Stiftungen stehen mittlerweile häufig, oder sagen wir: immer häufiger, vor der Frage, ob sie eine richtige Entscheidung treffen, wenn sie ihr Stiftungsvermögen in einen einzigen Stiftungsfonds investieren. Die Frage ist aus Stiftungssicht natürlich verständlich, würde das Veranlagen des Stiftungsvermögens in einen einzigen Fonds die ganze Aufgabe Vermögensverwaltung doch ganz erheblich vereinfachen. Aber ganz so einfach ist die Sache mit den Stiftungsfonds dann eben heute doch nicht mehr.
Wenn Stiftungen sich den einen Stiftungsfonds suchen, um dort ihr Stiftungsvermögen zu investieren, dann weil sie auf der Suche nach ordentlichen Erträgen und ein einigermaßen verteilten Vermögensanlage sind. Verteilt bedeutet diversifiziert, und ein Fonds bedeutet immer auch, dass Stiftungsverantwortliche relativ wenig Arbeit mit der Verwaltung des Stiftungsvermögens haben. Ein Stiftungsfonds konnte das in der Vergangenheit auch leisten, denn deren Asset Allocations haben qua Zins und Dividenden auskömmliche Erträge liefern können. Heute jedoch bauen Stiftungsfonds im Nullzinsumfeld mit ihrem oftmals vorhandenen Übergewicht bei Anleihen ein Ertragsgebäude auf sandigem Fundament.
VON ANFANG AN AUF PORTFOLIOEBENE DENKEN
Stiftungen sollten die Frage nach der Alleinanlage aber nicht am Zinsniveau festmachen, sondern an einer ganz anderen Notwendigkeit. Stiftungen sollten sich von Anfang an auf Portfolioebene mit ihrem Stiftungsvermögen auseinandersetzen, und so wie in einem Fonds nicht nur eine Anleihe oder eine Aktie enthalten sind, darf in einem Stiftungsportfolio niemals nur ein Fonds enthalten sein. Das ist geradewegs gefährlich, und auch in gewisser Weise eine Pflichtverletzung der Stiftungsverantwortlichen. Sie können sich eben nicht nur auf das Knowhow eines Bankhauses oder eines für den einen Stiftungsfonds verantwortlichen Investmentspezialisten verlassen. Auch und gerade im Fondsportfolio sollten Stiftungen auf mehrere Pferdchen setzen.
STIFTERWILLE ZEITGEMÄß ÜBERSETZT?
Die Alleinanlage in einen einzigen Stiftungsfonds hat auch den Nachteil, dass der Stifterwille sicherlich nicht zu jedem Zeitpunkt sachgerecht ins Hier und Jetzt übersetzt werden kann. In der Regel steht als Vorgabe in der Satzung das berühmte „ertragreich und sicher“, das in der Anlagerichtlinie vielleicht noch etwas präzisiert wird. Im Hier und jetzt heißt ertragreich und sicher aber eben nicht mehr, das komplette Stiftungsvermögen in gut rentierliche Anleihen zu investieren, sondern in eine Mischung aus verschiedenen Anlageklassen, denn Diversifizieren ist die erste Regel, will ich als Stiftung heute ertragreich und sicher anlegen.
SELBERMACHEN BEDEUTET SACHGERECHT
Die zweite Regel lautet, zu delegieren, denn im Selbermachen liegt häufig der Haase im Pfeffer. Selbermachen heißt heute, höhere rentierliche Anleihen zu finden als eben bereits benannte Bundesanleihen, Stiftungsverantwortliche landen dann bei Mittelstands- oder High Yield-Anleihen, was dann eine eingehende Analyse der Bonitäten der Emittenten nach sich zieht. Können Stiftungsverantwortliche das nicht leisten, können sie nicht sachgerecht entscheiden – und damit das Stiftungskapital ehrlicherweise nicht sicher anlegen. Aber der Aspekt Sicherheit hat heute auch noch eine andere Facette.
KANN IHR STIFTUNGSFONDS ‚NACHHALTIG‘?
Legt eine Stiftung ihr Stiftungskapital heute an, wird sie dies nachhaltig tun wollen. Nachhaltig heißt natürlich, dass die Stiftungsverantwortlichen Wert auf gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung bzw. einen guten und verantwortungsbewussten Umgang mit den Ressourcen legen. Fließt dies ein, kommt langfristig der Aspekt der Sicherheit zum Tragen. Denn dort wo heute auf gut und verantwortungsbewusst, bei welchen Emittenten auch immer, viel Augenmerk daraufgelegt wird, werden morgen Risiken minimiert. Ein Unternehmen, dass heute ressourcenraubend unterwegs ist, wird morgen dafür zahlen, ebenso Unternehmen, die sich bspw. nicht als die ILO-Vorgaben halten. Das wird teuer werden und bedeutet ein potentielles Risiko für die Anleger, die zum Zeitpunkt, zu dem das Risiko schlagend wird, Papiere des Emittenten halten.
EINEN FONDS KANN ICH NICHT ENTWICKELN, EIN PORTFOLIO SCHON!
Kommen Stiftungsverantwortliche nun zu dem Schluss, dass sie diese Punkte, die sie für sich auch noch ganz individuell gewichten können, über einen Fonds perfekt abdecken können, dann können sie in einen Fonds allein investieren. Von den gut 23.000 Stiftungen hierzulande dürften das über den Daumen gepeilt 5 Stiftungen sein. Für alle anderen gilt, sich auf der Portfolioebene zu bewegen und sich ein Portfolio aus verschiedenen Fonds – Stiftungsfonds wie stiftungsgeeigneten Fonds – zu bauen, welches ich dann als Stiftung auch noch entwickeln kann. Investiere ich in einen Stiftungsfonds als Alleinanlage, muss ich hoffen, dass der Fonds diese Aspekte immer wieder neu beleuchtet, Einfluss, dass der Fonds sich in diese Richtung entwickelt, habe ich als einzelne Stiftung null Komma null.
ZUSAMMENGEFASST
Ein Stiftungsfonds war vielleicht mal eine Alleinanlage, aber heute ist er das aus vielerlei Gründen nicht mehr. Stiftungen und ihre Verantwortlichen sollten sich eher überlegen, von Beginn an auf Portfolioebene zu agieren und sich ein Portfolio aus verschiedenen stiftungsgeeigneten Fonds – zu denen auch ausgesuchte Stiftungsfonds gehören – zusammenzustellen, aus verschiedenen Gründen heraus. Diversifikation bedeutet heute, nicht nur über Assetklassen sondern auch Anbieter und Stile zu streuen und den Home Bias abzulegen.
Delegieren an Fonds ist dazu der große Bruder von Selbermachen, was für Stiftungen gerade ob des Niedrigzinses kaum mehr seriös zu machen sein dürfte. Nicht zuletzt kann ein Stiftungsfonds allein den Themenkomplex Nachhaltigkeit kaum zufriedenstellend abdecken. Es dürfte wie so oft im Leben sein: Die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau ist die Suche nach der einfachen Antwort auf eine komplexe Frage. Aber die gibt es nun mal nicht, weder im Leben, noch bei Stiftungsfonds.