Der Metzler European Dividend Sustainability investiert in Unternehmen mit überdurchschnittlichen Dividendenrenditen. Manager Boris Anbinder nimmt uns mit in den Maschinenraum.
Der Fokus des reinen Aktienfonds liegt auf Titeln, die ein deutliches Potenzial für Dividendensteigerungen, gestützt von Umsatz- und Gewinnwachstum, aufweisen. Diese Unternehmen bieten führende Marktpositionen und Produkte auf Endmärkten mit strukturellem Wachstum an. Hohe Markteintrittsbarrieren, exzellente und erfahrene Management-Teams, solide Bilanzen und Cash- Generierung sowie ein starker Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte (ESG – Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung) sind weitere Merkmale.
Erstes Dividendenkonzept seiner ART mit ESG
Metzler Asset Management integriert seit Jahren konsequent ESG-Komponenten in alle diskretionär gesteuerten Aktienmandate. Als erster Asset-Manager brachte Metzler 2015 mit dem Fonds Metzler European Dividend ein Dividendenkonzept mit integrierten Nachhaltigkeitsaspekten auf den Markt. Investoren können zum einen davon profitieren, dass Dividendentitel das Portfolio stabilisieren, zum anderen bieten nachhaltig geführte Unternehmen im Schnitt höhere Dividendenrenditen. Nun, nach zehn Jahren, lässt sich bilanzieren, dass das Konzept über die unterschiedlichsten Konjunkturphasen und externe Schocks hinweg funktioniert. Mit Stand 30.5. steht eine Performance von 4,84% p.a. zu Buche, YTD sind es zum Stichtag 9,43%.
Dividendenaktien schnitten in den vergangenen Jahren in schwachen Konjunkturphasen deutlich besser ab als der gesamte Aktienmarkt, da sich Dividenden in der Regel deutlich stetiger als Unternehmensgewinne entwickeln. Das Anlageuniversum umfasst europäische Unternehmen jeder Marktkapitalisierung, wobei attraktive Large Caps mit einer „progressiven“ Dividendenpolitik den Kern des Portfolios bilden. Zusätzlich investiert Metzler je nach Marktphase in herausragende Nebenwerte (Small und Mid Caps) mit Potenzial auf deutlich steigende Dividenden. So verteilt sich das Portfoliovermögen in jedem Marktumfeld auf die unterschiedlichen Dividendenkategorien.
Im Interview mit #fondsfibel Chefredakteur Stefan Preuß erläutert Fondsmanager Boris Anbinder, wie er in den aktuell unübersichtlichen Zeiten navigiert.
#stiftungenstärken.de: Der Rücksetzer nach dem von US-Präsident Trump genannten „Liberation Day“ war schnell aufgeholt, aber noch ist keine tragfähige Lösung im Zollstreit vereinbart. Wie navigieren Sie z.B. nach der neuerlichen 50%-Zolldrohung – und welche konkreten Sicherungsmaßnahmen können Sie einziehen?
Boris Anbinder: Auf politisch getriebene Aktienmärkte zu reagieren ist grundsätzlich schwierig. Oft haben diese „kurze Beine“. Insbesondere bei der sehr erratisch wirkenden Politik von Donald Trump. Deshalb analysieren wir die Auswirkungen von politischen und regulatorischen Veränderungen, bspw. Zöllen, auf Sektor- und Unternehmensebene. Dies geschieht im Austausch mit Sektoranalysten und noch wichtiger mit den Unternehmen selbst. Danach richten wir unsere Entscheidungen und versuchen somit vorschnelle Reaktionen in die eine oder andere Richtung zu vermeiden. Deswegen sind wir bei einigen Sektoren, wie Automobilen, deutlich vorsichtiger als bei anderen, etwa Truckherstellern. Dividendenstrategien sind oft defensiver positioniert und können somit bei generellen Marktrücksetzern die Verluste im Vergleich zum Gesamtmarkt eindämmen. Auch die Dividende trägt zur Gesamtperformance bei und puffert mögliche Verluste etwas ab. Aber insgesamt unterliegen Dividendenstrategien und damit auch unser Publikumsfonds den natürlichen Schwankungen der Aktienmärkte. Das ist Risiko und Chance zugleich.
