Wie digital ist die Stiftungspraxis?

Der MünchnerStiftungsTag diskutiert Status Quo und beyond

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MünchnerStiftungsTag 2021
Lesezeit: 4 Minuten

Schön, dass es ihn wieder gibt, den MünchnerStiftungsTag, er war die letzte Stiftungsveranstaltung, auf der wir 2020 zu Gast sein durften. Jetzt, am 1. Juli 2021, wird der MünchnerStiftungsTag digital stattfinden, und die Agenda hat auch die digitale Welt zum Thema. Es soll diskutiert werden, wie digital die tägliche Stiftungspraxis tatsächlich schon ist und was bleiben wird. Wir haben vorab schon drei Digissentials gefunden.

Natürlich sind wir alle irgendwie Pandemie-müde. Jeden Tag neue Inzidenzzahlen und immer neue Regeln, wir brauchen jetzt einfach wieder eine Perspektive, wie diese 12, 13, 14 Monate ein geordnetes Ende finden. Corona hat uns gefordert, beschäftigt, aber die Pandemie hat auch bereits einige Dinge verändert, von denen sich jetzt schon sagen lässt, dass einige von ihnen auch bleiben werden. Das gilt nicht zuletzt auch für die Stiftungslandschaft. Plötzlich tagt der Arbeitskreis Stiftungskommunikation des Bundesverbands Deutscher Stiftungen wie selbstverständlich digital, findet die Preisverleihung der Aktiven Bürgerschaft auf digitalem Wege statt. Auch werden Gremiensitzungen digital abgehalten, ein NO GO vor anderthalb Jahren, niemand hätte derlei ernst genommen.

DIGISSENTIAL NUMMER 1: AUSTAUSCH AM RECHNER WIRD BLEIBEN

Das dürfte auch das Digissential Nummer eins sein, dass der tägliche Austausch auch tatsächlich bleiben wird, das schnelle gegenseitige Updaten, das rasche Abstimmen für ein Projekt, das wird vermutlich seinen festen Platz im Stiftungsalltag bekommen. Warum? Weil hier die digitalen Werkzeuge Prozesse enorm verschlanken, diese einfach sprunghaft effizienter machen. Früher wurde zu Gremiensitzungen angereist, per Auto, per Bahn, per Flugzeug, dann wurden Hotels gebucht, Caterings bestellt, all das hat zum Wohlfühlen beigetragen, aber es war eben das – nicht billige – Drumrum, das mit den Diskussionen selbst Nichts zu tun gehabt hat. Digitale Tools und Räume werden hier ihren festen Platz behalten, was die Gremien letztlich auch schlagkräftiger macht, weil die Dinge direkt auf dem Tisch liegen.

SIND STIFTUNG DIGITAL READY?

Aber derlei ist natürlich keine große Denkleistung, es ist klar, dass digitale Abstimmungsrunden bleiben werden, und nur noch in den allerwichtigsten Fällen durch physische Treffen ersetzt werden, so dass physische Treffen absolut notwendig ist. Damit einher geht aber Digissential Nummer 2, die sich direkt hieraus ableiten lässt. Stiftungen und ihre Gremien werden für die Zukunft eine digital readyness mitbringen müssen, anders ausgedrückt: Sie werden selbstverständlicherweise Teile ihrer Prozesse digitalisieren, um auch viel besser und einfacher Teil der digitalen Welt werden zu können. Die neue Stiftungswebsite allein meint das aber nicht. Dabei ist dies kein Vorwurf an Stiftungen, denn ein Blick auf die Stiftungsverzeichnisse der einzelnen Bundesländer verrät auf einen Blick, wo Deutschland bei der Digitalisierung von Prozessen wirklich steht.

