Für Krisen in Stiftungen gibt es Lösungen

Unsere drei Lehren vom 17. Stiftungsrechtstag in Bochum

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3 Lehren Stiftungsrechtstag Bochum 2023
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Schlittert eine Stiftung in eine Krise, kann das mannigfaltige Ursachen haben. Vor allem braucht es dann im Falle einer Krise aus Stiftungssicht rasch Lösungen. Genau dieses Spannungsfeld diskutierte der diesjährige Stiftungsrechtstag in Bochum in seiner bereits 17ten Ausgabe. Dies war Anlass für uns, uns auf den Weg nach Bochum an die dortige Ruhr Universität zu machen und uns einzulassen auf sehr fachliche wie auch inspirierende Referate. Wir nehmen es vorweg: Unsere drei Lehren vom 17. Stiftungsrechtstag in Bochum sind nichts für Stiftungsromantiker.

Immer im Februar, meist bei Nieselwetter und Temperaturen knapp über null Grad, steht eine Reise nach Bochum an. An die dortige Ruhr Universität. Mit dem ICE am Hauptbahnhof angekommen sind es mit der U35 gute 10 Minuten Fahrzeit. Von der Haltestelle geht es einmal quer über den Campus einer der größten Universitäten Deutschlands, die trotzdem die Lehre betreffend auf der Höhe der Zeit ist. Oder wussten, dass in Bochum die meisten Studentinnen und Studenten in Deutschland im Fach Cyber-Sicherheit ausgebildet werden? Den Fußweg mit Rollkoffer beschreitend fällt schon auf, aber zum Veranstaltungszentrum findet eben nur, wer einmal mitten durch gelaufen ist. Ausgeschildert ist der Stiftungsrechtstag mit kleinen blauen Pfeilen, die an den Geländern montiert sind. Die Mitarbeiterinnen vom Veranstalter fundare e.V. empfingen die Gäste, so auch uns. Trotzdem es regnete mussten wir kurz die angrenzende Terrasse in Augenschein nehmen. Denn vom Ruhrpott war hier nix zu sehen, eher vom Ruhrgrün.

#FreitagsPodcast-Tipp:
Mit Oliver Basu Mallick, dem Geschäftsführer der RUB-Stiftung, sprachen wir über die Strategie der Stiftung im Erbschaftsfundraising und auch dazu, welch Besonderheiten die Ruhr Universität Bochum für Studierende bereithält.

Stiftung und Krise als Motto auf der Höhe der Zeit

Die Ruhr Universität schafft den Wandel hin zur Neuzeit, von daher gefällt uns dieser Rahmen für einen Stiftungsrechtstag sehr gut. Denn in diesem Jahr, genauer am 1.7.2023, tritt ja die Stiftungsrechtsreform in Kraft, bzw. hier die Vereinheitlichung des deutschen Stiftungsrechts. Nun gut, wo wir hier stehen, werden wir am 1.7. bzw. den Monaten danach sehen, dass es diesen Bedarf gab, war auch aus den Gesprächen am Rande des 17ten Stiftungsrechtstag in Bochum deutlich herauszuhören. Dieser stand in diesem Jahr auch unter dem Motto „Stiftung und Krise“. Stiftungsjuristisch lässt sich die Stiftungsrechtsreform auch noch trefflich diskutieren, stiftungspraktisch tritt sie in Kraft und muss nun mit Inhalt gefüllt werden. Hierzu lieferte der Stiftungsrechtstag in unseren Augen interessante Anregungen und Maßgaben. Unsere drei Lehren fallen entsprechend aus.

Lehre Nummer 1: Eine Stiftungskrise ist eine Chance

Ein Vortrag widmete sich beispielsweise dem Thema Krise in der Stiftung. Diese kann verschiedene Gründe haben, die sich nicht alle vorweg absehen lassen, die aber im Falle einer Krise eine Reflektion in der Stiftung notwendig machen. Dr. Tobias Hueck von der Noerr Partnergesellschaft nannte sein Referat „(Unternehmens-)Stiftungen krisensicher gestalten“, er beschrieb zunächst die verschiedenen Ansatzpunkte, an denen sich in einer Stiftung eine Krise erwachsen kann. Er nannte die Entstehungskrise, also eine, die entsteht im Stadium der Stiftungsgründung bzw. wenn bei der Gründung bestimmte Aspekte nicht sauber sortiert wurden. Eine Unternehmenskrise kann die Existenz der Stiftung tangieren, eine Krise in der Stiftung skizzierte er als drittes Krisenszenario – und hier die Rolle der Stiftungsgremien.

Bahnhof Bochum
Stiftungsrechtstag in Bochum – wir waren dabei.
Quelle: stiftungsmarktplatz.eu

Viele Krise entstünden durch Spannungen innerhalb der Gremien, durch mangelnde Abstimmung der Gremienmitglieder oder auch insgesamt zu schwach besetzter Gremien. In diesem Zusammenhang hob Dr. Tobias Hueck einen jüngsten Beschluss des Gesetzgebers hervor, nach dem virtuelle Versammlungen per se ohne Satzungsregelungen hybrid möglich sind. Das schaffe Flexibilität, wobei die Frage der Umlaufbeschlüsse wiederum aktuell noch unzureichend geregelt seien, wie Hueck ausführte. Was uns gefiel: Dass die Gremiengüte in Relation zur Resilienz der Stiftung gesetzt wurde, und wir übersetzen es mit unseren Worten. Eine Stiftung ist umso resilienter, je handlungsfähiger ihre Gremien sind.

