorhält, die ihnen bei den im nächsten Halbjahr zu erwartenden Marktverwerfungen um die Ohren fliegen.

Nicht nur Laien, deren Schwerpunkte eher Kultur, Bildung, das Gesundheitswesen oder soziale Arbeit sind, sondern auch Justiziare und Controller haben hier ihre liebe Mühe, wenn es darum geht, die Angebote zu vergleichen. Man kann es niemandem vorwerfen, der sich hier eher auf persönliche Empfehlungen, Top-Plätze in Rankings oder die Sympathiewerte der Präsentatoren verlässt, anstatt das Anlagekonzept detailliert zu ergründen.

TV-TIPP II:
Im Rahmen des Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen fanden auch in diesem Jahr wieder zwei Elevator Pitches statt. Drei Fonds bekamen jeweils 3 Minuten auf dem heißen Stuhl. In der #vtfds-Mediathek können Sie sich die jeweiligen Pitches noch einmal in Ruhe anschauen.

Bei der Anlageentscheidung prallen schon mal Lebenswelten aufeinander

Aber schließlich kommt doch der Moment der Entscheidung. Dann gibt es zwei Schwierigkeiten: Zum einen sitzen im beauftragten Gremium nicht selten Menschen aus den unterschiedlichsten Berufen und Lebenswirklichkeiten zusammen, deren Erfahrung mit Geldanlage stark variiert. Wenn es dann um die Auswahl der Anlageklassen, die Risikotragfähigkeit, die Komplexität der Anlagestrategie und die Berücksichtigung ethischer Kriterien geht, bleibt oft nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig. Hinzu kommen die mahnenden Worte: „Wir entscheiden über fremdes Geld.“ So wird dann zuweilen aus Angst, die Organisation in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen und am Ende gar selbst für Verluste geradestehen zu müssen, ein attraktives Anlagekonzept verworfen, in das man die eigenen Ersparnisse ohne zu zögern investiert hätte. Am Ende eines langen Sitzungsabends kommt mitunter sogar die Frage auf, ob es die ganze Mühe eigentlich Wert ist. Lohnt es wirklich, für vielleicht 5.000 oder 10.000 Euro mehr an ausschüttungsfähigen Erträgen solche Risiken einzugehen und jeden Werktag die Entwicklungen an den Finanzmärkten verfolgen zu müssen?

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Anlagerichtlinien sorgen für Erleichterung

Etwas Erleichterung bei der Entscheidung können sicherlich Anlagerichtlinien bringen. Wichtigster Klärungspunkt sind dabei vor allem die langfristig angestrebte sowie die maximale Aktienquote und das eigene Verständnis von Nachhaltigkeit. Eine gemeinnützige Organisation möchte sich schließlich so wenig wie möglich angreifbar machen. Über deren Beschluss freut sich vor allem einer: der Vorstand oder Geschäftsführer, der nun nicht mehr in Haftung genommen wird, wenn er im Falle von Kursverlusten belegen kann, dass er die Anlagerichtlinien befolgt hat. Vor dem Fondspitch stehen also Hausaufgaben an. Das Ausarbeiten oder Aktualisieren der Anlagerichtlinie, das Definieren von Zielen und Kreieren von Kriterien zur Fondsauswahl und dann das Erörtern mit den Fondsanbietern entlang historischer Daten für Ausschüttung, Drawdown und Wertentwicklung.

Zusammengefasst

Die Hoffnung vieler Stiftungen, dass sich das mit dem Niedrigzins bald wieder erledigt, ist – um mit Shakespeare zu sprechen – oft ein Jagdhund ohne Spur. Sich auf die Spur der Fondsanlage bzw. einzelner stiftungsgeeigneter Fonds und ihrer Leistungsmerkmale zu machen, dürfte folglich zielführender sein.

Hinweis: Der Text ist im Original in der ausschließlich gedruckten Form der ersten FondsFibel für Stiftungen & NPOs erschienen.