Vergesst 60:40

Warum wir beim 5ten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen viel über 20:20:20:15:15:10 sprechen werden

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Vergesst 60 zu 40, das ist out, outer kann es gar nicht sein. Say good bye to 60:40, say hello to 20:20:20:15:15:10. Das war für mich so etwas wie das Motto der Endowment and not for profit management conference in Toronto, auf der ich Ende April in diesem Jahr zu Gast sein durfte. „So, you are the guy from germany, right?“, so wurde ich begrüßt, und sogleich kam die Faszination zum Tragen, wie auf der anderen Seite des Atlantiks über das Verwalten von Stiftungsvermögen diskutiert wird. Hier wird in Möglichkeiten gedacht, nicht in Schranken, hier werden Chancen gesehen, nicht die (nur) die Risiken. Für den 5ten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen, der am 12.6. ab 9:30 Uhr wieder auf Sendung geht, war dieser Rahmen eine perfekte Inspiration. Denn jedes Stiftungsvermögen kann mehr.

Wie es immer so ist, wenn man das Programm einer Veranstaltung zusammenstellt, am Anfang ist das weiße Blatt Papier. Drei Begriffe schrieb ich zuerst auf, Anlagekonzept, Flexibilität und Diversifikation, dazu dann ein paar Namen. Richtig rund wurde das Ganze, als ich das Programm zur Endowment-Konferenz in Toronto in die Hände bekam, denn dort wurde genau das diskutiert, was mich gedanklich offen gestanden umtreibt. Für mich steht fest, dass es kein Zurück zu 60 zu 40 oder 70 zu 30-Allokationen im Stiftungsvermögen gibt. Das ist vorbei, in Toronto sagten sie zu mir: Tobias, forget 60 40. Wissen Sie warum? Weil man in Nordamerika der Meinung ist, dass sich Unsicherheit die Kapitalanlagen betreffend nicht aussortieren lässt, wenn man nur auf Zahlungsversprechen des Staates setzt. Wir sind staatsgläubig, dort ist man es nicht, und das wirkt sich aus auf das Verwalten von Stiftungsvermögen.

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Say hello to 20:20:20:15:15:10

In einem Workshop diskutierten wir beispielsweise über die Asset Allocation der Katholischen Kirche von England, die sehr nahe an 20:20:20:15:15:10 dran ist, und weit weg von 60 zu 40. Wenn Stiftungen heute über ihr Anlagekonzept sprechen, wenn sie es auseinanderklamüsern, dann brauchen sie eine Idee davon, welche Allokation resilienter ist, welche das wirtschaftliche Stehvermögen besser unterstützt. De Stifterwille verlangt, dass der Stiftungszweck fortwährend realisiert werden kann, dafür muss das Stiftungsvermögen zu jeder Zeit wirtschaftlich stehfähig sein. Ist dies nun ein Stiftungsvermögen, das zu weiten Teilen aus Anleihen und zu kleinen Teilen aus Aktien besteht? Das also zwei Quellen für den ordentlichen Ertrag kennt, und das zur Gänze an marktlichen Parametern hängt? Eher nicht, und doch wird so eine Allokation hierzulande als sicher angesehen, Stiftungen kennen die Formulierung „ertragreich und sicher“ und übersetzen diese in ein Portfolio aus Aktien und Anleihen, zumeist jedenfalls.

Konzentriere Dich auf das, was Du kontrollieren kannst

In Nordamerika ist die Übersetzung eine andere. Dort wird Sicherheit als ein Pool aus Erträgen interpretiert. Versiegt eine Quelle, habe ich noch 9 andere, die es mir erlauben, meine gefassten Pläne auf der Ausgabenseite aufrecht zu erhalten. Stiftungen in den USA würden ein Portfolio bestehend aus Aktien und Anleihen als zu unsicher betrachten, und 2022 bestätigte sie darin. „Wir konzentrieren uns auf das, was wir kontrollieren können, und Ertragsquellen, die nicht so sehr vom Markt abhängen, die können wir kontrollieren.“ So wurde es mir diktiert, ergo, wenn ich zu viel Exposure mit Marktbezug aufgebaut habe, dann kann ich das weniger gut kontrollieren. Sicher, bei Wald und Private Equity gibt es auch Parameter, die ich nicht so gut kontrollieren kann, hier ist es die Auswahl des Managers, die an vorderster Front für den Erfolg ausschlaggebend ist. Aber genau die kann ich kontrollieren, dass Wald und Private Equity funktionieren, in der Zeit, das haben die Anlageklassen hinlänglich bewiesen.

