„Das Risiko, mal was Neues auszuprobieren, kann sich lohnen“

Bettina Model spricht mit Olivier Kaeser, dem Gründer und Kopf hinter atlasGO, einem Plattform-Unternehmen, das vor allem für seine Spendenlauf-Tools bekannt geworden ist. Olivier Kaeser kennt die Bedürfnisse von Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen ganz genau, weiß um deren Druck, heute für morgen Spenden einwerben zu müssen. Dass dabei die alten nicht mehr die neuen Wege sein dürften, davon ist er überzeugt.

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Bettina Model im Gespräch - Folge 8
Lesezeit: 4 Minuten

Olivier Kaeser ist ein richtiger Entrepreneur. Er erkannte einen Bedarf, einen im gemeinnützigen Sektor, und machte sich mit seinen Partnern daran, eine Lösung für diesen Bedarf zu kreieren. Heraus kam ein Spendenlauftool, dass durch die Corona-Pandemie enormen Zulauf hatte, weil plötzlich trotz Lockdowns Spenderinnen und Spender erreicht und Spenden eingeworben werden konnten. Der „gute alte“ Spendenlauf hatte sein Pendant im Digitalen gefunden. Es ist spannend, mit ihm über seine unternehmerische Vision zu sprechen, aber auch darüber, wie er die Welt Post-Corona sieht. Als Digital Native, wie er einer ist, weiß er aber auch, dass hybrid vielleicht eines der Zauberwörter für die Zukunft sein kann.

Bettina Model: Olivier wir gemeinsam haben am 26.08.2019 den ersten Workshop zu digitalem Fundraising in München organisiert. Das war 2019 schon ein sehr neuer Ansatz. Was hat sich Deiner Meinung nach seitdem konkret verändert?

Olivier Kaeser: Die Pandemie hat natürlich so ziemlich alles auf den Kopf gestellt. Die Nachfrage nach virtuellen Lösungen hat sprunghaft zugenommen. Gerade da haben wir alle wohl eine Entwicklung, die sonst viel länger gedauert hätte, in kürzester Zeit miterlebt. Physische Anlässe waren aufs Mal nicht mehr möglich, das war vor allem für Organisationen die von Spendenanlässen leben ganz schlimm.

Die Spendengala oder der Spendenlauf waren so nicht mehr möglich, da mussten schnelle und gute Lösungen her. Bei den Unternehmen war und ist die Problemstellung vor allem, wie man seine Mitarbeitenden auch von zu Hause aus bei der Stange hält und trotzdem in die Firmenkultur investieren kann. Meiner Meinung nach werden sich diese Fragestellungen auch nicht groß verändern, wenn wir nun hoffentlich bald mal aus dieser Pandemie raus sind. Einige dieser Veränderungen waren ja auch ganz gut und half uns allen, fest eingesessene Strukturen und Eigenheiten mal zu hinterfragen und auch positiv zu verändern. Unsere Firma wird beispielsweise nicht mehr in einen voll physischen Arbeitsalltag zurückkehren und unsere Mitarbeitenden werden auch in Zukunft wohl 2-3 Tage von zu Hause ausarbeiten.

Die Berührungsängste zu digitalen Projekten sind im Bereich von Stiftungen und Vereinen ziemlich groß. Kannst Du diese Ängste oder Vorbehalte verstehen?

Ja, absolut, und dafür gibt es sicherlich auch ganz viele berechtige und verschiedene Gründe. Vereine und gemeinnützige Organisationen stehen unter sehr großem Kostendruck und gerade wenn es ums Spenden sammeln geht, konzentriert man sich eher auf traditionelle Methoden und Anlässe. Zudem ist es ja auch enorm schwierig, im Voraus den Erfolg einer digitalen Kampagne abzuschätzen, es besteht also durchaus ein Risiko.

Was für uns enorm wichtig ist, ist dass wir gerade während der Abklärungsphase sicherstellen, dass unser Produkt für den Partner das richtige ist, und dass alle verstehen, wer für was verantwortlich ist. Ein Teil der Berührungsängste ist sicherlich auch damit verbunden, dass gerade digitale Produkte oft aggressiv und mit zuweilen unrealistischen Versprechungen beworben werden. Und das hilft dann am Schluss niemandem. Und natürlich sind sich viele auch nicht sicher, wie ihre Community auf ein digitales Produkt reagiert.

Gerade gemeinnützige Organisationen haben oft auch Unterstützerinnen und Unterstützer, die selber noch nicht mit digitalen Projekten aufgewachsen sind und darum auch bezüglich Benutzerfreundlichkeit Gedanken machen. Es gibt also viele Gründe für die Zurückhaltung aber gerade die Pandemie hat gezeigt, dass die Zukunft wohl zumindest teilweise digital stattfinden wird und dass sich das Risiko, mal etwas Neues zu probieren, auch wirklich lohnen kann. Denn physische Anlässe sind ja bezüglich Kosten und Logistik auch extrem aufwändig.

