Es fühlt sich an, als wenn wir schon seit Jahren über 2020 geredet haben, und die ersten Voraussagen darüber machen, was sich alles im neuen Jahrzehnt für das Fundraising in Stiftungen, Verbänden, NGOs und Vereinen ändert.
2020 wird es einige Trends geben, die unsere Arbeit in sozialen Organisationen erheblich beeinflussen wird. Ich glaube, dass Non-Profits und ihre Fundraiser strategischen Erfolg haben werden, wenn sie sich mit diesen zukunftsfähigen Trends beschäftigen. Auch wenn die Non-Profit-Welt konservativ und noch wenig beweglich ist, wird es massive Veränderungen geben, alleine schon durch die Digitalisierung.
Aber jetzt, ohne Umschweife erst einmal die Trends im Überblick.
- Die Digitalisierung wird das Wohnzimmer unserer Spender erreichen
- Große Erfolge, wenn Non-Profits New Work einführen
- Ein größeres Augenmerk auf Wirksamkeit und finanzielle Transparenz
- Das Konzept des integrierten Gebens und das Empowerment des Public Fundraising
- Effektiver Altruismus und nachhaltiger Impakt
1. Die Digitalisierung erreicht unsere Wohnzimmer
Manche Non-Profits und insbesondere Stiftungen denken immer noch nicht ausreichen über die Digitalisierung nach. Viele denken, es ist mit einem Facebook Account getan, mit einem Online-Tool auf der Webseite oder neuen Zahlungsmöglichkeiten. Weit gefehlt. Die großen Trends gehen hin zu Gamification, Voice-mail Fundraising (durch Alexa und Siri) sowie Data Driving Fundraising, Chatbots, Augmented Reality und Fundraising über What’sapp.
Sich rechtzeitig damit zu beschäftigen und die richtigen Berater damit einzubeziehen ist für die Zukunft ein Must-Have („Das muss ich haben.“) und nicht ein Nice-to-have („Das kann ich haben, das wäre nett.“). Für welche Bereiche wird die Digitalisierung noch helfen? Besonders für die Gewinnung neuer Donor Target Groups, Multi- und Crosschannel Marketing sowie für die neue purposeful communication mit den Spendern wird die Digitalisierung einen erheblichen Unterschied machen. Voraussetzung dabei ist natürlich das richtige Data-Management.
2. Gute Erfolge bei Non-Profits durch New Work
FundraiserInnen legen immer mehr Wert darauf zu arbeiten wo, wie und wann immer sie wollen. Der Erfolg und das Ziel ziehen mehr als die sture Anwesenheit im Büro und das Abarbeiten von Vorgaben des Managements. Auch in Deutschland beschäftigen sich immer mehr junge Menschen mit Quality Time, die auch beinhaltet, dass man nicht festen Arbeitszeiten unterworfen ist. Ein großer Trend werden die Forderungen der neuen Fundraiser sein. Gut ausgebildet und wissend, was sie können und dass der Markt leergefegt ist, werden sie die Stellenangebote gut analysieren und sich die Arbeitgeber aussuchen, die die besten Benefits (Zusatzleistungen) anbieten. Zeitarbeitsverträge auf 2 Jahre oder gar schlecht bezahlte Freelancer Verträge sind nicht attraktiv, ebenso wenig wie starre Hierarchien und vorsintflutliche Management-Methoden. New Work zieht auch bei den Non-Profit-Organisationen ein, agiles Arbeiten in kreativem Ambiente oder Arbeiten vom Home-Office ist hier Zugpferd für die jungen Fundraiser. Nicht starre Mitarbeitergespräche, sondern Unterstützung und Moderation der Führungsebene ist gefragt, wo immer sie gebraucht wird. Ein Fundraiser/in, der eine Organisation verlässt, kostet neben dem Verlust des Wissens und der Kontakte auch zig-Tausende Euro. Im Durchschnitt verlassen gute Fundraiser ihren Job ca. alle 2 Jahre, viele drehen dem Non-Profit Bereich und seinen starren Strukturen ganz den Rücken, viele fühlen sich nicht gewertschätzt, alleingelassen, nicht respektiert, von den Anforderungen überrannt. Besonders der kirchliche Bereich ist davon betroffen. Und schließlich locken die Gehälter in einer Zeit, die immer kostenintensiver wird, in der Wirtschaft mehr.
Es ist also angebracht, das Non-Profits einmal klar darüber nachdenken, was die oder der neue Fundraiser wirklich will und das auch berücksichtigen in ihren Arbeitsverträgen.
