So gewinnen Stiftungen Großspender

Eine Rezension des Buchs „Großspendenfundraising“ von Marita Haibach und Jan Uekermann

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Rezension Großspenderbuch 2022.
Lesezeit: 4 Minuten

Damit Großspenden auch wirklich Großes bewirken können, müssen sie vor allein erst einmal Eines: eingeworben werden. Für Stiftungen ist das Thema Großspenden sicherlich ein spannendes, aber es ist auch ein diffiziles, denn das Gewinnen von großen Spenden fängt meist im Kleinen an, aber eben genau dort werden oftmals die Weichen falsch gestellt. „Großspendenfundraising – Wege zu mehr Philanthropie“, das Standardwerk zum Großspenden-Fundraising, nimmt Stiftungen nun mit in diese Welt und zeigt auf, was zu tun ist. Wir haben quergelesen.

Schon das Geleitwort von Ise Bosch, die 2018 mit dem Deutschen Stifterinnenpreis ausgezeichnet wurde und sich vielfältig philanthropisch engagiert, zeigt ein Dilemma auf, in dem sich auch viele Stiftungen wiederfinden dürften. Für ein Engagement haben sie die Methoden und die Erfahrungen, die andere Seite jedoch, die Vermögenden, haben eben jenes notwendige Vermögen und die notwendigen Zugänge zu bestimmten Netzwerken. Dazu kommt, dass Vermögende nur ungern als Zielgruppe gesehen werden – wo sich doch Fundraising als Vertriebsarbeit interpretiert so stark um eine definierte Zielgruppe dreht – und sich von sich heraus noch zu wenig selbst engagieren. „Es sei denn, es fällt ihnen direkt vor die Füße“, wie es Ise Bosch beschreibt. Wie lösen auch Stiftungen dies für sich auf? Genau dieser Frage versucht das Buch nachzugehen.

Wann ist ein Spender ein Großspender?

Das Großspendenfundraising ist zunächst einmal die Königsdisziplin des Fundraisings, darauf stellen Marita Haibach und Ja Uekermann auf den ersten Seiten ganz klar ab. Einen Großspender zu gewinnen braucht nicht nur Mühe, sondern auch den Aufbau einer besonderen persönlichen Beziehung zum Großspender, dem Major Donor, dem Großgönner. Interessant ist eine Übersicht dazu, wie einzelne Spenden sammelnde Organisation den Großspender definieren. Beispielsweise ist ein Großspender beim NABU jemand, der in den vergangenen 24 Monaten mehr als 800 EUR gespendet hat, oberhalb 2.000 EUR wird er gar als Topspender klassifiziert. Bei den SOS Kinderdörfern ist ein Spender ein Premiumspender, wenn er 30.000 EUR gegeben hat. Großspender ist hier, wer mehr als 6.000 EUR zur Verfügung gestellt hat.


LESETIPP: Großspenden-Fundraising, Wege zu mehr Philanthropie, Handbuch mit Grundlagen, Strategien und Tipps für die Praktische Umsetzung von Marita Haibach und Jan Uekermann – das Buch für alle Stiftungen und Organisationen, die GroßspenderInnen gewinnen und sich das dafür notwendige Rüstzeug zulegen wollen. Herausgeber ist der Fundraiser Magazin Verlag, das Buch erscheint in der 2ten und erweiterten Auflage. ISBN: 978-3-9813794-3-3

Hasso Plattner und die Stanford-Geschichte

Solche kleinen Recherchen aus der Praxis machen „Großspendenfundraising – Wege zu mehr Philanthropie“aus Stiftungssicht sehr wertvoll, denn in vielen Stiftungen stellt sich ja genau die Frage, was ein Großspender eigentlich ist, woraus sich ja wiederum die Ansprache entsprechend ableitet. Hier gibt es wenig Einblicke, umso wertvoller sind diese Beigaben, die das Buch an verschiedenen Stellen immer wieder einstreut. Und es lässt auch immer wieder Großspender zu Wort kommen, wie Prof. Hasso Plattner, einer der Gründer des Walldorfer Software-Konzern SAP. Wie er das Umworbenwerden seitens der Stanford University auf Seite 44 beschreibt, wohlgemerkt in kurzen Worten, das ist eindrücklich, weil er den eigentlichen Wert der Großspende vom bloßen Betrag hervorhebt.

