Neustart für deutsche Stiftungsvermögen

Welche 3 Sätze Stiftungsgremien nicht mehr als gegeben hinnehmen sollten

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Beim 6ten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen diskutieren wir nichts weniger als Ansätze für den Neustart für das Management vieler deutscher Stiftungsvermögen. Warum? Nicht weil es angenehm ist, oder weil es einfach ist, sondern weil es erforderlich ist. Stiftungen hierzulande verschenken zu viel Geld auf der Habenseite, das ihnen dann auf der Ausgabenseite fehlt – oder das sie zu abhängig von anderen Alimentationen macht. Ausschlaggebend hierfür sind häufig Allgemeinplätze, die in den Stiftungsgremien fallen und die einen Neuaufsatz des Stiftungsvermögens schlichtweg abräumen. Nur wird dies nicht so bleiben können.

Es gibt da diese Geschichte von Steve Jobs, der sie so erzählt haben soll. Schaue ich des Morgens drei hintereinander in den Spiegel und beantworte mir die Frage, ob ich das was ich heute tue auch morgen noch genau so tun sollte, dreimal hintereinander mit Nein, dann sei es Zeit für eine Veränderung. Für mich spielt es keine Rolle, dass Steve Jobs sich diese Frage für seine Produkte gestellt hat und sich dieser Frage schwerlich eins zu eins auf Stiftungsvermögen übertragen lässt. Es ist die Mechanik, die ich spannend finde, ich finde, diese Mechanik des Hinterfragens ist erforderlich für viele Stiftungsvermögen. Fragen Sie sich doch eine ganze Woche lang mal am Morgen, ob Sie mit den Anlageergebnissen auch morgen werden einverstanden sein – und wenn die Antwort dreimal NEIN lautet, dann wissen Sie Bescheid.

27.000 Stiftungen brauchen 27.000 Vermögenskümmerer

Ob ich mir vorstellen kann, dass die Mehrheit der Stiftungsverantwortlichen – und wir haben ja mehr als 27.000 Menschen, die sich um die Stiftungskapitalien kümmern müssen (pro Stiftung mindestens eine/einer) – mit ihren Ergebnissen bei ordentlichem Ertrag und Wertzuwachs zufrieden sind? Mag ich kaum glauben, dass es eine Mehrheit ist, eher eine Minderheit, und viele verwalten ja das Stiftungsvermögen immer noch, als es zu managen. Den Einwand, eine 500.000 EUR-Stiftung kann man nicht managen, lasse ich nicht gelten, denn Managementprinzipien für das Stiftungsvermögen lassen sich bei jeder Größenordnung einziehen, zum Wohle der Stiftung ist ein Dahinsiechen der Stiftungskapitalien nämlich definitiv nicht.

TV-Tipp:
Am morgigen Mittwoch ist es soweit, wir gehen mit dem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen wieder auf Sendung – ab 9:30 Uhr auf www.vtfds.de. Sie klicken sich am Schreibtisch oder mit dem Mobilgerät einfach „rein“ und starten den #vtfds25 Livestream mit dem Play-Button, wir und unsere Protagonisten im Studio sagen schon einmal vorab VIELEN DANK fürs Einschalten.

„Das haben wir immer so gemacht“ ist vorbei

Womit wir bei Satz Nummer 1 wären, von dem sich Stiftungsgremien ziemlich dringend lösen müssen: Das haben wir immer so gemacht (da könnte ja jeder kommen). Würden wir ein Diagramm malen, dann würde just an dieser Stelle das Icon mit dem Blitz zum Einsatz kommen. Stiftungsgremienmitglieder müssen sich einfach nur zwei Fragen beantworten, die diesen Satz mit einem großen Wisch einfach vom Tisch wischen. Ist es konform mit den Sorgfaltspflichten von Stiftungsverantwortlichen und Stiftungsgremien, dass Stiftungsvermögen so wie immer gemacht und das sich ändernde Umfeld damit praktisch ignoriert wird? Ist es im Sinne des Stifterwillen, dass die Resilienz der Stiftung in Bezug auf das Stiftungsvermögen sukzessive ausgehöhlt wird durch – ich nenne das jetzt mal etwas frech so – Nichtstun? Ich denke, die Antworten sind klar, liegen auf dem Tisch, damit das Stiftungsvermögen seiner dienenden Funktion nachkommen kann, muss es mit Konzept, Kopf und Durchhalte- wie Veränderungswillen gemanagt werden.

