Der erste Virtuelle Tag für das Stiftungsvermögen am 24.6.2020 war einmal ein langer Tag voller spannender Inhalte, es drehte sich in den Diskussionen alles um das Thema Stiftungsvermögen und wie Stiftungen dieses heute zeitgemäß verwalten. Anregungen en masse hatten Dieter Lehmann, Karsten Behr, Florian Becker-Gitschel, Berenike Wiener, Dr. Stefan Fritz, Petra Träg & Co. parat, für Stiftungen und deren Lenkerinnen und Lenker. In Einem waren sich die Stiftungsexperten aber einig: Stiftungen sollten vor allem die 30-Jahres-Brille aufsetzen.
Es ist post-Corona schwierig, den Durchblick zu behalten, wobei es post-Corona eigentlich nicht trifft, mit Corona, das ist doch eher die Realität. In dieser neuen Realität, die vor sechs Monaten noch undenkbar war, müssen Stiftungen nun auch ihre Entscheidungen für das Verwalten ihres Stiftungsvermögens treffen, wohlwissend, dass viele alte Gewissheiten künftig nicht mehr zählen. Die Diskussionen beim Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen unterstrichen das eindrücklich, die Welt ist heute einfach eine andere, und wer sich nicht auf diese neue Welt bzw. deren Parameter einstellt, der wird es als Stiftung schwer haben, noch auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Dabei ist es in erster Linie auch erst einmal völlig egal, in was Stiftungen investieren, denn eine Wahrheit ist und bleibt: Mit der 30-Jahres-Brille würden sich Stiftungen komplett vom Hier und Jetzt lösen und sicherlich die in der Tendenz richtigen Anlageentscheidungen treffen. Hier waren sich alle Stiftungsexperten und Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider, die beim ersten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen mit dabei waren, einig. Und das ist nicht mal überraschend.
Wir haben den Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen (#VTFDS2020) schon direkt im Studio für uns zusammengefasst, aber sehen Sie selbst.
STIFTUNGEN HABEN OB IHRER DNA EINEN UNSCHLAGBAREN VORTEIL
Es ist diese eine Erkenntnis, die für mich die Entscheidende war und ist, dass sich Stiftungen von der Kalenderjahresdenke lösen und ihre unschätz- und schlagbaren Vorteil nutzen sollten, den sie als Stiftung haben: in der langen Frist denken zu können. Praktisch keine Anlegergruppe kann sich freimachen von Quoten, Marktzäsuren und Wirtschaftszyklen, Stiftungen können das schon. Denn aus ihrer Sicht, so sie die 30-Jahres-Brille aufsetzen, ist jede Börsenbewegung nach unten, sei es Konsolidierung, Korrektur, Crash oder Baisse, in irgendeiner Weise vorübergehend. Selbst der Börsenabgesang zwischen 2000 und 2003 war aus dieser Perspektive heraus nur vorübergehend, und wer in den Tiefs einige richtige Entscheidungen getroffen hatte, der ist ziemlich gut aus dieser Baisse herausgekommen. Stiftungen können genau so agieren, sie können immer argumentieren, dass Wertverzehre aus ihrer 30-Jahres-Sicht heraus vorübergehend sind. Sie können immer verargumentieren, dass ihre Allokation dieses Atmen verkraften kann und letztlich auch darauf ausgerichtet ist, dass der Kapitalerhalt langfristig bewerkstelligt werden wird – in Kauf nehmend, dass es vorübergehende Wertverzehre geben wird.
HINWEIS
Zu allen Diskussionen im Rahmen des Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen werden wir hier auf #stiftungenstärken Retrospektiven veröffentlichen, damit Stiftungslenkerinnen und -lenker die Inhalte für sich noch einmal in Ruhe vertiefen können.
DER 30-JAHRESBLICK MACHT IM HIER UND JETZT FREI
Diese 30-Jahresbrille dürfte eine sein, die Stiftungen nicht nur gut zu Gesicht steht in ihren internen Gremienbesprechungen, sondern sie dürfte einfach relativ gut passen. Die lange Sicht entbindet auch davon, Märkten oder politischen Entwicklungen zu folgen, sie entbindet davon, zu sehr im Heimatbereich investiert zu sein, denn wenn die Langfristigkeit eines verlangt, dann das Diversifizieren in verschiedene Wirtschafts- und Währungsräume, und dort in verschiedene Anlageklassen, denn keiner weiß genau, welches Land in 23 Jahren eine Erfolgsstory mit welchen Branchen schreibt. Wer hier aber Weitsicht beweist und eben breit streuend „unterwegs“ ist, der macht sich frei von diesen Limitierungen im Kopf und legt das Geld dann so an, wie es Stiftungen eben anlegen sollen. Denn je langfristiger der Investmentfokus einer Stiftung ist, desto wahrscheinlicher ist, dass die Ziele auf der Ertragsseite in der kurzen Frist erreicht werden, und dazu auch auskömmliche Reserven für die dürren Jahren angehäuft werden können.
Wie haben Stiftungen die Weltwirtschaftskrise Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts überlebt? Mit der 30-Jahresbrille, auch wenn es zwischendurch hässlich im Depot aussah, aber beispielsweise wurden damals Dividenden nur in einem einzigen Jahr nahezu komplett ausgesetzt, ansonsten waren die Stiftungen hier ertragsseitig lieferfähig. Wer hierdurchhielt, wurde belohnt, und auch wer eben nicht nur auf Anleihe oder Aktie sondern auf zumindest Anleihe und Aktie setzte, wurde belohnt. Übersetzt ins Heute braucht es ein paar Anleihen, ordentlich Aktien, Mikrofinanz, Immobilien, Infrastruktur und REITs, und schon steigt die Wahrscheinlichkeit, diese Delle jetzt gut überstehen. Die 30-Jahres-Brille ist also eine Weitsichtbrille, die den Blick in die Weite schärft und über so manches kleine Details im Hier und Jetzt hinwegsehen lässt. Auch eine Corona-Krise wird in 28 Jahren eine Notiz sein, mehr nicht.
ZUSAMMENGEFASST
Es ist diese eine Erkenntnis, die mich nicht loslässt, dass Stiftungen eben eher in 30 Jahren denn in 30 Tagen denken sollen in der Verwaltung ihres Stiftungsvermögens. Im Rahmen des ersten Virtuellen tags für das Stiftungsvermögen (wwwvtfds2020.de) haben wir auf diesen Aspekt mehr als nur einmal abgestellt, und es stimmt. Studien zeigen, dass sich auf 30 Jahre gerechnet vieles einfach wegglättet, und das ist ja das, was Stiftungen und ihre Verantwortlichen brauchen, diese langfristig verlässlichen Grundlagen für ihr Stiftungsvermögen. Die 30 Jahres-Brille ist eine, die für Stiftungen passt, im Heute, erst recht aber im Morgen.