Dass Bäume schlaue Maschinen sind, und diese schlauen Maschinen das Stiftungsvermögen durchaus schmücken können, daran besteht nur wenig Zweifel. Dennoch sind Forstinvestments hierzulande fast schon verpönt als wenig renditestark und kaum realisierbar. Da Stiftungsvermögen aber weltweit auf Wald als Baustein innerhalb der Quote für Alternative Anlagen einen festen Platz hat, wollten wir mehr über die Anlageklasse Wald erfahren. Gemeinsam mit den Waldexperten von United Bankers machten wir uns auf den Weg in den finnischen Wald. Ein Field Trip in Bildern.
Helsinki von seinen schönsten Seiten
Aufbruch zu unserem Field Trip nach Finnland war morgens um 7 Uhr in München. Gut zwei Stunden Flug, eine Stunde Zeitumstellung, Zugfahrt vom Flughafen Helsinki in die Innenstadt – Helsinki empfing uns an Tag 1 des Field Trips bei schönstem Wetter, nachmittags begann es bei minus 15 Grad an zu schneien. November in Finnland eben.
Quelle: Bildarchiv stiftungsmarktplatz.eu
Wie funktionieren Forstinvestments
In Helsinki empfing uns Dick Ehrnrooth von United Bankers (im Bild mit fondsfibel-Redaktionsleiter Stefan Preuss, links), einem finnischen Asset Manager, der schon seit Jahrzehnten – so kann man das sagen – Forstinvestments realisiert. Er organisierte für uns den Field Trip über Helsinki bis nach Jyväskylä, wo wir sowohl Forstparzellen als auch eine Zellstoff-Fabrik besichtigen konnten, in der wir die Wertschöpfung um Holz herum kennenlernten, unter anderem in einem Elevator Pitch auf der Treppe. Dazu später mehr.
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Finnland, unendliche Weiten…
fondsfibel-Redaktionsleiter Stefan Preuß bei der Fahrt im Zug vom Flughafen Helsinki in die Innenstadt der finnischen Hauptstadt. Selbst auf dieser kurzen Strecke ließ sich erahnen, welch große Rolle Wald in Suomi spielt. Aber eben auch, dass auf öffentlichen Parkplätzen in Finnland 50% der Stellplätze eine Auflademöglichkeit für E-Fahrzeuge bereithalten.
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Im Büro treffen wir zwei Manager von Forstfonds
United Bankers ist seit den 80er Jahren im Forstbereich aktiv, managt Vermögen für institutionelle Anleger, zu denen auch Stiftungen gehören. Die beiden Fondsmanager Kari Kangas (links oben) und Jyri Hietala (links unten) sind profunde Kenner der Besonderheiten von Forstinvestments. Wir lernten unter anderem, dass Wald in Finnland in Parzellen bewirtschaftet wird, das es von einem Punkt in dieser Parzelle egal in welche Richtung maximal 400 Meter Fußweg bis zum nächsten Forstweg sind und dass der Klimawandel – Stand heute – dem Wachstum finnischer Wälder sogar gut tut.
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Heute fährt die 3 bis nach Jyväskylä
Nach unserem Termin im Büro von United Bankers ging es mit dem Zug weiter. Drei Stunden bahnte sich dieser seinen Weg gen Norden, nach Jyväskylä. Je näher wir dem Polarkreis kamen, desto kälter wurde es. Jede Schneeflocke blieb liegen, klamottenseitig ist man hier schnell “underequipped“. Was dieses Wetter mit den finnischen Wäldern macht, das erfuhren wir am nächsten Tag, wichtig für Stiftungen bzw. das Stiftungsvermögen ist, dass Wald ein Investment ist, das einen Anlagehorizont weit über das Kalenderjahr hinaus braucht.
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Forst ist in Finnland auch ein Start-up-Business
An Tag 2 unseres Field Trips nach Finnland wurden wir zunächst zum Tagesablauf gebrieft. Zuerst stand der Besuch einer Zellstoff-Fabrik auf der Agenda, im Anschluss ging es weiter in den tief verschneiten Wald, wo wir fachkundig durch einzelne Waldparzellen geführt wurden. Auf dem Weg zur Fabrik von Metsa überholten wir unzählige Holztransporter, die Fabrik selber öffnete einen Blick in die Zukunft, also in die künftige Wertschöpfung rund um den Rohstoff Holz. Dick Ehrnrooth fasste knackig zusammen: There is more to come.
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Inside Zellstoff-Fabrik
Das Besondere an den klimatischen Bedingungen ist, dass es in Finnland noch richtigen Winter gibt, der sich deutlich vom Sommer unterscheidet. Wasser ist damit kein Thema, auch der Borkenkäfer kann hier nicht überwintern. Vor allem aber ist es das äußerst professi zuonelle Forstmanagement, das Wald hier zu einem Investment macht – und zur Basis für Start-up-Unternehmen wie Woodio. Deren CEO trafen wir im Besucherzentrum der Metsa-Zellstoff-Fabrik, wo wir auch Jacken aus Holzfasern besichtigen und am Baumfäll-Simulator Platz nehmen konnten, zum Elevator Pitch auf der Treppe, erfuhren, dass mehr Märkte mit den aus Holzwerk- bzw. verbundstoffen gefertigten Waschbecken erschlossen werden sollen. Metsa ist an diesem Start-up beteiligt, rund um das Thema Holz existiert in Finnland eine unternehmerische Kultur à la „wooden future is our future“.