Das Team von atlasGO um Olivier Kaeser hat den Digitalen Spendenlauf als funktionables Spendentool auch für Stiftungen am Markt etabliert.

atlasGO - Das Team


Ich gehöre auch nicht unbedingt zu den digitalen Natives, halte aber die Kombination aus beiden Welten, der analogen und der digitalen für eine echte Chance. Ich bin ein Fan von Hybriden Veranstaltungen. Was ist Deine Meinung dazu?

Da bin ich mit dir zu 100% einverstanden und ich hoffe auch sehr, dass wir diesen Weg maßvoll angehen. Auf der einen Seite den menschlichen Kontakt nicht vernachlässigen, auf der anderen Seite aber auch die Vorteile der Technologie so ausnutzen, dass sie einen Mehrwert schafft. Du hast ja selber auch viele Veranstaltungen organisiert, Spendenläufe, Belegschaftsfeier oder Fundraising Galen. Auf der einen Seite ist das ein riesiger logistischer Aufwand, auf der anderen Seite aber halt auch ein super Gefühl, zusammen vor Ort etwas zu erleben. Nun können aber meistens nicht alle am gleichen Tag am selben Ort sein und du verlierst wertvolle Teilnehmende. Mit einer digitalen Komponente kannst du nun dein Teilnehmerfeld geografisch und zeitlich theoretisch unendlich skalieren. Zudem kannst du deinen Sponsoren und Partner aktiver mit einbeziehen, die Visibilität erhöhen.

Was ist denn eigentlich Eure Vision, Euer Mindset? Was ist das Warum?

Primär geht es uns darum eine Firma und ein Produkt zu gestalten, die für alle unsere Stakeholder einen klaren positiven Nutzen erzielt und auch Lösungen zu den vielen sozialen und umwelttechnischen Herausforderungen, denen wir uns momentan stellen müssen, bietet. Unsere Geschäftsform als Benefit Corporation und zertifiziertes B Corp Unternehmen ist darum gleichermaßen Umsatz- und Impact orientiert.

Ohne Umsatz haben wir keine Überlebensbasis, aber es geht uns nicht darum so schnell wie möglich so groß wie möglich zu werden. Wir konzentrieren uns darauf, eine wirklich „gute“ Firma aufzubauen. Das fängt bei der Unternehmenskultur an und hört beim Produkt auf. Ob die Firma dann mal 50, 100 oder 1,000 Mitarbeitende hat, oder 10 Millionen oder 100 Millionen Umsatz macht, ist darum nicht mal so wichtig. Wir möchten, dass unsere Mitarbeitenden Freude an ihrer Arbeit haben und etwas bewegen können, dass unsere Kunden und Benutzerinnen und Benutzer zufrieden sind und dass wir zusammen unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten können.

Kannst Du uns die Plattform atlasGO in 3 Sätzen erklären? Was genau macht Ihr?

Wir spezialisieren uns auf digitales Community Engagement. Konkret möchten wir Personen virtuell auf unserer Plattform zusammenbringen, die für sich selbst und für andere etwas Gutes tun möchten. So organisieren wir Kampagnen für Firmen, Vereine und gemeinnützige Organisationen, durch die Beispielsweise mit jedem gelaufenen Kilometer Bäume gepflanzt werden.

Die Idee von atlasGO ist für Social Profits und Wirtschaftsunternehmen ein sehr guter Ansatz der Veränderung. Siehst Du das auch als Chance zu einer Veränderung?

Ja klar, wir möchten mit unseren Kampagnen für die Teilnehmenden ein positives Erlebnis kreieren und ihnen auch helfen, sich sportlich zu betätigen oder auch mal etwas ganz Neues auszuprobieren. So beinhalten einige Kampagnen beispielsweise auch Yoga- oder Meditationskurse. Die Veränderung beginnt, wie man so schön sagt, ja bei sich selbst. Ein weiteres Ziel ist auch, eine wirklich positive Plattform zu schaffen, bei der es darum geht, zusammen etwas zu erreichen und sich gegenseitig zu motivieren. Auch da sehen wir den Bedarf zur Veränderung, da sich die meisten sozialen Medien meines Erachtens in die falsche Richtung entwickelt haben. Da probieren wir Gegensteuer zu geben und stellen uns Fragen, wie unsere Plattform hoffentlich nachhaltig zum Eigen- und Gemeinwohl beitragen kann.

Das ist bestimmt einer der Schlüssel, als Unternehmen künftig erfolgreich zu sein. Wir danken Dir für Deine Einblicke.