Lehre Nummer 2: Mit den Stiftungsaufsichten zu sprechen, ist ein MUST

Einen tollen Einblick in ihre tägliche Praxis lieferte Alexa Große-Heidermann von der Stiftungsbehörde in Münster. Sie sensibilisierte für die Grundsätze des Handelns der Stiftungsaufsicht. Diese seien beratend tätig, hätten als Handlungsoptionen präventive als auch repressive Maßnahmen im Werkzeugkasten. Dabei gelten die Parameter Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit als gesetzt. Die Frage, wann eine Stiftungsbehörde einschreitet, und wenn ja, wie sie dann einschreitet, konnte Alexa Große-Heidermann sehr schön beantworten. Wir lernen, dass es sich immer lohnt, mit der Stiftungsaufsicht zu sprechen, denn für diese steht der Bestand der Stiftung ganz oben auf der Agenda, und hierbei ist der Stifterwille das oberste Gesetz.

Ihr Vortrag mit einem Beispiel aus ihrer täglichen Praxis enthielt dazu gute Verständnishilfen, wie eine Stiftungsaufsicht „tickt“. Wenn also der Stifterwille das oberste Gesetz einer Stiftung ist, dieser Ausdruck findet in Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation, dann erklärt dies sehr schön, wo die Stiftungsaufsicht ansetzen kann – und wird. Dass Vermögen und Organisation zudem dienende Funktionen haben, diese Funktion aber eben aufrechterhalten werden muss, das was so ein weiterer Hinweis, der erklärt, warum das Stiftungsvermögen als Beispiel eben doch eine Disziplin ist, die eben nicht mal nur so mitgemacht werden soll. Es ist Kernbestandteil des Ausdrucks des Stifterwillens, und dann gehören die hiermit verbundenen Aufgaben in den Stiftungsgremien mit der entsprechenden Priorisierung angegangen. Wir lernen: Mit der Stiftungsaufsicht zu sprechen, kann erhellend sein. Solch ein Gespräch bringt schnell Licht ins Dunkel.

Lehre Nummer 3: Arbeiten Sie an der Anpassungsfähigkeit Ihrer Stiftung

Natürlich hat eine Krise in einer Stiftung auch etwas damit zu tun, ob ein Orkan auf eine starre Struktur trifft, oder ob ein Orkan auf ein Gebilde trifft, das sich Stürmen anpassen kann. Vielen Stiftungen ist gemein, dass sowohl Satzung als auch Anlagerichtlinie seit Ewigkeiten nicht angefasst wurden, die Welt drumherum sich aber grundlegend gewandelt hat. Am Punkt der Anpassungsfähigkeit anzusetzen, scheint also bei etlichen Stiftungen durchaus geboten. Die Frage, die auf dem Stiftungsrechtstag in Bochum gestellt wurde, was die folgende: Wie viele Stiftungssatzung werden aktuell angepasst? Wie viele Stiftungsatzungen wurden jüngst angepasst? Können Stiftungssatzungen überhaupt angepasst werden? Auch hier hat die Stiftungsrechtsreform Möglichkeiten geschaffen, aber diese Änderungen darf auch nicht ins Blaue hinein erfolgen.

Die Anpassungsfähigkeit einer Stiftung zu verbessern, hat auch viel mit der Fähigkeit, Beschlüsse fassen zu können, zu tun (siehe Hinweis oben zu den Virtuellen Versammlungsmöglichkeiten). Ist diese nicht gegeben, kann es sein, dass in kritischen Zeiten ein Entscheidungsvakuum entsteht. In der Folge ruft das womöglich die Stiftungsaufsichten auf den Plan. Auch diese werden künftig, so interpretieren wir das Gehörte und Gesagte, mehr in Richtung der Anpassungsfähigkeit einer Stiftung prüfen – oder zumindest ein größeres Augenmerk auf diesen Aspekt legen. Denn dort wo die Anpassungsfähigkeit hoch ist, dort ist auch die Chance groß, eine Krise als Chance interpretieren zu können. Kann sich eine Stiftung anpassen, hat sie alle Möglichkeiten, gestärkt aus einer Krise herauszukommen.

vtfds2023 Save the Date

Zusammengefasst

Die Stiftungslandschaft sollte auch das Wort Krise kennen. Ja, der Stiftungssektor ist eine Erfolgsgeschichte, aber damit das so bleibt, muss er anpassungsfähig bleiben. Dazu ist der Austausch mit den Stiftungsaufsichtsbehörden notwendig, genauso wie der Austausch nach innen, Gremien-intern. Passiert genau das nicht, kann die Anpassungsfähigkeit einer Stiftung leiden, was die Verwirklichung des Stifterwillens maßgeblich tangieren kann. Hier stehen dann Fragen an, die schnell auch zur Existenzfrage für eine Stiftung werden können. Damit es nicht dazu kommt und was es dazu braucht, dazu lieferte der Stiftungsrechtstag in Bochum am 24.2.2023 ausreichend Inspiration und Raum zum Austausch. Wir waren gerne vor Ort, weil wir wieder Einiges dazu gelernt haben. Über Stiftungskrisen, vor allem aber über deren Lösung, die gerne bei der Anpassung der Stiftungsatzung ansetzen kann. Wir haben Grönemeyer’s Bochum aus dem Jahr 1984 im Ohr: Du bist keine Schönheit, von Arbeit ganz grau…