VERANSTALTUNGSTIPP: Der digitale MünchnerStiftungsTag am 1. Juli 2021, ab 13 Uhr, lädt Stiftungen und deren Verantwortliche entlang des Mottos „Digitalisierung in der Stiftungsarbeit –
Wo stehen wir und was bleibt?“ ein, Themen und Aspekte digitaler bzw. digitalisierter Stiftungspraxis zu diskutieren. Mehr Informationen finden Sie hier. www.muenchnerstiftungstag.de

DIGISSENTIAL NUMMER 2: DIGITALE RÄUME NUTZEN, NICHT NUR BESUCHEN

Das Ganze riecht nach DDR, es gibt beim Suchen und Finden Momente, die erinnern an Erich Honecker, als der Mitte der 80er Jahre den ersten Ein-Mega-Bit-Chip in Empfang nahm und jeder wusste, dass er gar nicht verstand, was er da eigentlich in Händen hielt. Dieser Geist weht hier und da auch durch die Stiftungsverzeichnisse unseres Landes, hier ist es noch nicht weit her mit der digital readyness, weshalb sich Stiftungen woanders Anleihen nehmen sollten. Beispielsweise an der Deutschen Stiftung für Ehrenamt und Engagement, wie diese sich im digitalen Raum bewegt, wie diese digitale Tools nutzt, wie diese im Digitalen Debatten anstößt und damit Veränderungen den Weg bahnt.

FÜR SPENDER UND BEGLEITER ATTRAKTIVER

Solch moderne Setups gibt es im Stiftungssektor, es gibt sie häufiger als man denkt, und sie nehmen viel von der Stiftungsrealität anno 2025 vorweg. Diese digital readyness ist für Stiftungen auch aus einem anderen Grund wichtig für die künftige Stiftungspraxis. Sie hängt mit der Frage zusammen, ob diese oder jene Stiftung für Spender und Begleiter die richtige Adresse ist, um eine Spende oder eine Unterstützung aufzunehmen. Es werden die Stiftungen zuvorderst bedacht werden, die ein attraktives digitales Angebot unterbreiten können und die auch in den digitalen Räumen unterwegs sind, sich dort anfassbar machen. Und es werden die Stiftungen sein, die digitale Tools nutzen, um ihre Stiftungspraxis zu professionalisieren.

DIGISSENTIAL NUMMER 3: STORYTELLING WIRD TEIL DER STIFTUNGSPRAXIS

Nicht zuletzt wird die Notwendigkeit bleiben, als Stiftung Geschichten zu erzählen. Wenn die Pandemie Eines ganz deutlich gezeigt hat, dann, dass diejenigen Stiftungen, die in der Lage, waren, ihre Geschichten in der digitalen Welt frisch und authentisch zu erzählen, auch von der Corona-Lage profitiert haben. Insofern, als dass sie wahrgenommen wurden, als Stiftung die in einem bestimmten Thema aktiv ist und als Stiftung, die darüber, dass sie darüber auch erzählt, als relevant wahrgenommen wird, als relevant wahrgenommen werden muss. Dieses Storytelling müssen Stiftungen lernen, bzw. sie müssen sich hier Kompetenzen aneignen. Denn die digitale Welt lebt von Geschichten, und wenn Stiftungen von einer Sache jede Menge haben dann sind es Geschichten.

ZUSAMMENGEFASST

Der digitale MünchnerStiftungsTag kommt vermutlich gerade zur rechten Zeit, denn nach #dss21, Berliner Stiftungswoche, #vtfds2021 (www.vtfds2021.de) und #dst21 kommt jetzt mit dem #mst21 der erste regionale Stiftungstag mit einem digitalen Format „um die Ecke“. Das Thema ist dabei gut gewählt, denn mit der Bestandsaufnahme dessen, was die Pandemie genommen und gebracht hat und welche Rolle die digitale Welt und deren Werkzeuge dabei spielen, sind derzeit sicherlich viele Stiftungsverantwortliche befasst. Für uns bleiben – per heute – drei Digissentials auf jeden Fall, wir sind uns aber sicher, dass beispielsweise auf der Projektseite noch jede Menge kommen wird und kommen kann. Die digitale Welt ist eine der Chancen, der Möglichkeiten, für Stiftungen erst recht. Stiftungspraxis kann künftig durch digitale Tools nicht viel viel mehr.