Impact Investing: Weg für Stiftungen führt über Dachfonds-Konzepte

Über die Unterschiede von „Walking the walk“ gegenüber „Talking the walk“: Wir stellen zwei stiftungsgeeignete Impact-Angebote vor.

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Imapct Investing - Walking the walk
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Immer mehr Stiftungen befassen sich über die grundsätzliche ESG-Thematik hinaus mit der Frage, ob und wie Impact Investing ihre Vermögensanlage verbessern kann. Das gilt gleichermaßen für den verknüpften ideellen Hintergrund durch Gleichklang mit den Stiftungszielen (z.B. Umweltschutz, Bildung, studentisches Wohnen, Armutsbekämpfung), aber auch in der allgemeinen Vermögensanlage mit dem Ziel, mindestens die Rendite über den Impact zu erzielen. Folgend einige Grundlagen zum Thema und zwei stiftungsgeeignete Ideen, die ein Portfolio wunderbar diversifizieren.

Wissenschaftler sieht Schwächen der Taxonomie: „Pommes sind das neue Salat“

Prof. Dr. Andreas Hoepner lehrt in Irland und ist Mitglied der „EU Technical Expert Group on Sustainable Finance“, also jenes Gremiums, dass die EU-Kommission unter anderem bei der Aufstellung der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und vor allem der dazugehörigen Technischen Durchführungsbestimmungen berät. Nicht zuletzt während des Deutschen Stiftungstages in Leipzig legte er dar, dass die beschlossenen Regelungen Schwächen aufweisen. Er zeigt sich mit den Entscheidungen zur nachhaltigen Klassifizierung von Atomkraft und fossilen Brennstoffen wie Erdgas nicht einverstanden (Siehe dazu auch hier).

„Taxonomy nowadays defining french fries as salad” formuliert er es überspitzt. Mehr noch als das Atom-Ärgernis setzt er sich aber dafür ein, die Taxonomie richtig zu lesen und zu verstehen. Denn wie die drei Buchstaben ESG bereits verraten: Es existieren drei Themenstränge, und soziales Verhalten oder gute Unternehmensführung haben zwar auch mit Nachhaltigkeit – aber eben nicht ausschließlich – zu tun.

Guter ESG-Score bedeutet nicht automatisch hoher Nachhaltigkeitslevel

Der Tweet von Tesla-CEO Elon Musk ist mittlerweile legendär. Auf seiner  Lieblingsplattform Twitter mokierte sich der Tesla-Chef über die gute Nachhaltigkeitsbewertung für den Ölriesen ExxonMobil: „Exxon ist rated top ten in world for ESG by S&P 500, while Tesla didn´t make the list“. Das, so Hoepner, liegt unter anderem an der Systematik der Segmentbewertungen. Wenn also ein Ratingunternehmen die Befunde bei Environment zu Social und Governance gleichgewichtet, können Unternehmen mit entsprechenden sozialen und Merkmalen guter Unternehmensführung relativ hoch bewertet werden. Starke CO2- Emissionen, schädlicher Wasserverbrauch oder geringe Recyclingquoten werden auf diesem Weg durch eine hohe Frauenquote im Management, geringen gender-pay-gap, eine diverse Belegschaft, gute Zusammenarbeit mit dem lokalen Umfeld, hohe ILO-Standards, geringe Unfallquoten etc. kompensiert oder überkompensiert.

Blick in die jeweilige Balance-Card unbedingt notwendig

Der Blick in die jeweilige Aufstellung der Einzelergebnisse ist also unumgänglich, um die jeweiligen Stärken und Schwächen des Zielfonds oder -unternehmens bewerten zu können. Das eröffnet dann sogar Möglichkeiten für den Fall, dass eine entsprechend ausgerichtete Stiftung zum Beispiel in ausgewiesene soziale Kompetenz eines Unternehmens oder Fonds investieren möchte. Allerdings warnt Hoepner ganz grundsätzlich vor Scores, wie sie heutzutage noch häufig üblich seien: Ein Unternehmen stellt die Daten zur Verfügung, aus denen ein Dienstleister die Bewertung ableitet. Das sei, nun ja, nicht besonders zielführend.

Walking the Walk statt Talking the Walk

ESG-Bewertungen der genannten Art bieten nach Ansicht Hoepners nur geringen Mehrwert gegenüber Fonds, die vorvertraglich gar keine Angaben über Umweltziele kommunizieren. Das sei nicht wirklich das, was die EU in ihrer Rolle als Regelungs-Instanz anstrebe. Für den Wissenschaftler sind Lösungen, die weder klare Ziele formulieren, deren Erreichung dann auch nachprüfbar kommuniziert werden, daher nur „Talking the Walk“, also das Reden über das Zurücklegen des Wegs zur Erreichung der Klimaziele. Wichtig sei es aber, den Weg tatsächlich zu gehen. Für ihn als auch Alain Deckers (Head of Asset Management Unit, EU FISMA) muss es daher heißen: Walking the Walk (Siehe dazu auch hier).  „Echtes Impact Investing findet vielmehr dort statt, wo mit additivem Kapital sowie einem konkret festgelegten transformativen Ziel eine Investition in ökologischer und/oder sozialer Hinsicht realisiert wird“ verdeutlicht Barbara Wokurka, Head of Impact Investing bei FINVIA.

