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Nachlese zum #VTFDS2020: Wie legen Stiftungen nachhaltig an und wird eine ESG-Anlagepolitik noch wirksamer?

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Nachlese zum VTFDS2020 Behr, Schiffelmann, Fiedler
Lesezeit: 3 Minuten

Was kann eine Stiftung tun, die sich entschlossen hat, ihr Vermögen nachhaltig zu investieren? Hierüber diskutierten Karsten Behr (Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung), Andreas Fiedler (EB-SIM) und Thomas Schiffelmann (Handicap International). Der beste Weg: Mit dem Einsatz des Vermögens auf Unternehmen einwirken, sich dem Wohl und Wehe des Planeten zu widmen. Die Machbarkeit dies hehren Ziels ist eine andere Frage.

Best-in-Class-Ansätze, Ausschluss bestimmter Branchen und ESG-Kriterien – Stiftungen, die ethisch und nachhaltig investieren wollen, scheinen viele Instrumente zu haben, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.

Für Thomas Schiffelmann geht dies alles jedoch nicht weit genug. „ESG-Kriterien sind nur ein Kompromiss, es braucht viel strengere Auflagen“, forderte der Marketingleiter der Hilfsorganisation Handicap International. Nach welchen Maßgaben sein Verein vorgehe, erläuterte er in einer Diskussionsrunde zu nachhaltigen Geldanlagen auf dem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen am 24. Juni 2020. Für Kooperationen mit Unternehmen und Stiftungen habe Handicap International ein eigenes Screening-Verfahren auf Basis der von den Vereinten Nationen formulierten 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung.

„Es gibt keinen Investmentfonds, der diesen Kriterien entspricht“, so Schiffelmanns Einschätzung. „Daher setzen wir auf Social Business und direkte Beteiligungen.“

Nur ESG-konform zu sein, reiche nicht aus, um auch für künftige Generationen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Insbesondere hätten viele der gegenwärtigen Fluchtbewegungen letztlich ihre Ursache in Unternehmen, die nach dem Prinzip höher, schneller, weiter handelten. „Wir müssen Unternehmen unterstützen, die gesellschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen jetzt lösen“, forderte Schiffelmann. „Dahin muss sich der Kapitalmarkt entwickeln, sonst wird es eng.“

WELCHES KONTROLLORGAN WÜRDE VENTURE CAPITAL ABSEGNEN?

„Bei Publikumsfonds ist noch viel zu tun“, lautete auch die Einschätzung von Andreas Fiedler, Managing Director der Sustainable Investment Management GmbH der Evangelischen Bank (EB-SIM). „Es ist jedem unbenommen, sein Profil weiter zu schärfen. Wir gehen bei vielen Mandanten viel tiefer in die Überlegung, was investierbar ist und wie wir das messen können.“ In jedem Fall stehe es allen Investoren gut zu Gesicht, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen.



HINWEIS: Hier geht’s zum Video mit der Diskussion mit Andreas Fiedler (EB-SIM), Karsten Behr (BINOG-Umweltstiftung) und Thomas Schiffelmann (Handicap International).


Es sei mittlerweile auch ausreichend belegt, dass dies nicht die Rendite schmälere und das Risiko reduzieren könne. Karsten Behr, Geschäftsführer der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung, mahnte jedoch an, dass die von Schiffelmann erhobenen Forderungen für kleine und mittelgroße Stiftungen kaum umsetzbar seien. „In Start-Ups dürfen wir gar nicht investieren und Venture Capital würde kein Gremium mitmachen.“ Auch Investitionen in Windparks und Wasserkraftwerke hätten Mindestsummen in Millionenhöhe, zu denen die wenigsten Stiftungen in der Lage seien.

Natürlich achte auch seine Organisation auf nachhaltige Investments und langfristig orientierte Geschäftsmodelle. Dies beginne damit, dass sie keine Papiere im Portfolio habe, die der Reputation der Stiftung zuwiderlaufen. Und er habe beobachtet, dass sich am Markt der Anlageprodukte vieles zum Positiven entwickle. „Mittlerweile gibt es auch grüne Anleihen und auch in der Analyse hat sich viel getan, damit kleinere Stiftungen Sicherheit bekommen.“

DER MARKT BRAUCHT MEHR TRANSPARENZ

Andreas Fiedler reichte das jedoch noch nicht: „Wir brauchen mehr Druck im System und mehr Transparenz. Es hätten schon längst Regeln für Anlageberatung gemacht werden müssen.“ So sei es aufgrund der Sicherheitsbestimmungen für Pensionskassen nicht möglich, in größerem Umfang in Impact Investing zu gehen und den Satz „ihr mit eurem Nachhaltigkeitszeugs“ komme immer noch von einigen Geschäftspartnern.

Auch Thomas Schiffelmann bemängelte, dass das Interesse von Stiftungen an nachhaltigen Geldanlagen gegenwärtig noch ausbaufähig sei. So gebe es auf dem Deutschen Stiftungstag seit etlichen Jahren Programmpunkte zum Impact Investing, die jedoch spärlich besucht seien.

Für Karsten Behr sind ausreichende Informationen ein entscheidender Faktor. „Greenwashing kann ich nur verhindern, wenn ich auch in der Lage bin, Investitionsmöglichkeiten zu bewerten. Da ist noch eine Menge Luft nach oben.“

Einigkeit bestand unter den Diskutanten, dass Investitionskapital dafür verwendet werden müsse, auf Unternehmen Einfluss zu nehmen. So war es für Thomas Schiffelmann unverständlich, dass die Lufthansa-Rettung in Deutschland nicht mit ökologischen Auflagen verbunden ist. Andreas Fiedler berichtete, dass sein Haus auch schon mehrmals von Investitionen in DAX-Konzerne Abstand genommen habe, da es die Unternehmensführung kritisch sah. Das Charmante daran: Die nach einiger Zeit einsetzenden Kursabschwünge musste die EB-SIM nicht mittragen.

ZUSAMMENGEFASST

Stiftungen steht es frei, sich selbst noch strengere Richtlinien zu geben als die üblichen Nachhaltigkeitskriterien. Allerdings sind Investitionen in Social Businesses oder Impact Investing für viele kleine bis mittlere Stiftungen und auch für sicherheitsorientierte Anleger noch nicht machbar. Mit der Anlageentscheidung auch Werturteile über die Unternehmensführung abzugeben, ist dagegen für viele Investoren machbar.