20 Jahre Bürgerstiftung Braunschweig. Susanne Hauswaldt, geschäftsführende Vorständin der Bürgerstiftung Braunschweig, weiß was es heißt, eine Bürgerstiftung zu führen, durch Unwägbarkeiten hindurch und in eine neue Zeit hinein. Hier spricht sie über die DNA der Kapitalanlage der Bürgerstiftung Braunschweig und warum es essentiell ist, dass Stiftungen ihr Vermögen nachhaltig anlegen.
FondsFibel: Bürgerstiftung Braunschweig, wie ist das so als eine der größten Bürgerstiftungen Deutschlands? Man schaut auf Ihre Stiftung…
Susanne Hauswaldt: Jede Bürgerstiftung für sich ist einzigartig und macht in ihrer Stadt und Region eine wichtige und großartige Arbeit. Das wir als Bürgerstiftung Braunschweig zu den größten Bürgerstiftungen Deutschlands gehören, macht uns stolz und ist ein toller Lohn für unsere gemeinschaftlich geleistete Arbeit. Im Alltag nutzen wir diesen Aspekt für unsere Öffentlichkeitsarbeit und das Fundraising bspw. in unserem Braunschweig imPuls Report oder bei unserem Braunschweiger Giving Circle. Ein solches Ranking spornt aber auch für die Zukunft an, zeigt, wer unsere Vorbilder sein könnten und hilft beim Austausch zwischen ähnlich arbeitenden Bürgerstiftungen.
FondsFibel: Im Stiftungsvermögen haben Sie sehr früh die Weichen auf Professionalität gestellt. Wir nennen das vorbildlich. Was sind für Sie die Eckpfeiler?
Susanne Hauswaldt: Vermögensaufbau ist für Bürgerstiftungen essenziell, da der Start einer Bürgerstiftung begleitet ist von einem, für Stiftungen, kleinen Vermögen. Daraus resultieren im Kontext mit dem Stiftungsvermögen zwei Hauptaufgaben: der Vermögenserhalt und auch das Vermehren des Vermögens. Die Bürgerstiftung Braunschweig, gegründet 2003, hat sich bereits in den Anfangsjahren eine Strategie zur Kapitalanlage gegeben. Diese wird seitdem regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und ist fester Bestandteil der Geschäftsordnung für den Vorstand. Diese Richtlinie setzte für den Erhalt des Vermögens von Beginn an auf Diversifizierung in der Anlage. Neben Aktien und Fonds gibt es seit 2009 Immobilien im Kapital und später wurde auch in Unternehmensbeteiligungen angelegt. Um ein Wachstum des Vermögens der Bürgerstiftung zu erreichen, begannen wir dazu bereits 2004 (ein Jahr nach Gründung der Bürgerstiftung) mit der Gründung und Verwaltung von Treuhandstiftungen und Stifterfonds unter unserem Dach. Die Richtline zur Kapitalanlage umfasst auch die Vermögensanlage für die Treuhandstiftungen und gibt dem jeweils amtierenden Vorstand Rahmen und Hilfestellung bei der Anlageentscheidung. Kurz gesagt, meine Eckpfeiler sind ganz klar eine regelmäßig überprüfte und verbindliche Anlagerichtlinie und eine darin vorgegebene Diversifizierung der Anlage.
FondsFibel: Wie wichtig ist es für Sie, das Stiftungsvermögen in professionellen Händen zu wissen?
Susanne Hauswaldt: Eine professionelle Vermögensverwaltung halte ich für sehr wichtig. Uns als Vorstand der Stiftung sind Mittel anvertraut, die wir so verwalten müssen, dass sie auch für zukünftige Generationen zur Verfügung stehen. Unser Vorstand besteht fast ausschließlich aus ehrenamtlichen Mitgliedern, die bereit sind, in die operative Arbeit der Stiftung viel Zeit zu investieren. Nicht alle Mitglieder zeichnen sich durch eine hohe Expertise im Kontext zum Kapitalmarkt aus, weil wir auch viele andere Kompetenzen in unserer Vorstandsarbeit benötigen. Diese Situation birgt ein hohes Risiko. Umso wichtiger ist es, dass gerade im Bereich der Vermögensverwaltung professionelle Unterstützung und Beratung dem Vorstand zur Seite steht. Wir arbeiten aktuell mit zwei lokalen professionellen Vermögensverwaltungen zusammen.
FondsFibel: Gibt es denn aktuelle Weichenstellungen, vielleicht im Kontext der letzten 3 Kapitalmarkt-Jahre, die Sie für besonders wichtig halten?