Impact-Strategie als Dachfonds-Konzept

Bei dem sich derzeit in der Investitionsphase befindlichen FINVIA Impact Selection handelt es sich um ein Dachfonds-Konzept des in Frankfurt beheimateten Family Offices mit dem Ziel, vier bis sechs Impact-Fonds verschiedener Strategien, gemanagt von erfahrenen Anbietern, zu mischen. Diese Art von Strategie verzichtet in den ersten Jahren auf Ausschüttungen – die sich dann etwa ab etwa dem 4. Jahr mit der Harvest-Periode stetig steigern. Insgesamt wird eine zweistellige Rendite p.a. über die gesamte Laufzeit von 12 Jahren (plus gegebenenfalls Verlängerungsoption) angestrebt.

Kampf gegen Klimawandel als Investitionsschwerpunkt

Der Fonds wird insbesondere die Segmente Umwelt/Klima sowie Soziales adressieren. Die Bekämpfung des Klimawandels nimmt dabei die zentrale Rolle ein. Das ist einerseits inhaltlich begründet, denn der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen muss für jeden Impact-Investor hohe Wichtigkeit besitzen. Das Vorgehen folgt aber auch insofern der praktischen Umsetzbarkeit, als nach FINVIA-Einschätzung derzeit etwa 90% der PE/VC-Impactfonds sich eben dieser Herausforderung annehmen. Somit ergeben sich in diesem Sektor die meisten Investmentangebote mit der Chance, die besten Ideen herauszufiltern. FINVIA wird ausführlich und regelmäßig über den Impact berichten – denn es wird ausschließlich in Fonds mit qualitativ hochstehender Berichterstattung investiert.

#fondsfibel Analyse-Tipp:
Die beiden hier besprochen Impact Investing-Fonds werden in der Kategorie DIE NEUEN auf unserer Fondsanlageplattform für Stiftungen eingehend analysiert.

Anthos Fund & Asset Management Impact: Nachhaltig mit Multi-Asset-Ansatz

Der Anthos Fund & Asset Management (Anthos)-Fonds (als SFDR Art. 9 klassifiziert) als zweites empfehlenswertes Angebot für Stiftungen verfolgt den Ansatz eines breit diversifizierten Multi-Asset-Fonds mit globaler Ausrichtung und proprietärem Impact-Setting. Bei Anthos handelt es sich um eine Anlagegesellschaft des Brenninkmeijer Familienunternehmens, das als Eigentümer der Marke C&A bekannt ist. 2022 erfolgte die Öffnung von Anthos für gleichgesinnte Investoren. Investitionen basieren auf den Werten der Menschenwürde, der Nachhaltigkeit und der guten Corporate Citizenship. Wichtig für Stiftungen: Das Familienunternehmen hat in Anthos „skin in the game“, also eigenes Kapital investiert. Dies gilt allgemein als Beleg für gleichlaufende Interessen. Der Fonds ist als „Evergreen“-Struktur aufgesetzt, hat also keine beschränkte Laufzeit und ist nach drei Jahren „Lock-up“ veräußerbar. Zusätzlich stellt Anthos seine wertebasierte Vermögensverwaltung einer Vielzahl von Family Offices, Stiftungen und glaubensbasierten Organisationen zur Verfügung.

Flexible Allokationsbandbreite

Das Management nutzt eine flexible Allokationsbandbreite, indem das Vermögen auf Private-Debt, Private-Equity, börsennotierte Aktien, reale Vermögenswerte, börsennotierte Anleihen und Cash aufgeteilt werden. Das Mindestinvest beträgt lediglich 1 Mio. EUR, angesichts dieser relativ tiefen Schwelle gibt es eine sehr geringe Kostenquote von 0,45%. Impact wird in dem Fonds groß geschrieben, aber Stiftungen müssen keine Bedenken hegen, dass das Management damit ökonomische Nachteile in Kauf nehmen würde. Impact bedroht nicht die Rendite – sondern er ist in dieser Strategie die Basis, um ökonomisch erfolgreich zu sein. Entsprechend wird die finanzielle Zielsetzung formuliert: Eurozone Core CPI Inflation plus 3%.

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Zusammengefasst

Ohne Zweifel befinden sich Stiftungen auf dem richtigen Weg, wenn sie ihre Vermögensanlage in einem ersten Schritt hin zu ESG-Ausrichtung mit Artikel 8-Fonds umsetzen. Eher früher als später dürfte sich aber die Frage stellen, ob der Primärmarkt nicht als attraktiver Einkommens- und Diversifizierungsquelle genutzt werden sollte, das Portfolio stetig weiterzuentwickeln.