Und lebenslanges Lernen ist angesagt, nicht nur in Webinaren, sondern ganz gezielt für die Organisation in individuellen Seminaren, alle Bereiche einbeziehend und echten Mehrwert vermittelnd. Auch Coaching für die Fundraising-Führungskräfte ist eine Zusatzleistung, die bei FundraiserInnen gut ankommt.
3. Bessere finanzielle Transparenz und globale Wirksamkeit
Ein Teil des Erfolges im Fundraising hängt davon ab, wie flexibel soziale Organisation am Trend der Zeit liegen und es auch umsetzen. Ein großer Wunsch der Spender ist natürlich die finanzielle Transparenz und wird es auch bleiben. Soziale Organisationen haben aber auch die Aufgabe den Spendern glaubhaft zu vermitteln, dass sie, um wirksam zu können, administrative Kosten haben. Der Spruch „Ihre Spende geht direkt an die Bedürftigen“ ist ein Märchen und sollte so nicht mehr transportiert werden. Das ist auch nicht wirksam. Jeder halbwegs intelligente Mensch weiß, dass alles Geld kostet, auch der Spendenbrief, die Ansprache der Spender, Transport von Gütern für Bedürftige und das professionelle Management von Non-Profits.
Nehmen wir beispielsweise den letztgenannten Grund: Vielen Spendern/innen scheint es wichtig zu sein, dass das Budget einer Hilfsorganisation möglichst niedrige Administrationskosten beinhaltet. Doch der Anteil der Administrationskosten am Gesamtbudget korreliert nicht mit der positiven Wirkung einer Spende. Wichtig ist nicht nur, welcher Anteil einer Spende in ein Hilfsprogramm fließt, sondern vor allem, wie sinnvoll und wirksam das Hilfsprogramm an sich ist. Häufig ist es sinnvoll, eine Hilfsmaßnahme sorgfältig zu planen und zu evaluieren, auch wenn damit höhere Kosten verbunden sind. Wenn es im Wesentlichen darum geht, mit einer Spende möglichst viel Gutes zu bewirken, dann sollte die Kosteneffektivität einer Hilfsorganisation für Spendenentscheidungen ausschlaggebend sein. Ja, es gibt schwarze Schafe, die da übertreiben, aber in der Regel sind unsere mehr als 600.000 sozialen Organisationen und 23.000 Stiftungen gut gemanagt.
Globale Wirksamkeit
Wir alle bekommen mehr und mehr mit, wie unsere Welt zusammenhängt. Bricht irgendwo ein Krieg aus, versinkt ein Land im Wasser oder gibt es eine Dürrekatastrophe in Afrika, dann bekommen wir in Europa mehr Flüchtlinge. Und das ist in vielen Bereichen so. Wir müssen alle unsere sozialen Projekte auf den Prüfstand stellen. Ist es nur eine Aktivität, die meine unmittelbare Umgebung betrifft, ist es ein Projekt, wo ich mit anderen kooperieren kann, was unsere Wirksamkeit vergrößert oder ist es ein Bereich, wo ich global mit den richtigen Partnern etwas verändern kann. Als (Groß)spender interessiert mich persönlich nicht mehr, welche großen Kinderaugen mir in der Webseite entgegenblicken, sondern es interessiert mich, was wirklich bewegt wird. Welche gesellschaftlichen Veränderungen werden angestoßen?
Ein gutes Beispiel ist dafür der neu entstandene Effektive Altruismus. Wie können wir mit unseren begrenzten Mitteln globale Probleme bestmöglich lösen? Nicht nur lokal agieren, sondern auch global Gesellschaften zum Besseren verändern.
In den letzten Jahren hat sich die Idee des Effektiven Altruismus zu einer globalen Bewegung entwickelt. Auch in Deutschland, der Schweiz und Österreich engagieren sich bereits zahlreiche Leute.
Er ist eine Philosophie und soziale Bewegung, die es für ethisch zentral hält, anderen so gut wie möglich zu helfen. Dabei ist entscheidend, wissenschaftlich und rational vorzugehen, um die besten Strategien ausfindig zu machen und den größtmöglichen Impact zu erzielen. Andernfalls helfen wir weniger Individuen, als möglich gewesen wäre, denn unsere Ressourcen – Zeit und Geld – sind begrenzt.
4. Integriertes Spenden ermöglicht bessere Ergebnisse im Public Fundraising
Das Spendenvolumen stagniert – weltweit – und die Spender werden auch nicht signifikant mehr, obwohl mehr Menschen über gutes Geld verfügen und mehr Geld spenden könnten.