Susanne Hauswaldt: In den letzten 3 bis 5 Jahren haben wir unsere Anlagerichtlinie überarbeitet und die Obergrenze für den Aktienanteil auf 50% hochgesetzt. Wir haben außerdem das Stiftungsvermögen dahingehend konsolidiert, dass wir noch bestehende Einzeldepots und Einzelaktien verkauft und in Fonds mit unterschiedlichen Aktienanteilen angelegt haben. Wir haben uns intensiv mit der Bildung von positiven Umschichtungsrücklagen beschäftigt und diese Option auch für einzelne Treuhandstiftungsvermögen realisiert. Wir standen über den gesamten Zeitraum hinweg im engen Austausch mit unseren Vermögensverwaltern. Das Jahr 2022 war auch für uns ein schwieriges Jahr, dennoch kann ich rückblickend sagen, dass die getroffenen Entscheidungen uns gut durch die Zeit gebracht haben.
FondsFibel: Aber Sie sind früh auch einen ganz eigenen Weg gegangen, denn Bürgerstiftung Braunschweig, das ist auch Bürgerstiftungsfonds. Was müssen wir zu diesem wissen?
Susanne Hauswaldt: Vier Aspekte möchte ich hier nennen. Einmal war es die Bündelung des Vermögens. Denn jede neu hinzugewonnene verwaltete Stiftung brachte ihr eigenes Vermögensportfolio mit. Überwachung und Erhalt sowie Verkaufs- und Kaufentscheidungen waren für den ehrenamtlichen Vorstand nicht mehr zu leisten und das Risiko konnte nicht mehr verantwortungsvoll abgeschätzt werden. Ein Problem, was neben der Bürgerstiftung Braunschweig auch andere Bürgerstiftungen hatten. So bot sich ein Pooling der Mittel an. Zentrale Maßgabe bei der Ausgestaltung des Bürgerstiftungsfonds war dabei die verlässliche Ausschüttung. Für den Stiftungsalltag ist eine planbare Ausschüttung von unschätzbarem Wert. Aktuell schüttet der Bürgerstiftungsfonds zwei Mal im Jahr aus. Für 2023 ist eine Ausschüttung von insgesamt 3 Euro pro Anteil vorgesehen. Außerdem war uns die Gestaltung der Informationen zur Anlage sehr wichtig. Eine Besonderheit des Bürgerstiftungsfonds ist der Anlageausschuss. Dieser besteht aus Vertreter:innen von Stiftungen, Anlegern und Mitarbeitenden der Braunschweigischen Landessparkasse. Der Ausschuss trifft sich drei- bis viermal im Jahr und hat beratenden Charakter. In den Sitzungen erhält man einen Blick in den ‚Maschinenraum‘ des Fonds. Anlagesituationen werden erklärt, hinterfragt und diskutiert. Das Fondsmanagement erfährt im Gegenzug relevante und aktuelle Stiftungsthemen und gemeinschaftlich wird die jährliche Ausschüttung festgelegt.
FondsFibel: Nicht zuletzt spielte Nachhaltigkeit bei diesem Fonds von Beginn an eine große Rolle. Ist Nachhaltigkeit für Sie eine rote Linie, die Stiftungsvermögen kennen und können muss im heutigen Umfeld?
Susanne Hauswaldt: Das stimmt, von Beginn an war uns die Anlage in nachhaltige Unternehmen wichtig. Gemeinsam wurde das Thema im Anlageausschuss diskutiert und eine Richtlinie festgelegt. Der Fonds war ein Vorreiter im Kontext der nachhaltigen Anlage. Für mich ist die nachhaltige Anlage von Stiftungsvermögen ein absolutes Muss. Denn wir als Stiftung machen uns unglaubwürdig, wenn wir unsere Fördermittel durch die Investition in Unternehmen zur Herstellung von Tabak, Alkohol oder aus der Rendite von Mineralölkonzernen generieren, um diese Mittel dann zur Prävention und für Umweltschutz zu verwenden. Darüber hinaus soll unsere Stiftung noch für nachfolgende Generationen wirken können. Das setzt aber auch voraus, dass es diese noch geben kann. Daraus allein resultiert der Auftrag, verantwortlich zu entscheiden, worin investiert wird.
FondsFibel: Das ist eine klare Haltung. Was bedeutet im täglichen Doing für den Fonds?
Susanne Hauswaldt: Das bedeutet für mich eine intensive Beschäftigung mit Themen wie ESG-Kriterien, SDGs und nicht zuletzt den ständigen Diskurs, wie das große Wort Nachhaltigkeit in diesem Kontext im Einzelnen zu verstehen und zu bewerten ist. Wir planen daher im Anlageausschuss in diesem Jahr wieder einen Workshop zu diesem Thema und lassen uns, unabhängig davon, jährlich von unseren Vermögensberatern deren jeweilige ESG-Strategie und die daraus resultierenden Entscheidungen erläutern.
FondsFibel: Wie wir eingangs schon sagten, vorbildlich. Wir danken Ihnen für diese aufschlussreichen Einblicke und gratulieren Ihnen zu diesem Weitblick in der Kapitalanlage für Ihre Stiftung.