Wie jeder Portfolio-Eigner müssen auch Stiftungen stets beobachten, bewerten und gegebenenfalls nachjustieren. Aktuell, finden wir, erscheint der Einstieg in Dividendenfonds aussichtsreich: Antizyklik at its best.
Aktionäre: Dumm und frech oder clever?
Dem legendären Berliner Banker Carl Fürstenberg wird ein böses Bonmot zugeschrieben: „Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann noch Dividende haben wollen.“ Der persönlich haftende Gesellschafter der Berliner Handelsgesellschaft, der seinerzeit führenden Deutschen Unternehmensbank, spielte damit auf die damaligen Usancen am Kapitalmarkt an. 100 Jahre später hat sich die Situation grundlegend verändert: Der Reingewinn ist nicht mehr länger „der Teil der Bilanz, den der Vorstand beim besten Willen nicht mehr vor den Aktionären verstecken kann“ (ebenfalls Fürstenberg), sondern Basis der Dividendenzahlungen, zu denen sich zahlreiche erfolgreiche Unternehmen klar bekennen. Mit anderen Worten: Dividenden sind ein grundsätzlich sinnvolles Diversifikationsmerkmal, und dies aktuell in besonderem Maße, da andere Investment-Themen wie Technologie, Energiewende oder Digitalisierung viel Aufmerksamkeit absorbieren und die gute, alte Dividende etwas in den Hintergrund gerückt ist. Bedeutet: Es winken antizyklische Chancen, denn fundamental spricht viel für Dividendenfonds.
Europa oder global: Anleger haben die Auswahl
Bei der Fonds-Auswahl stellt sich wie immer die Fragen nach dem genauen Beuteschema. Europa gilt als die Region mit tief verwurzelter Dividendenkultur. Die wird durch den Metzler European Dividend Sustainable adressiert. Gleichzeitig gibt es auch im angelsächsischen Raum und in Asien leistungsstarke Dividendenunternehmen. Überwiegend in diesen Regionen, aber auch in Europa, investiert der Global Dividend Fonds von J.P. Morgan Asset Management. Obwohl sich kein Nachhaltigkeitszusatz im Namen findet ist auch dieser Fonds nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung klassiert. Beide Fonds halten wir für eine gute Wahl, um ein Stiftungsportfolio um den Aspekt einer Dividendenstrategie zu bereichern, und deshalb haben wir sie in den Club der 25 aufgenommen.
Über die Qualität einer Dividende
Was determiniert die Qualität einer Dividende? Natürlich spielt die Höhe, also die Dividendenrendite, eine Rolle. Aber es wäre natürlich viel zu kurz gedacht, einfach die 50 Unternehmen zusammenzustellen, die derzeit die höchsten Ausschüttungen realisieren. Denn so attraktiv eine hohe Dividende auch ist – sie darf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nicht unterminieren. Ausschüttungsquoten von 70 oder 80% sorgen bei Profis für Alarmsignale, nicht zuletzt, da Dividendenkürzungen drohen. Die Suche konzentriert sich daher auf andere Parameter – zum Beispiel Unternehmen mit einem funktionierendem Geschäftsmodell, die in der Wachstumsphase vielleicht nur geringe Dividenden ausbezahlt haben, nun aber im Verdacht stehen, die Ausschüttungsquote zu erhöhen – und sich das bilanziell und cash-flowmäßig auch erlauben können. Qualität heißt also: Hohe, aber nicht maximale Dividende und robuste langfristige Ausschüttungsfähigkeit und ein klarer Pfad zumDividendenwachstum.
Wie immer: Die Mischung macht´s
Vergleicht man den MSCI World Index mit den „Dividenden-Compoundern“ über einen Zeitraum von 20 Jahren, schälen sich die Unternehmen, die am mittleren bis oberen Ende der globalen Dividendenzahler als Kapitalvermehrer rangieren als besonders attraktiv heraus, da sie eine robuste Dividendenrendite mit Dividendenwachstum verbinden. Die Compounder sind zwar nicht die Aktien mit der besten Entwicklung, aber sie hatten auch selten Rückschläge zu verzeichnen – eine Eigenschaft, die auch Stiftungen suchen.
Ein Beispiel für einen solchen Kapitalvermehrer ist Texas Instruments, beschreibt Fondsmanager Sam Witherow den Ansatz von J.P. Morgan Asset Management: „Viele kennen die Taschenrechner, doch heute stammen mehr als 90% der Umsätze aus globalen analogen Halbleitern, für die das Unternehmen der wichtigste Anbieter ist. Mit Margen von 70% und wachsenden Marktanteilen bei Automobil- oder Industrieanwendungen hat das Unternehmen ein attraktives Wachstumsprofil. Auch wenn die Dividendenrendite nur 3% beträgt, ist sie in den letzten zehn Jahren um 16% pro Jahr gewachsen. Diese Art der leistungsstarken Compounding-Ergebnisse, suchen wir für unser Dividendenportfolio.“ Boris Anbinder, Manager des Metzler Fonds, nennt etwa die finnische Neste Oy als ein Beispiel eines Zielunternehmens. Als sogenannter Transitioner hin zu Erneuerbaren Energien zeichne sich künftiges Dividendenwachstum deutlich ab: „Solche Unternehmen wollen wir möglichst früh entdecken und dann auf ihrem Weg begleiten.“
Coupons, Dividende und die Frage der Inflation
In den Zeiten der Niedrigstzinsen wurde das Narrativ des „Dividenden sind der neue Zins“ gepflegt. Sind in Zeiten mittlerweile wieder ansehnlicher Coupons damit Dividenden out? Wir denken nicht, denn beim Vergleich muss auch die Inflation einbezogen und nominale gegenüber den realen Renditen betrachtet werden. Fixed Income bietet wenig Ausgleich bei Inflation, denn so wichtig die aktive Bewirtschaftung eines Anleiheportfolios auch ist: Höhere neue Coupons drücken auf die Notierung der Anleihen im Bestand, das war 2022 geradezu lehrbuchmäßig zu beobachten. „Dagegen werden die von Aktien erwirtschafteten Erträge aus den nominalen Unternehmens-Cashflows gezahlt, die mit oder über das Inflationsniveau steigen können. Nach Abzug der Inflation ist das Ergebnis über fünf Jahre betrachtet für Anleihen entsprechend relativ ernüchternd“ gibt Witherow zu bedenken.