Es ist wichtiger denn je für Non-Profits Erstspender zu Dauerspendern zu machen. Und die ganze Familie mit einzubeziehen. Als ich einmal in der Universtiy of Oxford das Fundraising kennenlernen durfte, bestach mich die Simplicity, die Einfachheit des Fundraisings. Sie hatten nur ein richtig gutes Tool, sie hatten ein exzellentes Data-Management ihrer Spender und ein tolles Alumni-Fundraising, was ihnen regelmäßig große Geldsummen in Milliardenhöhe einbringt. Und natürlich das Erbschaftsmarketing – vom Craddle to Grave – von der Wiege bis zur Bahre, war hier das Motto. Den Spender das ganze Leben lang einzubeziehen, war hier oberstes Gebot. Und das müsste auch in Deutschland besser ausgearbeitet sein.
Die Technologie schreitet auch im Fundraising voran. Denken Sie bereits jetzt schon an die Zeit der „Alexa, bitte mache eine Spende von 250 € an Organisation xy…“ (vor einem jahr haben mich meine Kollegen noch ausgelacht, als ich ihnen das erzählte) oder an die fahrerlosen Autos mit multichannel Marketing Strategien. Interaktionen mit Spendern bei Amazon und Uber und anderen Plattformen, wo sich Konsumenten tummeln, gleich mit Matching Funds von Unternehmen. Dem Spender die Gelegenheit geben mit Non-Profits in Interaktion zu treten muss so natürlich sein, wie das Shoppen und muss zu einer Gewohnheit und einem einfachen Erlebnis werden. So fragte mich am Neujahrsmorgen eine Stiftung nach Geld für ihr neuestes Projekt. Ich fand es gut, war relaxed und sie bekamen sofort meine Spende, natürlich online.
5. Der Aufstieg des persönlichen Erlebnisses der Spender und nachhaltigem Impakt
Viele Organisationen versuchen das Spenden mehr zu einem persönlichen Erlebnis zu machen und weniger zu einer reinen Geld-Transaktion. Aber das ist gar nicht so einfach. Wir glauben jedoch, dass Spender, besonders aber Großspender in Zukunft besonders darauf achten werden, wie authentisch das Fundraising-Vorgehen der Organisationen ist und welche Wirksamkeit damit erzielt wird. Ein wichtiger Punkt! Ich möchte als Spender wissen, wo mein Geld hingeht und vor allem, was es bewirkt. Wenn UNICEF Geld einfragt, um hungernde Kinder im Jemen in einer Kriegssituation zu ernähren ist das eine (gute) Sache. Wenn sich aber Organisationen jahrelang um Bedürftige kümmern, wie z.B. die Obdachlosen einer Stadt und damit aber keinerlei Veränderungen der Situation hervorrufen, ist das eine ganz andere Sache.
Weniger Symptombekämpfung und mehr Lösung von sozialen Problemen (Impact) ist hier die zukünftige Devise. Ob nur in Deutschland, in Europa oder in der Welt, die sozialen Herausforderungen werden nicht weniger. Wir müssen auch von den Non-Profits verlangen, dass sie sich ihren Impact genau ansehen und wenn möglich, messen. Unternehmen müssen mehr involviert werden, sich an der Lösung sozialer Probleme zu beteiligen. Gute Aktionen dazu sind Corporate Volunteering Aktionen, kombiniert mit einer guten Spende, die die MitarbeiterInnen von Unternehmen sensibilisiert für die Welt der Bedürftigen, die alles Knowhow eines Unternehmens mobilisiert, um wirkliche soziale Veränderungen hervorzurufen. Dabei können augmented reality und virtual reality helfen, neue globale Ansätze gemeinsam anzudenken. Und jeder Volunteer ist auch ein möglicher Spender, der in einer spannenden Aktion bereits ein persönliches Erlebnis mit der Organisation gehabt hat. Das erfordert aber Organisationsgeschick, Kooperationen die passgenau zur Organisation sind, Freude am kontinuierlichen Dialog mit den Spendern und am Social Impact.
ZUSAMMENGEFASST
Meine große Hoffnung für 2020 ist, dass diese Trends vielen Organisationen und ihren FundraiserInnen weiterhelfen. Das gesamte Team von Fundraising&More und das Team der Munich Fundraising School wünscht Ihnen ein erfolgreiches und gesundes 2020, viel Spaß bei der Arbeit und großen Impact in der Welt.