Dass Stiftungen die Entscheidung, ob sie ihr Stiftungsvermögen selbst verwalten oder diese Aufgabe an Profis delegieren, nicht einfach aus dem Bauch heraus treffen, ist nachvollziehbar. Es nicht mehr selber zu machen bedeutet ja auch, sich einzugestehen, dass das Marktgeschehen zu komplex geworden ist und man dem Ganzen doch nicht mehr Herr wird. Ein Argument aber zahlt mit viel Nachdruck auf genau diese Erkenntnis ein, aber dieses wuselt unter dem Radar umher.
Es gibt natürlich erst einmal naheliegende Gründe, um das Stiftungsvermögen in Fonds anzulegen. Da wäre zum Beispiel die Streuung, die über Fonds ganz formidabel gewährleistet werden kann, und das muss sie auch, unterlegen Stiftungen doch dem Diversifikationsgebot. Mit Fonds streuen Stiftungen ihr Stiftungsvermögen breit, gerne auch global, und zwar nicht nur über Assetklassen hinweg, sondern auch über Anlagestile hinweg. Es gibt schon große Unterschiede zwischen deutschen und europäischen Asset Managern, also Fondsanbietern, aber zu amerikanischen und deren Sicht der Dinge klafft nochmal ein großes Loch.
UNTERSCHIEDE IM FONDSHANDWERK NUTZEN
Aus Stiftungssicht bedeutet das einmal, das sie sich mit den Anbietern natürlich eingehend auseinandersetzen müssen, vor allem aber gibt ihnen das unterschiedliche Agieren der Fondsverwalter die Möglichkeit an die Hand, sich deren jeweiliges Können „einzukaufen“. Der eine kann Unternehmensanleihen besonders gut, der andere hat Stärken bei dividendenstarken Aktien, wieder andere kommen mit komplexeren Portfolios aus welchen Gründen auch immer besser klar und liefern solide bis überdurchschnittliche ordentliche Erträge auch für Stiftungen ab. Diese Unterschiede im Handwerk machen sich Stiftungen damit zu Nutze.
DAS THEMA ESG WIRD GREIFBAR
Mit Fonds können Stiftungen aber auch Themen wie ESG sehr gut abdecken und damit mögliche Reputationsrisiken umschiffen. Stiftungen werden als steuerbefreite Körperschaft künftig noch viel nachdrücklicher gefragt werden, wie sie ihr Stiftungsvermögen nachhaltig anlegen. Können sie hier nur antworten, dass sie sich in das Thema reintasten und mal mit Ausschlüssen angefangen haben, dann kann das die Reputation der Stiftung perspektivisch durchaus beschädigen. Können Sie jedoch sagen, dass sie Fondsanbieter zu ihrer ESG-Expertise und ihrem ESG-Ansatz gefragt, ggf. ein ESG-Reporting erhalten haben und dass sie nur mit Fonds arbeiten, die dieses oder jenes Kriterium erfüllen, der kann glaubhaft machen, dass er das Thema ESG für sich sortiert hat.
KÖNNEN STIFTUNGEN ESG SELBER MACHEN?
Und ganz ehrlich: Ich bin davon überzeugt, dass Stiftungsverantwortliche in der Breite daran scheitern werden, eine eigene ESG-Anlagepolitik für ihre Stiftung zu entwickeln, denn ESG wird ab einem bestimmten Punkt einfach zu komplex. Würde weiter auf Einzelwertebene agiert werden, Stiftungslenkerinnen und -lenker müssten sich von jedem Unternehmen bzw. jedem Emittenten die Nachhaltigkeitseckdaten kommen lassen und diese dann eigenhändig interpretieren. Ein immenser Aufwand, der zudem dadurch Schaden nimmt, dass vor allem die großen Unternehmen eine große Fülle an ESG-Informationen werden liefern können. Stiftungen werden dadurch fast schon gedrängt, wollen sie belegen, ESG ernsthaft betrieben zu haben, in große Titel zu investieren, die aber ihrerseits immer auch gewisse Problemchen mit sich herumschleppen.
