Wenn ich wissen will, was Stiftungen in der täglichen Stiftungspraxis so alles umtreibt, dann versuche das auf dem kürzesten Weg herauszufinden: im Gespräch. Das ist immer noch das einfachste, und plötzlich zeigt sich, wo Probleme da sind und wo Probleme gelöst wurden. So kam es, dass wir jüngst nach Hamburg fuhren, um uns mit Dr. Klaus Schuback von der Athenstaedt-Stiftung zu treffen und mit ihm über das zu sprechen, was ihn derzeit vor allem befasst. Wir sprachen über Stiftungsfonds, über Anlagerichtlinien, vor allem aber über das Projekt der Stiftung, eine Schule im indischen Hochland. Ein Gespräch, das in drei Lehren mündete.
Was die Athenstaedt Stiftung macht, ist durchaus beeindruckend. Denn sie steht dafür, eine Schule ins indische Hochland nahe der pakistanischen Grenze gebaut zu haben, auf Initiative des Stifterehepaars Marianna und Reinhard Athenstaedt. Anfangs war es eine Reise, von der beide den Eindruck mitbrachten, etwas tun zu müssen für die Kinder vor Ort, aber Reise ist ein zu leichtes Wort für das was sie in Indien erlebten. Es gibt vom Flughafen praktisch keine Straßen, der Weg ins Dorf, in das die Schule gebaut wurde, war und ist extrem beschwerlich. Hotels gibt es praktisch keine, die Athenstaedts und jetzt ihre Statthalter in der Stiftung leben, so sie vor Ort sind, bei Mitarbeitern der Schule, in deren Haus, mit deren Familien.
Auf 4.000 Metern wird Großes geleistet
Die Athenstaedt-Stiftung besorgt für die Schule in Zanskar, einem abgelegenen Hochtal im West-Himalaya alles, was es für den regulären Schulbetrieb notwendig ist. Hochtal heißt übrigens, dass sich das alles auf 4.000 Meter über Meereshöhe abspielt, was schon erahnen lässt, wie beschwerlich es war und ist, einen regulären Schulbetrieb aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Besonders wird dies auch durch die „Nebenbedingung“, dass die Wege im Hochtal nur 6 Monate im Jahr schneefrei und damit befahrbar sind. Die Stifterin Marianne Athenstaedt hatte, und dies ist auf der Stiftungswebsite schön nachzulesen, ein besonders inniges Verhältnis zu den Zanskaris aufgebaut. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Klaus Schuback fasst es so zusammen: „Die einst gestifteten 1 Mio. EUR haben bis heute schon jede Menge bewirkt, wichtig ist dabei, dass es immer weitergeht.“
Lehre Nummer 1: die Stiftungswebsite entwickelt sich stetig weiter
Dieses Weitergehen, darüber sprachen wir bei unserem Treffen jede Menge, und Klaus Schuback konnte das Stiftungshandeln sehr schön veranschaulichen. Beispielsweise erzählte er mit Stolz über die neue Stiftungswebsite, die jede Menge Informationen zur Schule in Zanskari bereithält, aktuell zum Beispiel die Nachricht, dass die Schule ob des straffen Winters erst einmal geschlossen bleibt. Überhaupt, die Stiftungswebsite, dort finden sich Hinweise auf die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Stiftungen, die Athenstaedt-Stiftung ist ebenso Mitglied in der Initiative Transparente Zivilgesellschaft. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt, denn Mitgliedschaften kosten nicht nur Geld, sie sind auch ein Comittment der Stiftung und der Mitarbeiter, sich an Standards zu halten und eben die Stiftungspraxis auf einem hohen professionellen Niveau zu bewältigen.
Lehre Nummer 2: der Wert eines Kreises an Spendern ist mit Gold kaum aufzuwiegen
Das Gefühl beschlich mich auch, als wir zum Thema Spenden kamen. Zunächst erzählte Klaus Schuback, dass die Stiftung sich natürlich über die Erträge aus der Vermögensanlage finanziert, das aber ein ganz erklecklicher Teil der Ausgaben auch von Spenden bestritten wird. Das machte mich neugierig, wie jetzt genau, erklecklicher Teil? Die Athenstaedt-Stiftung, und das ist sicherlich ein großes Verdienst der Stifterin, hat bereits von Anfang an einen Spenderkreis etabliert, und wenn man so will damit einen Unterstützerkreis der ersten Stunde um die Stiftungsaktivitäten versammelt. Das ist, gerade in den jetzigen Zeiten, ein Pfund, denn, so Klaus Schuback, der Kreis der Spender wächst ein wenig, ist aber ansonsten stabil, und die Zusagen bleiben auch so bestehen wie gehabt.