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Resilienz kriegst Du im Wald nicht geschenkt
Spike-bereift ging es nach dem Besuch der Metsa-Zellstoff-Fabrik in den Wald. Und in Finnland heißt Wald Wald. Hier ist the middle of nowhere, hier gibt es nichts außer Bäumen. Auffällig ist jedoch, dass die Wälder in Finnland sehr gesund aussehen, dass hier keine Monokulturen existieren. Das wiederum ist ein ganz entscheidender Unterschied zu deutschen Wäldern, und macht die Wälder im hohen auf verschiedene Art resilient. Diese Resilienz wiederum ist ein Faktor, wenn es darum geht, auch als Stiftung Forst als Investment zu evaluieren. Dick Ehrnrooth, Ansprechpartner für Stiftungen bei United Bankers, fasst es so zusammen: Forst ist harte Arbeit, dazu auch so etwas wie eine Wissenschaft, aber Forst braucht eben auch sehr viel Erfahrung.
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Ohne einen Plan geht der Finne nicht in den Wald
Was wir im Wald nördlich von Jyväskylä lernten, war, dass ein Wald umso besser bewirtschaftet wird, je besser der Plan ist. Also ließen wir uns von Eero Viitanen, der für United Bankers als Ranger fungiert und die Forstgebiete besucht, überwacht und evaluiert, erläutern, welchen Einfluss Wetter- und Niederschlagsstatistiken haben, wie die einzelnen nach welchen Kriterien ausgeforstet werden und was dann mit den Waldstücken passiert. Wussten Sie zum Beispiel, dass Baumstümpfe von Birken ganz bewusst stehen gelassen werden, um Insekten Brut- und Nistplätze zu bieten? Dies leistet der Biodiversität in einer Wald-Parzelle Vorschub und hat positiven Einfluss auf die Bodenqualität, was wiederum wichtig für das ein Jahr später beginnende Aufforsten ist. Eine Birke haben wir gefunden, die schief stand und den anderen Bäumen damit den Platz zum optimalen Gedeihen genommen haben – es blieb bei der einen Birke.
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Snowy weather conditions
In den Wäldern Finnlands versteht jeder, was der Pilot beim Anflug auf Helsinki mit „snowy weather conditions“ meint. Dicke Schneeflocken, von denen jede liegenbleibt, wer den befahrbaren Pfad verlässt, braucht sofort Winterstiefel, um keine nassen Füße zu bekommen. Wir wollten von Dick Ehrnrooth und Eero Viitanen wissen, ob es denn einen Unterschied macht, ob der Winter nun lang oder kurz sei? Die Antwort fiel eindeutig aus: Bäume sind schlaue Maschinen, die wissen, wie viel sie bis Ende des Sommers wachsen müssen.
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In Finnland funktioniert alles
Von der Waldbesichtigung ging es über den Bahnhof Jyväskylä über Tampere wieder zurück nach Helsinki. Was auffiel war, dass Verspätungen bei der finnischen Bahn bereits im Ein-Minuten-Bereich angezeigt werden, diese Einheit gibt es ja in Deutschland gar nicht. Dazu sind viele Straßen neu, perfekt asphaltiert, der Bias zudem, dass Forstwirtschaft eine der wichtigsten Industrien in Finnland ist, ist ausgeprägt. Kreditkartenzahlungen sind an der Tagesordnung, die Frage welche Karte akzeptiert wird, stellt sich in Finnland nicht. Wir nehmen ferner mit, dass die Bedingungen für ein Investment stabil sind (wir sprachen mit United Bankers auch über die Hürden bzw. Probleme im brasilianischen Regenwald), die geopolitische Situation in Finnland mit sehr viel Realismus gesehen wird. Es macht etwas mit einem, wenn man Tür an Tür mit einem potentiellen Aggressor wohnt, so hören wir. Bei alldem: Wenn US-Endowments in Wald investieren können und dies seit Jahrzehnten tun, dann könnte dies auch für deutsche Stiftungsvermögen eine Idee sein.
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Zusammengefasst
Wir haben in Finnland viel über das Investieren in Wald gelernt. Aus Stiftungssicht sind für das Stiftungsvermögen dreierlei Dinge wichtig:
- Forst ist eine Anlageklasse, die sehr gering mit Aktien oder Anleihen korreliert ist. Gleichwohl hängt der Erfolg eines Waldinvestments an Faktoren wie dem Holzpreis, der wiederum schon mit der Konjunktur schwankt, dem aktiven Bewirtschaften des Waldes und den Umweltfaktoren, die von Standort zu Standort variieren. In Finnland sind Sie nahezu optimal – und werden dies auch bleiben.
- Stiftungen würden in Wald im Kontext ihrer DNA investieren. Denn auf ewig errichtete Kapitalkörper tun gut daran, sich wirklich langfristig aufzustellen. Bei Aktien heißt es oft, 5 Jahre seien ein guter Anlagehorizont, bei Anleihen wird die 10jährige gerne als Maßstab herangezogen. Ein Baum braucht von der Saat bis zur Ernte 30 Jahre, wenn es so optimal läuft wie in Finnland. Das ist dann auch, Zwischenernten eingerechnet, der Anlagehorizont, den Stiftungen mitbringen müssen. Wood Ding will Weile haben.
- Eine Anlageklasse, die ESG-, SDG- und Impact-Maßstäben standhält, ist selten. Wald schafft das, der Standort spielt hierbei aber eine gewichtige Rolle. Finnland bietet hier nahezu das Optimum, und schaut bereits noch weiter in die Zukunft, wie Forstwirtschaft noch stärker zirkular werden kann.
Auch in diese Zukunft investiert man über eine Anlage in Wald. Insofern kommen wir inspiriert zurück, aber auch motiviert, uns aus Stiftungsicht noch weit stärker mit Alternativen Anlagen auseinanderzusetzen.