SACHGERECHTE ENTSCHEIDUNG VONNÖTEN
Auch das Haftungsmanagement ist sicherlich ein starkes Argument pro Fonds. Es geht ja für Stiftungsverantwortliche darum, sachgerecht zu entscheiden und dadurch nicht belangt werden zu können, sollte was schiefgehen. Zu einem Fonds gibt es nun so viele Informationen, dass mit ziemlicher Sicherheit auf Basis dessen, unter Hinzunahme von Arbeitshilfen wie der FondsFibel (www.fondsfibel.de) und über einen ergänzenden Austausch mit dem Fondsanbieter eine sachgerechte Entscheidung zum Kauf des jeweiligen Fonds getroffen werden kann. Auch lässt sich auf Basis der eingeholten Informationen gut dokumentieren, was die Entscheidung befördert hat – und eben welche Quellen herangezogen wurden.
LESETIPP: Der Club der 25, das sind 25 in der FondsFibel für Stiftungen & NPOs analysierte, stiftungsgeeignete Fonds. Alle Details und Analysen finden Sie auf www.fondsfibel.de.
STIFTERWILLE LEITET UNTER DEM RADAR
Das stärkste Argument pro Fonds ist aber bei all dem heute vor allem eines, das so ein ganzes Stück unter dem Radar sein Dasein fristet. Dieses Argument ist der Stifterwille bzw. dessen Übersetzung ins Hier und Jetzt. Der Stifterwille verlangt ja, dass die Stiftung ihre Zwecke erfüllt, und er verlangt auch den Kapitalerhalt. Aber eben in dieser Reihenfolge, und es gilt aus Stiftungssicht, zur Erreichung dessen alle Mittel auszuschöpfen. Alle Mittel, das heißt übersetzt, alle Mittel, die ordentliche Erträge liefern können und die dazu auch auf Sicht in der Lage sind. Hat eine Stiftung nun in der Anlagerichtlinie bspw. die Anleiheanlage stehen, dann sind hier heute weitestgehend alle Mittel ausgeschöpft.
EINE BRÜCKE ZUM STIFTERWILLEN BAUEN
Im Hier und Jetzt ist mit Anleihen kein Staat mehr zu machen, also nicht in Eigenregie. Und sofern es keine Regelung für den Verzehr des Stiftungskapitals in der Satzung gibt, muss entsprechend dafür gesorgt werden, dass ordentliche Erträge weiter fließen, wenn sie schon nicht mehr sprudeln. Kann ich das selbst nicht mehr schaffen, ist der naheliegendste Weg die Delegation der Aufgabe Vermögensverwaltung, und das Berufen auf die Ausschüttungshistorie macht es einer Stiftung recht einfach, die Brücke zum Stifterwillen zu schlagen. Sie kann damit das Problem, dass sie dieses oder jenes nicht darf, für sich ganz individuell lösen.
ZUSAMMENGEFASST
Das Stiftungsvermögen in Fonds anzulegen, ist aus verschiedenen Gründen für Stiftungen plausibel und vor allem zielführend. Ein Unter-dem-Radar-Argument pro Fonds ist allerdings der Stifterwille, der im Hier und Jetzt auch noch ausgefüllt werden kann. Sind alle Mittel zum Erzielen von ordentlichen Erträgen ausgeschöpft, dürfte die Suche schnell auf den Fondspfad führen, oder – so eine Stiftung bereits in Fonds anlegt – weg von Stiftungsfonds hin zu anderen Fonds, die aus verschiedenen Gründen heraus stiftungsgeeignet sind. Stiftungsgeeigneter als so mancher Stiftungsfonds. Aber das ist dem Stifterwillen egal, er kennt nur das Ziel.