Gute Stiftungswebsites brauchen sehr gute Texte

Wir haben das neue Buch von Dominik Ruisinger mal quergelesen

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Gute Stiftungswebsites brauchen sehr gute Texte
Lesezeit: 5 Minuten

Eine Stiftungswebsite neu mit Textmaterial zu bestücken, ist keine Aufgabe, die mal so mitgemacht werden kann. Stiftungsverantwortliche müssen sich mit dem Online-Texten richtiggehend auseinandersetzen, denn ein Text auf einer Stiftungswebsite ist etwas ganz anderes als einen Text in einer Zeitschrift oder in einem Jahresbericht drucken zu lassen. Genau dazu, also zum Texten in der digitalen Welt, hat sich Kommunikationsexperte Dominik Ruisinger in seinem neuen Buch „Praxis Online-Texten“ auseinandergesetzt. Wir haben quergelesen und die für Stiftungen wichtigsten Erkenntnisse destilliert.

Zunächst einmal ist „Praxis Online-Texten“ ein Buch im Querformat, in das sich rasch einsteigen lässt und dessen Inhalt so vielfältig ist, dass Stiftungsverantwortliche sich mit einzelnen Aspekten direkt auseinandersetzen können. Da wird nicht viel drumrum geschrieben sondern direkt ins Thema eingeschrieben, so wie das ein Leitfaden dann in der Tat auch machen soll. So nennt der Autor Dominik Ruisinger sein Buch auch, es ist ein Leitfaden, der ins Online-Texten führen und die Schreiber begleiten soll. Einen ganz wichtigen Hinweis finden Stiftungen denn auch direkt im Intro. Es handelt sich beim Online-Texten nicht um das Schreiben für de Suchmaschinen, und für diesen Hinweis sind wir Dominik Ruisinger sehr dankbar.

EINE ARBEITSHILFE AUCH FÜR DIE STIFTUNGSWEBSITE

Wie oft lesen wir auf Stiftungswebsites Dinge, die einzig und allein den Zweck haben, der Suchmaschine zu gefallen. Aber wird für diese geschrieben oder nicht doch für Leserinnen und Leser, für Menschen, die eben doch noch einen richtigen Satz, gerne auch mit Einschüben und Wortschöpfungen, lesen bzw. „konsumieren“ wollen. Die klare Sprache aber ist etwas, das Praxis Online-Texten zur praktischen Arbeitshilfe für StiftungsmacherInnen macht. Dominik Rusinger sensibilisiert dazu für Aspekte, zu denen auch wir schon des Öfteren an dieser Stelle geschrieben haben. Etwa für das Nutzer- bzw. Leserverhalten im Internet, das etwas ganz anderes ist als in der offline-Welt. Leseentscheidungen werden in Sekundenbruchteilen getroffen, so schreibt es Ruisinger und hat Recht damit.

DAS BUCH: Praxis Online-Texten – Der Leitfaden für Websiten, Blogs, Social Media und E-ail-Newsletter +++ 1. Auflage, erschienen September 2021, im Schäffer-Pöschel-Verlag für Wirtschaft-Steuern-Recht +++ von Dominik Ruisinger +++ 185 Seiten, Preis: 24,95 EUR (D)

ANALYSIEREN STIFTUNGEN DAS NUTZERVERHALTEN?

Dominik Ruisinger erklärt, dass es ganz verschiedene Nutzerverhalten gibt, er erklärt, dass es mit Skimming, Scanning und Reading auf sich hat und was das für Texte bedeutet. Auch verbindet er diese Ausgangsparameter mit spannenden Analysen wie etwa Eyetracking-Verfahren, die das Leseverhalten auf Websites untersucht haben. Spannend zu lesen, denn genau solch einen Eyetracking-Test haben wir auch für unseren Blog #stiftungenstärken machen lassen, mit dem Ergebnis, dass wir die Technik dahinter tauschen mussten. Beim Wörtchen Eyetracking wurden also Erinnerungen wach, für eine Stiftungswebsite könnte solch ein Test durchaus ein Erwachen mit sich bringen, denn viel dürfte von „Das haben wir immer so gemacht“ nach solch einem Test nicht übrig bleiben.

EYETRACKER-TEST ZUR STIFTUNGSWEBSITE DÜRFTE AUGEN ÖFFNEN

Was ich persönlich als Blogger richtig spannend fand war der Beginn von Kapitel 2, in dem Dominik Ruisinger auf Lesehürden abstellt. Also das müssen Stiftungsverantwortliche lesen, denn hier wird einfach erklärt, was es mit Lesehürden auf sich hat, wie Lesegeschwindigkeit, Leseumfeld und Leseablenkung dazu führen, dass andere Texte auf Stiftungswebsites veröffentlicht werden müssen als in der Print-Welt. Dominik Ruisinger beformelt seine zentralen Aussagen, indem er beispielsweise das Ziel eines jeden Online-Textes ganz präzise auf den Punkt bringt: Es sollen Nutzer gebunden werden, das Wort Bindung steckt hier drin, und auf zu vielen Stiftungswebsites fehlt genau dieses Bindungselement, Nutzer bleiben hier in vielen Fällen einfach nicht hängen.

SIX RULES FOR GREAT WRITING VON GEORGE ORWELL

Kapitel zwei lässt Dominik Ruisinger denn auch enden mit den sechs Regeln für großartiges Schreiben, verfasst von keinem geringeren als George Orwell, der seine „six rules for great writing“ einst verfasste als von Online-Texten noch so gut wie keine Rede war. Dass wir uns einmal in einer Plattform-Ökonomie bewegen, das war zum Zeitpunkt des Verfassens dieser sechs Regeln noch kaum absehbar. Es sind aber genau diese kleinen Hinweise und Checklisten, die bei „Praxis Online-Texten“ zum Hängenbleiben animieren. StiftungslenkerInnen brauchen ja konkrete Hinweise, was sie machen können, was sie machen müssen und was sie unterlassen sollten, und von solchen enthält das Buch in der Tat zahlreiche.