Venture Capital und Private Equity sind Anlageklassen, in denen Stiftungen sich tummeln sollten

Hier kommt deutschen Stiftungen aber immer wieder ihre Jahresdenke in die Quere. Kaufe ich einen Wald, dann wächst der 15 Jahre, bis der Ertrag kommt. Kaufe ich eine Unternehmensbeteiligung, dann braucht das auch eine Zeit, bis hier der Ertrag kommt. Dies sind in gewisser Weise dynamische Anlagen, die ich mit statischer Jahresrechnung kaum erfassen kann. Davon müssen sich Stiftungen lösen, so meine Erkenntnis aus dem Toronto-Trip, denn dass Stiftungen perfekte Wald-, Private Equity- oder gar Venture Capital-Investoren sind, das kam deutlichst heraus. Für den 5ten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen hieß das, wir brauchen mehr Stiftungen im Studio, die erzählen, wie sie das Stiftungsvermögen investieren. Wir brauchen auch mehr des Diskurses um das passende Anlagekonzept einer Stiftung, dazu, wie Stiftungen das für sie passende Anlagekonzept finden, das zudem Basis dafür ist, dass die Stiftung dauerhaft wirtschaftlich auf einem soliden Fundament steht.

Stiftungen sind die ersten Ansprechpartner für start-ups – in Nordamerika

Die Stiftungsrechtsreform öffnet Stiftungen dabei die Tür in Richtung mehr Flexibilität, die es braucht, um genau das mit Vitalität zu füllen. Gleichzeitig braucht es aber eben auch etwa in der Anlagerichtlinie Eckpunkte, die die Diversifikation des Stiftungsvermögens regeln, eine Diversifikation, die weit über Aktien und Anleihen hinaus geht. In Toronto gab es da diesen Pitch, drei start-ups stellten sich vor, ihre Mission war allesamt, Unternehmen und Gemeinden auf den Dekarbonisierungspfad zu bringen. So würde ich es zusammenfassen. Die dritte Protagonistin im Pitch sagte ganz klar, was Stiftungen für sie sind: die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, einen langfristigen Investor für das Unternehmen zu finden. Wir haben einen langfristigen Ansatz, wir werden mit diesem Arbeitsplätze schaffen, wir werden Impact für die Region und über die Unternehmen, die unsere Dienste in Anspruch nehmen, kreieren. Für Stiftungen ist das der perfekte Match. „And so we finish our mission, we make the small investment a huge amount.“ Diskutieren wir das so hierzulande? Eher nicht, bis jetzt, beim Virtuellen Tag möchten wir hier in die Bresche springen.

Zusammengefasst

Anlagekonzept, Diversifikation und Flexibilität, das sind die drei Eckpfeiler für das Programm des 5ten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen. Die Allokation, über die Stiftungen sprechen sollten, ist eher einer nach der Formel 20:20:20:15:15:10, das „gute alte“ 60 zu 40 ist out. Auch darüber sprechen wir, und auch über das Thema Durchhalten. Denn nichts ist weniger zielführend als sich ein Anlagekonzept zu erarbeiten, und dieses dann nach 12 oder 18 Monaten schon wieder über den Haufen zu schmeißen. Anlagekonzept, das heißt auch Gremienarbeit, und genau dazu diskutieren wir – weil wir fest davon überzeugt sind, dass jedes Stiftungsvermögen mehr kann. Es mag sich komisch anhören, aber manchmal ist mehr eben doch mehr. Je mehr Stiftungen kapitalseitig vermögen, desto größer ist ihre Wirkkraft aus der ideellen Sphäre heraus. Genau an diesem Punkt aber wird Stiftungsgeschichte in Deutschland gerade womöglich neu geschrieben. Umso wichtiger ist es, dass alle Stiftungen hierzulande an dieser mitschreiben, und wir wiederholen uns gerne noch einmal: Jedes Stiftungsvermögen kann mehr.