Taktische Erwägungen sprechen für Dividendentitel
Die relativen Bewertungen von Dividendenaktien sowohl in Europa als auch rund um den Globus zeigen aktuell einen Bewertungsabschlag für Dividendentitel, der unterhalb des langfristigen Durchschnitts liegt. Nachdem sich die Bewertungsschere nach der Pandemie etwas geschlossen hatte sind nun begründet durch den KI-Hype und Kurssteigerungen von Firmen wie Nvidia wieder spürbare Abstände zu sehen. Taktisch aussichtsreich erscheint ein Dividendenengagement derzeit auch wegen der relativ geringen Ausschüttungsquoten, die bei etwa 35 bis 40% liegen. Während der Pandemie und bis heute halten zahlreiche Unternehmen das Geld zusammen und haben ihre Bilanz gestärkt. Das verspricht einerseits Aufholpotenzial, zum anderen senkt es die Wahrscheinlichkeit von Rückschlägen, da selbst bei stagnierenden Geschäften durch eine Erhöhung der Quote zumindest eine inflationsausgleichende Erhöhung der Dividende erreicht werden kann.
Die konkrete Umsetzung bei Metzler
Der Metzler-Ansatz, sich auf europäische Aktien zu kaprizieren, folgt der Meinung, dass sowohl historisch als auch aktuell Europa die attraktivste Region für Dividendeninvestoren darstellt. Das Anlageuniversum beziffert Metzler Asset Management mit etwa 800 europäischen Dividendentiteln, aus denen nach den einschlägigen Analyseschritten etwa 50 Titel selektiert werden.
Metzler wendet ein Multifaktorenmodell an, das unter anderem die Dividendenrendite, die Deckung der Dividende durch Free Cash-Flows, das Dividendenwachstum der vergangenen fünf Jahre, die Varianz des Dividendenwachstums oder auch den Piotroski-Score berücksichtigt. Auch innerhalb des Dividenden-Universums ist es möglich und notwendig, zu diversifizieren.
Metzler unterscheidet Dividenden-Aristokraten, Dynamiker und Hidden Champions. Die Aristokraten sind die Large Caps mit solider Bilanz und langer Dividendenhistorie. Die Dynamiker entstammen eher dem Mid-Cap-Bereich, die mit dem schnellen Wachstum des Free Cash-Flows und attraktiven, aber noch verträglichen Ausschüttungsquoten zeitnah kräftige Steigerungen der Ausschüttungen versprechen. Die Hidden Champs schließlich decken Titel ab, die mit Sonderausschüttungen oder hohen Aktienrückkäufen und anderweitigen Sondersituationen höhere Renditen versprechen.
Die konkrete Umsetzung bei J.P. Morgan Asset Management
Der Fonds investiert in 40 bis 90 Aktien mit einer Mischung aus attraktiver aktueller Rendite und zukünftigen Dividendenwachstum. Ziel ist es, mit dem Global Dividend Fund eine höhere Dividendenrendite als der Markt mit einem starken Dividendenwachstum zu kombinieren. Der Fokus der Engagements liegt auf den USA und Asien, europäische Titel liegen zumeist im Bereich zwischen 15 und 20%. Konkret erwartet J.P. Morgan Asset Management für die nächsten fünf Jahre ein jährliches Dividendenwachstum von mehr als 7% für das Portfolio. Geachtet wird auf hohe Resilienz gegen Dividendenkürzungen. Das ist nicht nur auf der Einkommensseite wichtig, sondern auch für die Performance des Fonds.
Dinosaurier – aber mit Zukunft
Unter technologiebegeisterten Investoren gelten Dividendentitel ja so ein bisschen als Resterampe aussterbender Industrien und Geschäftsmodelle. Der Blick in die Portfolien der beiden Fonds zeigt: Weit gefehlt. In gewisser Weise ist zu beobachten, dass sich das dot.com-Beispiel wiederholt. Zu den Hochzeiten des Neuen Marktes wurde alles gehypt, was auch nur entfernt mit Internet oder Online-Shop zu tun hatte. Vergleicht man heute die Kurszettel ist festzustellen, dass sehr viele Newcomer nicht überlebt haben oder ein verwaistes Dasein weit unterhalb damaliger Emissionskurse fristen. In Summe am meisten profitiert haben von den damaligen Technologien die Etablierten, die Vertrieb, Sourcing und Produktionsabläufe optimiert haben. Und die Compounder und Dividendenaristokraten, wie JPM und Metzler die Unternehmen nennen, werden in Summe auch im Zuge von Artificial Intelligence, Internet of Things und weiteren Technologien profitieren.
Zusammengefasst
Dividenden waren nie out, und gerade in Zeiten hoher Inflation bieten sie ein gutes Hedging gegen Preissteigerungen. Ob nun eine Stiftung eher auf Europa setzt oder global denkt bleibt der individuellen Portfoliokonstruktion anheimgestellt. Eines sollte nur nicht übersehen werden: Die Dividende als Einkommensquelle besitzt weiterhin großen Charme für Stiftungen.