Dass der Zinsanstieg in diesem ein 500-Jahres-Ereignis gewesen ist, darüber lässt sich nicht streiten. Wohl aber darüber, wie auch Stiftungen jetzt mit dieser neuen Gemengelange umgehen. Genau das taten Institutionelle Anleger auf dem FAROS Institutional Investors Forum, kurz: FIIF, das am 17.11. in Frankfurt am Main stattfand. Sie diskutierten, ob Rentenanlagen wieder schlau wären, was mit den Aktienquoten passieren müsste und welche Alternativen Anlagen auch eine Idee für Stiftungsvermögen wären. Fragen, die uns die Stiftungsbrille aufsetzen und drei Lehren für die Fondsanlage von Stiftungen ableiten lassen.
Wenn Institutionelle Investoren aus dem Nähkästchen plaudern, dann ist das für uns immer richtig spannend. Umso dankbarer waren und sind wir, dass wir wieder auf dem FAROS Institutional Investors Forum zu Gast sein durften. Bei Pensionskassen, großen Stiftungen oder Versorgungswerken stehen in der Regel verschiedene Ansätze in der Asset Allocation zur Diskussion. Die Argumentationen, warum hier die Rentenquote hochgefahren, dort die Aktienquote reduziert und insgesamt die Quote Alternativer Anlagen aufgestockt wird, sind aus Stiftungssicht sehr spannend. Denn was institutionelle Vermögensinhaber in der Kapitalanlage leisten, ist Handwerk auf hohem Niveau und gesellschaftlich relevant. Umso mehr interessierte uns, wie die deutschen institutionellen Kapital-Dickschiffe der aktuellen Gemengelage begegnen.
Lehre Nummer 1: Anleiheinvestments könnten ein Comeback feiern
Das derzeitige Kapitalmarktumfeld ist geprägt von einem historischen Zinsanstieg. Es wurde von einem 500-Jahres-Ereignis gesprochen. Angesichts dessen war es fast schon Usus, vom Zins insgesamt unabhängiger zu werden. Übersetzen Stiftungen dies in ihre Anlagen, heißt dies, Anleiheanlagen weniger stark zu gewichten – und eben nicht den Fehler zu machen, die höheren Zinsen wieder zum Maßstab zu nehmen. Andererseits könnte das aktuelle Umfeld auch Eines sein, in dem die Anleihe auf Jahre hinaus wieder ein äußerst spannendes Investment sein könnte. Die sich aus Stiftungssicht hier anschließende Frage ist jene nach der richtigen Anleihequote. Als Antwort darauf taugt ein Satz, den viele der Institutionellen implizit in Vorträgen und Diskussionsbeiträgen bestätigten: Multi Asset ist gekommen, um zu bleiben, entsprechend sind die Zeiten einer 70 oder 80%igen Anleihequote auf absehbare Zeit erst einmal vorbei.
Lehre Nummer 2: Reportings werden Stiftungen den 1,5-Grad-Pfad anfassbar machen
Neben der Anleihequote gab es auf dem FAROS Institutional Investors Forum auch Orientierung zum 1,5-Grad-Pfad. Für Stiftungen wird es künftig eine relevante Frage sein, Frage, ob die Investment Manager, in deren Fondsprodukte sie investieren, sprechfähig zum 1,5-Grad-Pfad sind. In den Diskussionen wurde deutlich darauf abgestellt, dass die Asset Manager künftig glaubwürdig werden zeigen müssen, dass sich zum 1,5-Grad-Pfad verpflichten. Das Werkzeug dazu ist das Reporting. Für Stiftungen steckte hier ein versteckter Hinweis drin: Sie sollten nach einen stiftungsspezifischen Reporting fragen, das auch den 1,5-Grad-Pfad zeigt bzw. aus dem hervorgeht, dass ein authentisches 1,5-Grad-Comittment vorliegt. Authentisch, dieses Wort das wir auch so gerne verwenden, wird im Berichtswesen auch zu Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds gewichtiger werden.
Lehre Nummer 3: Stiftungen sollten einen Private Market-Bias ausbilden
Wozu Stiftungen zudem auch eine Haltung ausprägen sollten sind Private Markets Investments. Gemeint sind hier Anlagen in Infrastruktur, Private Equity, Private Debt oder Infrastructure Debt. Auf der FIIF wurden hier spannende Fragen aufgeworfen, die auch für Stiftungen spannend sind. Beispielsweise warf ein Panel die Frage auf, ob Infrastruktur wirklich eine dekorrelierte Anlageklasse sei. Festgemacht wurde dies an der Beobachtung, dass der Zusammenhang zwischen Zinsniveau und Rendite von Infrastrukturanlagen durchaus gegeben sei. Jetzt, wo der Zins merklich gestiegen ist, dürfte dies die Renditen von Infrastrukturanlagen tangieren. Zudem sei bspw. der Bereich Erneuerbare Energien mittlerweile ein komplett erwachsener Markt. Sprich: Hier lasse sich verlässlich investieren.
J-Curve-Effekt können sich auch Stiftungen zu Nutze machen
Bedeutet aus Stiftungssicht zweierlei: Einmal kann hier guten Gewissens investiert werden, zum anderen hängen aber die Renditen durchaus auch an Parametern, an den Aktien- und Rentenanlagen eben auch hängen. Losgelöst sind Private Markets-Anlagen nicht, ihre Renditen schweben nicht „frei im Raum“. Dennoch machen sie gerade bei Anlegen mit langen Anlagehorizonten sehr viel Sinn. Zu dieser Anlegergruppe gehören Stiftungen definitiv. Wer auf lange Sicht etwa in Private Equity anlege, der profitiere „hinten raus“ vom J-Curve-Effekt. Anfangs sind die Renditen gering, wer aber durchhalte und den langen Atem hätte, der würde überproportional profitieren. Das Stichwort Stiftungsrechtsreform, die zum 1.7.2023 in Kraft tritt, kommt einem hier in den Sinn.
Zusammengefasst
Das FAROS Institutional Investors Forum im Rahmen der von der DFV Euro Finance Group organisierten Euro Finance Week hielt wieder das bereit, was eine Veranstaltung für institutionelle Anleger leisten muss. Sie lieferte Impulse und war gleichzeitig Reflexionsfläche, auch für Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider, von denen doch der/die eine oder andere den Weg ins Kap Europa nach Frankfurt am Main gefunden hatte. Was wir aus Stiftungssicht mitnehmen ist sicherlich die Erkenntnis, dass Private Markets-Anlagen inklusive Immobilien einen festen Platz im Stiftungsvermögen haben müssen, wenn die Vulnerabilität der Renditen auf Gesamtportfolioebene reduziert werden soll. Andererseits ist Diversifikation aber das Gebot der nächsten Jahre. Nicht nur weil Stiftungen dem Diversifikationsgebot zu folgen haben, sondern weil das Jahr 2022 gezeigt hat, welche Szenarien drohen können. Genau dann ist „smooth aussitzen“ keine Strategie für das Stiftungsvermögen.