Sich nicht zu einigen in den Stiftungsgremien ist keine Option

Satz Nummer 2 schließt hieran direkt an und tangiert letztlich nichts weniger als die Fortführungsprognose einer Stiftung: Darauf konnten wir uns in den Gremien nicht einigen. Wie, was, auf Fragen das Stiftungsvermögen betreffend konnten sich die Damen und Herren in den Stiftungsgremien nicht einigen? Sie konnten nicht beschließen, welches Anlagekonzept verfolgt wird, welchen Inhalt die Anlagerichtlinie haben soll, welche Anlageinstrumente genutzt und wie das Anlagencontrolling zum Zwecke der Dokumentation aufgesetzt wird? In der Schule wäre das eine Themaverfehlung gewesen, in Bezug auf Stiftungsverantwortliche und Stiftungsgremien ist es schlicht nicht zum Wohle der Stiftung, sich zum Themenkreis Stiftungsvermögen nicht zu einigen. Stiftungsvermögen und gesellschaftlich privilegiertes Kapital, das der Gesellschaft qua Erträge etwas zurückgeben soll, daher ist die Klammer für das Einigen in den Stiftungsgremien zum Stiftungsvermögen nicht das Können, sondern das Müssen.

Der Unterschied zwischen „das läuft schon ganz gut“ und einem Eimer Nebelkerzen ist der Eimer

Das Wort ‚müssen‘ steckt auch im dritten Satz drinnen: „Ans Stiftungsvermögen müssen wir nicht ran, das läuft schon ganz gut.“ Dieser Satz ist letztlich eine Ohrfeige für die Stiftungsidee als solche, für mich übersetze ich das mit Pflichtverletzung. Ans Stiftungsvermögen nicht ran zu müssen heißt letztlich, dass die Aufgabe als erledigt angesehen wird. Aber die Aufgabe ist nie erledigt, der Prozess, Stiftungsvermögen zu managen, ist nie vorbei, der Unterschied zwischen „das läuft schon ganz gut“ und einem Eimer Nebelkerzen ist der Eimer. Der Satz bedeutet eben genau, dass der Pool an Möglichkeiten für das Stiftungsvermögen oder aus dem Stiftungsvermögen heraus nicht ausgeschöpft wird – was nicht zu tolerieren ist, und was in meinen Augen auch nicht mit dem Ermessensspielraum der Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider abgegolten ist. Wenn im Stiftungshandeln künftig die Business Judgement Rule drin ist, dann muss draußen an der Stiftung „Am Stiftungsvermögen arbeiten wir jeden Tag sehr hart“ dranstehen.

vtfds2025

Zusammengefasst

Es war David Swensen, der einige Allgemeinplätze rund um Stiftungsvermögen im Jahr 1985 abräumte, die drei Sätze hätten gut und gerne dazugehören können. Doch diese Veränderung setzte den Willen voraus, etwas verändern zu wollen, und das sehen wir in Deutschland bei etlichen Stiftungen nicht oder zu wenig. Was einerseits schade ist, weil Stiftungen einfach zu viel Ertrag „durch die Lappen geht“, zum anderen ist es unverzeihlich, denn die aktuellen stiftungsrechtlichen Rahmenbedingungen verlangen von Stiftungsvermögen noch weit mehr, dass sie zum Arbeiten gebracht werden. Beim #vtfds25 sprechen wir über jene notwendigen Veränderungen und über das erforderliche Mindset, das es allen Stiftungslenkerinnen und -lenkern ermöglicht, Stiftungsvermögen zeitlos und zeitgemäß zu managen. Wir sind überzeugt: Jede Stiftung kann, denn keine Stiftung hat qua ihrer DNA etwas zu verschenke