SUCHMASCHINENOPTIMIEREN WILL GELERNT SEIN

Gut geraten ist auch das Kapitel zum Suchmaschinenoptimieren. Stiftungen dürften hier sehr aufmerksam lesen, denn was Suchmaschinenmarketing eigentlich ist, dass dies eine Welt für sich ist, das arbeitet Dominik Ruisinger einfach nachvollziehbar heraus. Er geht dabei auch auf Punkte wie die Ladezeit einer Website ein, oder das responsive Design, alles Punkte, an denen sehr viele Stiftungen ansetzen werden müssen. Warum? Dominik Ruisinger bringt die Begründung direkt mit: Der zentrale Punkt ist die Sichtbarkeit der Inhalte im Netz. Sichtbarkeit ist die Währung, um die es geht, wer sichtbar ist, ist ein Faktor, wer nicht sichtbar ist, ist es nicht. Und zu viele Stiftungen sind im Netz praktisch unsichtbar mit ihren Aktivitäten dort.

LESETIPP: Hier auf #stiftungenstärken hat Dominik Ruisinger auch schon einmal als Autor seinen Fußabdruck hinterlassen, zur Frage, wie Stiftungen ihren Platz im Digitalen finden.

TIPPS FÜR DEN STIFTUNGSNEWSLETTER

Die Kapitel 4 und 5 beschäftigen sich dazu mit den Bausteinen einen Online-Textes, auch für Social Media, hier können Stiftungsverantwortliche sehr schön wie mit einem Schema F abgleichen, ob ihre Texte diese Bausteine beinhalten oder eben nicht. Gleiches gilt für das Aufsetzen eines Newsletters, über den ja auch viele Stiftungen verfügen, der aber auch in vielen Fällen nicht den gewünschten Durchsatz hat und damit ehrlicherweise sein Ziel nicht erfüllt. Dominik Ruisinger erläutert auch sehr schön das Wesen eines Newsletters und relativiert indirekt, dass jeder einen Newsletter braucht – indem er über den Newsletter-Boom der vergangenen Jahre spricht. Was uns hier fehlt ist vielleicht eine kleine Liste mit Anregungen, wann ich auf einen Newsletter verzichten sollte.

STIFTUNGEN SCHREIBEN FÜR NUTZER, NICHT FÜR SUCHMASCHINEN

Indirekt liest sich derlei aus den Checklisten heraus, denn diese sind sehr klar und sehr nachvollziehbar formuliert und zusammengestellt. Wir übersetzen das mal für Stiftungen: Eine Stiftung kann sich dies dergestalt übersetzen, dass sie vielleicht auf einen Newsletter verzichten sollten, je mehr der aufgeführten Ingredienzien sie nicht zu liefern imstande ist. Es ist diese Klarheit, die „Praxis Online-Texten“ zum flüssigen Arbeitswerkzeug macht, es macht Spaß, zu einzelnen Aspekten nachzuschlagen und dort ganz kompakt die entsprechenden Anregungen aufzusaugen. Das funktioniert perfekt. Wenn wir etwas kritisieren würden, dann wäre dies das Fehlen von Geschichten des Scheiterns in der Online-Text-Welt. Es gäbe da ja Beispiele, wann der Betreiber eines Online-Angebots sich Hilfe suchen oder es gänzlich lassen sollte.

AUTOMATISIERTES SCHREIBEN UND DER MUTMACHER FÜR BLOGGER

Mit einer solchen Abrundung wäre die Arbeitshilfe auch noch direkt Reflexionswerkzeug, andererseits sind solche Aspekte natürlich auch immer grenzwertig nutzwertig. Dominik Ruisinger möchte auf der Arbeitsebene unterstützen, er möchte – so lesen wir es heraus – jeden zu einem besseren Online-Texter machen bzw. zu besseren Online-Texten befähigen, und dieser Anspruch ist definitiv einer, der berechtigt ist. Und vielleicht blättern Stiftungsverantwortliche auch direkt zu Kapitel 6, in dem Dominik Ruisinger einen Blick in die Zukunft wirft, und diese Zukunft ist eine des automatisierten Schreibens. Bei allem Zukunftsoptimismus bringt es der Autor auch auf den Punkt, dass „aufs Knöpfchen drücken und raus kommt der Blog-Beitrag“ erst in ferner Zukunft funktionieren dürfte. Das macht uns Bloggern Mut.

ZUSAMMENGEFASST

Das Buch „Praxis Online-Texten“ vom Kommunikationsexperten Dominik Ruisinger ist eine stimmige Arbeitshilfe für jeden, der mit dem Texten in der Online-Welt auseinandersetzt. Das Buch schattiert, das Buch informiert, das Buch sortiert, das Buch gibt konkrete Anregungen für Texterinnen und Texter, und bezogen auf Stiftungen lässt sich sagen, dass hier sehr viele stiftungsrelevante Punkte behandelt werden. Denn praktisch jede Stiftung unterhält eine Stiftungswebsite, viele Stiftungen wollen an dieser arbeiten und vor allem über ein inhaltliches Profil im Netz glänzen. Dass ein solches Arbeit ist, das arbeitet Dominik Ruisinger sehr anschaulich heraus. Aber eben auch, dass sich diese Arbeit, das Texten in der Online-Welt, lohnt.