Wer Großspenden will, muss Datenschutz draufhaben

Zu den Grundlagen des Großspenden-Fundraisings gehört aber neben einer Vision auch die Körnerarbeit, und die umfasst das Thema Datenschutz (ein bei Großspender extrem sensibles Thema) ganz wesentlich. Was das Buch hier liefert, ist Detailarbeit, ist Hilfe für die tägliche Fundraising-Praxis par excellence. Wie sammle ich Daten, wie speichere ich sie ab, sie pseudonymisiere ich ggf. meinen Großspender, dies und noch Vieles mehr wird Stück für Stück „abgearbeitet“, so dass Stiftungsverantwortliche hieraus sehr schön die Notwendigkeiten im Themenkomplex Datenschutz erfassen können. Wir nehmen mit: Ohne Datenschutz bzw. einen professionellen Umgang mit den einzelnen Aspekten kein Großspendenfundraising. Wer Großspendenfundraising machen will, muss Datenschutz draufhaben. Punkt.

Institutional ready heißt nicht automatisch erfolgreich

Im Weiteren schält „Großspendenfundraising – Wege zu mehr Philanthropie“ auch die Aspekte der Institutional Readiness heraus. Großspenden zu machen, ohne als Organisation nachhalten zu können, machen schlichtweg keinen Sinn. Institutional Readiness, diese zwei relativ gemeinen Worte, muss nämlich mit Leben gefüllt werden. Haibach und Uekermann nennen hier fünf Punkte, die darauf einzahlen, im Großspendenfundraising erfolgreich zu sein. Genannt werden hier unter anderem ein stimmiges Fundraising-Zielbild (eben der motivierende Case for support), warum ich also als Spender spenden soll, ein bereits existierender Kreis potenzieller GroßspenderInnen und motiviertes Führungspersonal, das dem Gewinnen von Großspenden die notwendige Rückendeckung verleiht. Denn sofort funktionieren wird das Ganze nicht, so viel zeigt die Erfahrung, denn selbst „Organisationen, die insgesamt gut aufgestellt sind hinsichtlich ihrer Institutional Readiness im Fundraising sind nicht automatisch auch gut für das Großspenden-Fundraising aufgestellt.“

Tipps rund um die Charity-Reise

Spannend finden wir auch die Kapitel zu Major Donor Zyklus und zu den Methoden, hier wird Praxiswissen zusammengetragen, hier wird gezeigt, wie es Organisationen bewerkstelligen, Nähe zu bestehenden wie potenziellen GroßspenderInnen herzustellen. Ein Wort, das sich wie ein roter Faden durch diese Kapitel zieht, ist das der Beziehung. Beziehungen müssen aufgebaut, ausgebaut und gepflegt werden, dazu gehören auch Dinge wie eben das Schaffen von Anlässen, an denen man sich austauscht, an denen die Beziehung vertieft wird. Was „Großspendenfundraising – Wege zu mehr Philanthropie“ hier schafft ist, die Barrieren hinsichtlich auch komplexer Formate wie etwa einer SpenderInnen-Reise abzubauen. Denn wer die Bausteine einer solchen Reise kennt, der kann sie abwägen, und wer sich allein nicht traut, der kann auch auf Dienstleister für „Charity-Reisen“ zurückgreifen, selbst hier hält das Buch Tipps parat.

Zusammengefasst

Handbücher sind immer so eine Sache. Sie sind sehr speziell, wer einmal ein Handbuch rund ums Camping gelesen hat, der freut sich insgeheim schon auf den nächsten Hotelaufenthalt, ob der ganzen Dinge, die zu tun sind und die potenziell schiefgehen können. Bei „Großspendenfundraising – Wege zu mehr Philanthropie“ verhält es sich unserer Lesart nach aber anders. Hier wird die Herausforderung „Großspenden-Fundraising“ als zwar komplexe Aufgabe beschrieben, aber eben als eine lösbare, und als eine, die darin mündet, wieder diesen einen philanthropischen Fußabdruck mehr in der Welt hinterlassen zu können. Marita Haibach und Jan Uekermann gelingt es, auch durch Praxisnähe, dem Leser immer wieder Halteseile „hinzuhalten“ und für die Mission „Großspenden-Fundraising“ das notwendige Handwerkszeug zu liefern. Wir würden sagen: Mission accomplished.