Frag mich nicht nach Geld!

Warum Stiftungen um die persönliche Ansprache nicht drumrum kommen

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Spender
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Ein Fundraiser bettelt nicht. Das ist eine Binsenweisheit, zumindest unter uns Fundraisern. Fundraising ist nicht betteln um Geld. Das wissen wir alle – oder nicht? Erst neulich hörte ich in einem Gespräch, dass man die Mitteleinwerbung immer noch als Betteln um Geld bezeichnet. Das ist absolut falsch und überholt.

In einer Zeit, in der der Staat immer mehr soziale Aufgaben outsourced, in der die Bedürftigkeit weltweit groß ist, ist es wichtig, dass es Stiftungen, soziale kirchliche Einrichtungen und NGOs gibt. Und die finanzieren einen Großteil ihrer Projekte durch Spenden. Schließlich sammeln diese Organisationen Spenden für andere, für das gesellschaftliche Wohl.

Ein Spender will inspiriert werden

Doch als Spender will ich nicht einfach nur nach Geld gefragt werden, ich will inspiriert und motiviert werden. Ich möchte, dass ich mit meinem Geld, meiner Spende etwas bewirke, die Welt für einige Menschen oder nur für einen verbessere und das auch mitbekomme. Ich möchte mich nicht schlecht fühlen, bloß weil ich auch mal wenig gebe oder nichts ändern kann.

Als Fundraising-Beraterin fallen mir immer wieder auf, dass in Fundraising-Abteilungen Spender nicht richtig erkannt werden, so offensichtliche Fehler im Umgang mit Ihnen gemacht werden. Der Spender ist kein seelenloses Wesen. Er will, dass seine Spende für ihn eine gute Erfahrung ist, besonders, wenn es sich um eine große Spende handelt. Denn, wenn es ihn nicht zufrieden stellt, wenn er nicht wertgeschätzt wird, wenn ihm nicht gedankt wird, wenn er nicht glücklich damit ist, dann gibt er nicht mehr. So einfach ist das. Und das erfahren immer mehr Organisationen, denen die Spender wegbrechen.

Organisationen, die einfach lieblose Spenderbriefe verschicken, die keinen emotionalen Wert haben, sprechen die Spender nicht mehr an. Vor einigen Monaten bekam ich einen solchen von einer mittelgroßen Stiftung. Ich hatte die Stiftung schon lange unterstützt und ich wurde ärgerlich. Nicht, dass sie mich fragten erneut zu spenden, aber wie sie es taten.

Wie wäre es mit Danke sagen?

Wie so oft wurde nur das neue Projekt angesprochen, aber nicht ich als Spender, sondern nur als Geldgeber, als Mittel zum Zweck. Als Fundraiser verstehe ich, dass man regelmäßig Spender anspricht, denn nur so ist Planbarkeit möglich. Und wenn ich als Fundraiser meinen Zielen hinterherhinke, dann muss man auch mal drastisch werden. Und ausgehen tun Projekte nicht, bei der miserablen Lage, in der sich viele Menschen, vor allem Kinder weltweit befinden. Aber, ich hätte mir gewünscht, dass sie mir zunächst für meine regelmäßigen Spenden gedankt hätten, dass sie mich wahrnehmen als Spender und dass sie mir erklärten, warum ausgerechnet meine Spende einen Unterschied machen würde. Und bei Spenden zählt nur MEINE Erfahrung, MEINE Motivation, MEINE Zufriedenheit.

Doch der Brief vermittelte mir die klare Botschaft: Wir haben ein Problem, schick Geld. Jetzt!

Sie gaben mir die Wahl zwischen 50, 100 und 200 EUR. Es war wie ein Vertrag mit einem Telekommunikationsunternehmen. Wenn Du uns soundso viel gibst, dann bekommst Du Paket A, B oder C. Du kannst 2 Kinder retten, 4 oder 8. Vielleicht ist es nur mein Eindruck, aber in Gesprächen mit Spendern höre ich immer wieder, dass Menschen diese dauernden Fragen nach immer höheren Spenden nicht mehr wollen. Um diese Spender dennoch zu überzeugen, braucht man mehr als immer nach mehr zu fragen. Kommunizieren Sie mit Ihren Spendern. Teilen Sie Ihren Spendern mit, was ihre Spende bewirkt, was die mittel- bis langfristigen Ziele (des Projektes, der Organisation) sind und welche Freude es Ihnen bereitet, einen so wertvollen Spender zu haben. Das ist doch besser, als nur nach Geld zu fragen?

Individualität is king

Es gibt viele Gründe warum Spender Organisationen verlassen: viele können sich die Spende nicht mehr erlauben, einige sterben, andere finden neue interessantere Organsationen, ein großer Teil ist mir der Kommunikation nicht mehr zufrieden, einige, weil ihnen für ihre Spende nicht gedankt wird, wieder andere, weil sie nicht wissen, was die Spende bewirkt und dann ist da noch die Gruppe der Spender, die denken, dass die Organisation genug Geld hat.

Als ich vor einigen Jahren an der University of Oxford die Spenderansprache erleben durfte, wurde mir die Wichtigkeit der persönlichen Ansprache so richtig deutlich. Denn der große Erfolg der Universität beruht auf der sehr persönlichen und individuellen Ansprache ihrer Spender.

Spenderbriefe adressieren das Herz, nicht den Kopf!

Worte haben eine große Bedeutung, gerade in Spenderbriefen. Es gibt einen Orden, der verschickt immer sehr rationale Spenderbriefe, kaum Emotionen, aber viel Vermittlung von Fakten. Und ich denke mir so oft, wen spricht das an? Gut getextete Spenderbriefe sprechen das Herz der Spender an, nicht den Kopf! Wird das nicht beachtet, verliert die Aufforderung ihre Wirkung.

Ja, ich kenne Fundraiser, sie haben in der Regel ein großes und gutes Herz und wollen ihre Spender nicht brüskieren. In unseren Beratungen reden wir deshalb immer mit den Fundraisern UND den Mitarbeitern aus der Öffentlichkeitsarbeit sowie mit professionellen Textern, wenn es um die Neu-Formulierung der Spenderbriefe geht – vor Weihnachten eine durchaus sinnvolle Aktion. Und mit dem entsprechenden Erfolg.

Zusammengefasst

Frag Deine Spender nicht nur nach mehr. Gib ihnen kein schlechtes Gewissen dafür, was sie nicht tun können. Stattdessen, appelliere an ihre Emotionen und ihre Inspiration. Engagiere sie mit Euren emotionalen Geschichten. Wertschätze sie und erkenne ihre Leistung an. Und zeig ihnen, welchen Unterschied sie mit ihrer Spende machen. Geld ist genug da, Menschen geben gerne, wollen helfen. Altruistisches Handeln ist dem Menschen angeboren, das haben wissenschaftliche Studien ergeben. Es löst in uns positive Gefühle aus. Helfen tut im wahrsten Sinne des Wortes gut und macht glücklich. Aber Spender wollen richtig angesprochen werden. Dann geben sie auch gerne mehr.