#stiftungenstärken.de: Sie setzen auf ein konzentriertes Portfolio aus ca. 50 Aktien, um nur die besten Titel im Portfolio zu haben. Wäre in diesen perma-volatilen Zeiten nicht eine breitere Streuung ratsam – oder ist das nur eine Schein-Diversifizierung?
Boris Anbinder: Eine breitere Aufstellung macht in volatilen Zeiten durchaus Sinn. Deswegen haben auch wir die Anzahl der Aktien im Portfolio auf aktuell 58 Werte erhöht. Innerhalb einiger eher homogener Sektoren, bspw. Minenwerte, Ölaktien oder auch Automobile, bei denen die Unternehmen von sehr ähnlichen Treibern abhängen, bewegen sich Aktienkurse sehr ähnlich. Deswegen kann man die Titelanzahl in diesen Segmenten normalerweise begrenzt halten. Hier könnte man von der angesprochenen „Schein-Diversifikation“ sprechen. Aber in Zeiten anhaltend hoher Volatilität, wie wir sie aktuell erleben, kann es jedoch auch innerhalb dieser Sektoren sinnvoll sein, die Anzahl der Aktien im Portfolio zu erhöhen, um die Einzeltitelrisiken zu begrenzen.
#stiftungenstärken.de: Ist der Fokus auf Europa aktuell weiterhin ein Vorteil – oder sogar ein besonderer Vorteil?
Boris Anbinder: Europa scheint nach Jahren der Vernachlässigung wieder auf dem Radar der Anleger zu sein. Das Sentiment hat sich deutlich verbessert, der „nicht-investierbar“ Status, insbesondere bei deutschen Unternehmen, ist abgelegt. Viele europäische Investorenkonferenzen, die wir aktuell besuchen, erfreuen sich Rekordbeteiligungen. Auch sind deutlich mehr US-Investoren vertreten als wir dies in den letzten Jahren gesehen haben. Die Hausaufgaben werden also gemacht, die große Verschiebung aus den USA nach Europa ist aber noch nicht angestoßen. Es gibt also theoretisch sehr viel „trockenes Pulver“, das in Europa investiert werden könnte. Selbst eine kleine Veränderung der Regionenallokation der großen globalen Vermögensverwalter von wenigen Prozentpunkten in Richtung Europa würde sehr viele Milliarden an Zuflüssen in europäische Aktien bedeuten.
#stiftungenstärken.de: Was könnte die globalen Vermögensverwalter veranlassen, noch mehr in Europa zu allokieren?
Boris Anbinder: Viel von diesem neu entfachten Enthusiasmus ist von den angekündigten Fiskal- und Stimulusprogrammen getrieben. Da dieses Geld lokal ausgegeben wird, suchen Investoren verstärkt nach Unternehmen, die einen großen Teil ihrer Umsätze in Europa erzielen und somit besonders von den Infrastrukturausgaben und einer anziehenden Wirtschaft Europas profitieren sollten. Auch wir investieren in solche Titel und haben seit Ende letzten Jahres deren Gewichtung aufgestockt, vor allem in zyklischen oder infrastrukturnahen Bereichen. Den Anteil der Unternehmen, die einen hohen Umsatzanteil in den USA erwirtschaften, haben wir im Gegenzug reduziert.
#stiftungenstärken.de: Aus welchen Bereichen stammen die aktuell attraktiven Unternehmen?
Boris Anbinder: Uns kommt zugute, dass viele Unternehmen, die von einem generellen Aufschwung der europäischen Wirtschaft und von verstärkten Infrastrukturausgaben profitieren, aus dem Dividenden-Camp stammen. Dazu zählen Unternehmen aus den Bereichen Bau/Baustoffe, Infrastruktur, Industrie oder Versorger. Aber auch Banken sollten von einer höheren Kreditnachfrage profitieren, die aktuell die höchste Dividendenrendite auf Sektorebene aufweisen. Dies verstärkt aktuell die Nachfrage nach europäischen dividenden(nahen) Strategien, auch wenn die Anleger nicht aktiv nach überdurchschnittlichen regelmäßigen Ausschüttungen suchen.
