Heute ist ja Halloween, ein Tag an dem Menschen gerne andere erschrecken. Was Stiftungen erschrecken sollte ist der Durchschnittszins, der sich immer weiter an die Nulllinie anschmiegt und für kurze Anleihelaufzeiten sogar schon darunter geplumpst ist. Für Stiftungen eine unangenehme Situation, aber auch für so manche Stiftungsfonds, die ihre Anleihebestände von links nach rechts drehen, um Rendite zu finden. Vergebens.
Wenn sich Stiftungsverantwortliche heute einen Chart anschauen, auf dem Zinskurven abgetragen werden, dann grüßen jene Rendite am kurzen Ende häufig von unter der Nulllinie. Das heißt, dass Stiftungen für Anleihen, die sie heute kaufen, bei Laufzeiten von bis zu 5 Jahren, keine Rendite mehr erhalten. Es ist zum Gruseln. Das Problem ergibt sich dann zwangsläufig, denn Zinspapiere laufen ja aus und das auf dem Konto eingehende Kapital muss neu angelegt werden. Früher konnten Stiftungen mit zehnjährigen Bundesanleihen kaum etwas falsch machen, als noch Kupons von 3, 4 oder 5% bezahlt wurden. Da war es auch fast egal, was die Vermögensverwaltung kostete, es guckte sich weg, denn die Zwecke konnten ja in jedem Fall erfüllt werden. Jetzt nun haben Stiftungen vielleicht noch zwei drei Positionen in Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit, eine läuft nächstes und eine übernächstes Jahr aus, die eine zahlte 3 und die andere 2,5% Kupon.
ZINS DES GRAUEN
Werden diese Papiere nun zurückgezahlt, ist das Geld auf dem Konto und muss neu veranlagt werden. Das jedoch ist nur zu Null-Kupons möglich, es sei denn man kauft Hundertjährige aus Österreich (also von Österreich emittierte Anleihen mit einer Laufzeit von 100 Jahren). Die Folge ist ganz einfach: Sukzessive dampft sich der vereinnahmbare Kupon im Stiftungsdepot zusammen, geht der Durchschnittszins Stück für Stück zurück. Das was Stiftungen trifft, trifft auch etliche Stiftungsfonds. Diese haben sich gerade deshalb ein konservatives Profil gegeben, weil sie Stiftungen adressieren und gewinnen wollten. Und konservativ hieß von 10 oder 15 Jahren, einen Anteil von 70 oder 80% an hochliquiden Bundesanleihen (oder Anleihen von hochsolventen Euroländern) in den Fonds zu packen und dann entlang der Zinsstrukturkurve etwas herumzugewichten. Mal wurden Kurzläufer höher gewichtet, mal Langläufer, je nachdem zu welchem Ergebnis die Analyse des Konjunkturzyklusses kam. Ausschüttungen geliefert haben die Fonds am Ende in der Regel immer.
TIPP: In unserer #stiftungenstärken-Video-Kolumne haben wie zusammengetragen, was einen Fonds zum stiftungsgeeigneten Fonds macht. Film ab!
DAS DURCHSCHNITTSZINSMASSAKER
Das ist nun leider aber auch in den so aufgestellten Stiftungsfonds vorbei, und so sehr man sich auch bemüht, mit Unternehmensanleihen gegenzusteuern, irgendwann ist dieses Spiel auch endlich. Erkennbar ist dies bereits an den teilweise stetig rückläufigen ordentlichen Erträgen, hier wird konservativ dann schnell zum Rohrkrepierer. Das Problem ist nun aber für Stiftungen, dass sich die Hoffnung, in den Fonds würden nun andere Dinge gemacht werden, schnell zerschlagen dürfte. Denn die Fonds sind doch einigermaßen laut Prospekt festgelegt, und bis man auf die Marktlage mit einem Konzeptumbau reagiert, vergehen häufig doch ein paar Tage.
Aus Stiftungssicht stellt sich damit die Frage, ob die richtige Entscheidung von einst, nämlich für eine Stiftung aufgelegte Fonds zu kaufen, auch heute noch die richtige Entscheidung sein kann. Stiftungen müssen sich angesichts der ändernden Gesamtgemengelage, die in Form des sinkenden Durchschnittszinses langsam aber sicher auf die Stiftungslandschaft durchschlägt, fragen, ob die Entscheidung von einst heute noch so getroffen werden würde. Zum Wohle der Stiftung gemäß der Business Judgement Rule braucht heute andere Antworten. Vermutlich würde die Antwort nein lauten, und was dann folgen sollte, ist klar. Dennoch sieht es so aus, als würde man im Stiftungssektor dem sinkenden Durchschnittszins noch etwas Vorübergehendes andichten. Er wird so richtig noch nicht als Gefahr wahrgenommen, er wird von vielen Stiftungen noch „so a bisserl“ abgetan.
Kennzeichen, dass Stiftungen bei den Fonds in ihrem Depot in medias res gehen sollten, sind ganz klar auszumachen: 1) Die Ausschüttung ist kontinuierlich rückläufig. 2) Der Fonds hat (und das können Stiftungsverantwortliche nachfragen) keine Ausschüttungsreserven, die er jetzt einsetzen kann, etwa in Zeiten einer Anpassung des Anlagekonzepts. 3) Der Fonds schafft es nicht mehr, Kursdellen rasch wieder aufzuholen, sondern verharrt auf niedrigem Niveau, obwohl die Märkte eine Erholung hergeben würden. Diese drei Kennzeichen sind sicher noch zu ergänzen, aber vor allem Punkt 1 und abgeschwächt auch Punkt 2 stellen darauf ab, dass im jeweiligen Fonds der Durchschnittszins auch bereits am Fundament knabbert. Wobei knabbern an Halloween das falsche, zu nette Verb ist, es müsste vermutlich eher Lochfraß heißen.
ZUSAMMENGEFASST
Halloween ist die Nacht des Grauens, und vielleicht damit der Tag davor der passende, um ein paar Wahrheiten einfach mal auszusprechen. Der sinkende Durchschnittszins im Stiftungsdepot ist per se vielleicht immer noch nicht so richtig zu spüren, aber er unterminiert sukzessive die Fähigkeiten der Stiftungen, ihre Zwecke zu verwirklichen. Ist das bereits absehbar, sollte gehandelt werden, Stiftungsfonds – so im Depot enthalten – sollten auf Ausschüttungskontinuität und -reserve geprüft werden. Vielleicht sieht jetzt alles noch einigermaßen harmlos aus, aber am Ende kann es knüppeldick kommen. Der Durchschnittszins ist heute was zum Gruseln, so wie früher die Halloween-Filme.