Verlässlichkeit ist bei Projekten ist das, was zählt
In gewisser Weise kann die Stiftung damit auf eine zweigleisige Finanzierung bauen, was aus Projektsicht ein enormer Vorteil ist. Denn die Liquiditätsplanung der Stiftung schätzt eine solche Verlässlichkeit sehr hoch ein. Davon weiß Klaus Schuback mit Bezug zur Schule im indischen Hochland zu berichten. „Stellen Sie sich vor, wir könnten ein Jahr lang die notwendigen Aufwendungen nicht leisten, es wäre für die Schule, das ganze Projekt, eine extrem harte Prüfung. Wenn wir etwas gelernt haben dann, dass ein Projekt umso mehr Wirkung entfaltet, je verlässlicher es finanziert ist.“ Uns klingt hier die Geschichte im Ohr, dass rund um die Schule mittlerweile auch medizinische Leistungen angeboten werden, etwa Zahnbehandlungen. Bei solch einem Angebot zählt Verlässlichkeit doppelt.
Lehre Nummer 3: die Baustellen im Stiftungsvermögen nicht zu lange aufschieben
Womit wir bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens wären. Auch hier konnte Klaus Schuback Spannendes berichten: „Als ich stellvertretener Vorstandsvorsitzender der Stiftung wurde, mussten wir an die Anlagerichtlinie ran, dann an die Anlageinstrumente, und einen Anlagebeirat brauchten wir auch.“ Jede Menge Baustellen also im Stiftungsvermögen, „die wir aber angegangen sind, und die für die meisten Stiftungen definitiv auch zu lösen sind“, ist sich Schuback sicher. Die Athenstaedt-Stiftung bzw. ihre Gremien haben sich bewusst für die Fondsanlage entschieden, und die Mischung der Fondsallokation umfasst Stiftungsfonds genauso wie andere Typen von Fonds. „Das ist auch notwendig“, insistierte Daniel Haase von der in Hamburger Vermögensverwaltung HAC und Manager des Marathon Stiftungsfonds, „denn mit einer Stiftungsfonds-Strategie allein ist heute kaum mehr ein Staat zu machen.“
70 zu 30 passt klassisch nicht mehr in die Zeit
Der Vermögensprofi, der gemeinsam mit seinem Team das Gespräch mit der Athenstaedt-Stiftung ermöglicht hatte, wies darauf hin, dass in vielen Fondsportfolios von Stiftungen noch in vielen Fällen zu viele klassisch aufgesetzte Fondskonzepte enthalten seien, dies aber nicht mehr in das Hier und jetzt passe. „Eine Allokation von 70 zu 30 oder 80 zu 20 passt in Zeiten von Nullzinsen kaum mehr in die Zeit, insbesondere aber fehle vielen Ansätzen ein Risikomanagement, das in der Lage sei, gerade die starken Drawdowns spürbar zu verringern.“ Klaus Schuback wies an diesem Punkt noch einmal auf den Portfoliogedanken hin, der ihn leitete, das Stiftungsvermögen einst neu zu organisieren. Denn das Stiftungsvermögen sei ein dienendes Vermögen, es diene dem Stiftungszweck, kann es das ob zu konservativer bzw. nicht mehr passender Allokation nicht mehr, muss reagiert werden von den Stiftungsverantwortlichen.
Der Anlagebeirat kann bei der sachgerechten Entscheidung helfen
Einen Tipp, dem auch die Athenstaedt-Stiftung einst folgte, hatten die beiden auch noch parat: „Installieren Sie einen Anlagebeirat, der die notwendigen Fragestellungen diskutieren und eine Entscheidungsgrundlage liefern kann, das hilft, das Thema Stiftungsvermögen professioneller angehen zu können“, konnte Klaus Schuback berichten. Daniel Haase ergänzte: „In vielen Stiftungen geht es ja nicht darum, jetzt wirklich alles anders zu machen, aber eine Sensibilität für die Risiken zu entwickeln, das ist ein wichtiger erster Schritt, und darauf aufbauend werden heute automatisch andere Entscheidungen für das Stiftungsvermögen getroffen als noch vor 5 oder 10 Jahren.“ Die Idee des Anlagebeirats hat etwas, insbesondere da er das Treffen einer sachgerechten Entscheidung untermauert, oder gar zum Instrument der sachgerechten Entscheidung gemacht werden kann.
Zusammengefasst
Das Treffen mit der Athenstaedt-Stiftung in den Räumlichkeiten der HAV Vermögensmanagement war spannend und intensiv zugleich. Spannend, weil wir ein seit mittlerweile 21 Jahren bestehendes Schulprojekt in der Hochebene Indiens kennenlernen durften, intensiv, weil wir ganz verschiedene Themenbereiche streifen konnten, die die tägliche Stiftungspraxis mit sich bringt. Die drei Begriffe, die wir für uns mitgenommen haben sind Stiftungswebsite, Spendernetzwerk, Anlagebeirat, hieran wurde und wird permanent gearbeitet, die Athenstaedt-Stiftung geht somit immer wieder mit der Zeit. Das ist letztlich auch das, was wir mitnehmen aus dem Gespräch, und darauf wies auch Klaus Schuback mehrmals hin: dass es sich aus Stiftungssicht lohnt, immer wieder neue Impulse in der täglichen Stiftungsarbeit zu setzen, sich nicht zurückzulehnen. Denn hinter den Projekten muss eine agile Stiftung stehen. Die Schule im indischen Hochtal von Zanskar ist das beste Beispiel dafür.