#stiftungenstärken.de: Ihr neuer Wert Fresenius hat einen relativ geringen US-Anteil beim Umsatz. Ein neuer Selektionsansatz?
Boris Anbinder: Fresenius ist ein gutes Beispiel für die oben genannten Anpassungen im Portfolio bzgl. Umschichtung von viel US-Umsatz zu europalastigen Unternehmen. Für Unternehmen aus dem Gesundheitssektor sind die USA der mit Abstand größte und wichtigste Absatzmarkt. Im Gegensatz dazu erwirtschaftet Fresenius kaum Umsatz in den USA und wäre somit auch nicht von Einfuhrzöllen in die USA betroffen und einer ggf. erforderlichen Verlagerung von Produktionskapazitäten. Dazu ist die Bewertung immer noch unterdurchschnittlich, da Fresenius nach Jahren der Umstrukturierung von langfristig orientierten Investoren erst wiederentdeckt werden muss. Die Dividendenrendite ist mit 2,5-3 % zwar unterdurchschnittlich, wir erwarten hier aber deutliches Wachstum in den kommenden Jahren. Insgesamt also ein Profil, das sehr gut als Beimischung zu unseren aktuellen Auswahlkriterien passt.
#stiftungenstärken.de: Sie fanden 2023/24 Versorger besonders interessant und haben mehrere im Portfolio. Wie passt das zu sinkenden Energiepreisen?
Boris Anbinder: Wir sind nach wie vor in Versorgungsunternehmen investiert und halten den Sektor für attraktiv. Dabei haben wir zwei Bereiche identifiziert, in denen wir vertreten sein möchten. Zum einen sind es diversifizierte Energieversorger, die Energie produzieren, diese speichern und handeln sowie Stromnetze betreiben. In dieser Konstellation spielt der Strompreis selbst nur eine untergeordnete Rolle. Zudem schließen die Stromproduzenten vermehrt direkte Verträge mit den künftigen Abnehmern zu festgelegten Preisen, um weniger vom schwankenden Marktpreis abhängig zu sein. Ein weiterer Bereich, in den wir verstärkt investieren, sind die Stromnetzbetreiber. Hier sehen wir in den kommenden Jahren einen massiven Investitionsbedarf. Zudem ist man sich zunehmend bewusst, dass diese Investitionen nur von der Privatwirtschaft getragen werden, wenn attraktive Renditen für Investoren möglich sind. Hier sehen wir eine gute Mischung aus heutiger Dividendenrendite und künftigem Wachstum, was unserem Investitionsansatz entspricht.
#stiftungenstärken.de: Versicherungen bilden den größten Sektor im Portfolio. Welche Gründe stimmen Sie positiv, da die Versicherer ihre Prämien schließlich auch nicht endlos steigern können?
Boris Anbinder: Der Versicherungssektor bleibt für uns langfristig aus Dividendensicht einer der attraktivsten. Prämiensteigerungen sind dabei auch nicht das wichtigste Argument, eine Anpassung auf ungefähr Inflationsniveau ist vollkommen ausreichend. Teilweise beträgt das Investmenteinkommen bei Versicherungen bis zu 50 % der Gesamteinnahmen. Da eine Rückkehr in eine Niedrigzins- oder gar Null-/ Negativzinsphase nicht absehbar ist, werden Versicherungen weiterhin eine attraktive Investmentrendite auf die vereinnahmten Prämien generieren. Durch diese Kapitalgenerierung sehen wir auch künftig Möglichkeiten für Dividendenwachstum und Aktienrückkäufe, gepaart mit sinnvollen Übernahmen.
#stiftungenstärken.de: Wie balancieren Sie Substanz mit dem für zukünftige Dividendensteigerungen wichtigem Wachstum im Fonds aus?
Boris Anbinder: Auch für eine dividendenorientierte Strategie ist es aus unserer Sicht unerlässlich, in strukturelle Trends zu investieren. Selbst wenn die aktuelle Dividendenrendite bei solchen Unternehmen unterdurchschnittlich ist, versprechen sie zweistellige Wachstumsraten über viele Jahre hinweg. Um dies umsetzen zu können, haben wir uns keine Hürden bezüglich Mindestdividendenrendite auf Einzeltitelebene gesetzt. Unsere Vorgabe ist, dass eine Dividende gezahlt werden muss. So wollen wir auf Portfolioebene eine Rendite von mehr als 4 % und ein Dividendenwachstum von 5 bis 7 % p.a. erreichen. Wachstumsunternehmen, die von langfristigen und strukturellen Trends profitieren, sind dafür unerlässlich. Solche Investments bieten aktuell zwar nur unterdurchschnittliche Dividendenrenditen, aufgrund des erwarteten zweistelligen Wachstums bei Gewinn und Dividenden lassen sich jedoch langfristig sehr attraktive Einstandsdividendenrenditen erzielen.
#stiftungenstärken.de: Welche Zukunftstrends haben Sie gerade auf dem Radar (Watchlist) oder bilden Sie bereits im Fonds ab?
Boris Anbinder: Zu solchen Trends zählen wir die weitere Digitalisierung und Automatisierung von Unternehmen – KI ist ein Teil davon, der an Bedeutung gewinnt. Hierbei investieren wir in Softwareunternehmen und führende Ausrüster für die Halbleiterproduktion. Das Thema Infrastruktur war schon immer integraler Bestandteil unseres Portfolios. Mit den angekündigten Fiskalmaßnahen in diesem Bereich sind wir nochmal positiver geworden. Ein weiterer Megatrend bleibt für uns die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Auch wenn das Thema Nachhaltigkeit zuletzt an Bedeutung verloren hat, treiben Politik und Unternehmen die Dekarbonisierung weiter voran. Geschäftsmodelle, die von diesem Trend profitieren, halten wir weiterhin für attraktiv. Dazu zählen vor allem Unternehmen, die den Einsatz von fossilen durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen.
#stiftungenstärken.de: ESG als ein Wesenskern des Fonds wird vielerorts ja abgeräumt. Wie wirkt sich das auf den Fonds aus?
Boris Anbinder: Nachhaltigkeit wird immer ein wesentlicher Kern der Strategie bleiben, das war schon bei Auflegung im Jahr 2015 der Fall. Wir verstehen das Einbeziehen von Nachhaltigkeitsaspekten in den Investmentprozess als Werkzeug zur Verbesserung der langfristigen Performance. Das ändert sich nicht aufgrund kurzfristiger Änderungen der Stimmungslage hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit. Viele Anleger setzen Nachhaltigkeit immer gleich mit „grün“. Das sehen wir anders. Uns geht es um die nachhaltige Führung eines Unternehmens und das Managen dessen Aktivitäten. Umwelt ist ein wichtiger Bestandteil von ESG, aber eben nicht der einzige. Zudem bieten ESG-Kennzahlen einen zusätzlichen, nicht-finanziellen Blick auf Unternehmen. Aus unserer Sicht ist es schon fast fahrlässig, diese Daten nicht in die Unternehmensbetrachtung einzubeziehen, wenn sie zur Verfügung stehen. Außerdem gehen die Themen Dividende und Nachhaltigkeit oft Hand in Hand. Nur nachhaltig wirtschaftende Unternehmen mit nachhaltigem Geschäftsmodell können langfristig wachsen und somit attraktive und wachsende Ausschüttungen für die Aktionäre erwirtschaften.
#stiftungenstärken.de: Offene Frage zum Schluss: Welche kapitalmarktrelevante Entwicklung macht Ihnen im Moment am meisten Sorgen in Bezug auf die weitere Performance und Ausschüttungsfähigkeit des Fonds?
Boris Anbinder: Es ist tatsächlich die erratische und sich fast schon wöchentlich ändernde Politik der aktuellen US-Regierung. Dies führt erstmal zum Stillstand bei Unternehmen. Investitionen werden abgesagt, wichtige Entscheidungen verschoben. Niemand möchte signifikante Investitionen tätigen in einem politischen und regulatorischen Umfeld, das sich jederzeit wieder ändern kann. Ein solches Umfeld ist Gift für die Wirtschaft, vor allem in der größten Volkswirtschaft der Welt, die Strahlkraft auf alle anderen Regionen hat.
Sehr geehrter Herr Anbinder, vielen Dank für diese interessanten einblicke.